DK Wolfstötung: Jäger angeklagt

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Nina
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DK Wolfstötung: Jäger angeklagt

Beitrag von Nina »

In der Sache um den am 16. April 2018 in Nordwestjütland (Dänemark) erschossenen Wolf hat die Staatsanwaltschaft nun Anklage gegen den mutmaßlichen Schützen erhoben und fordert eine Gefängnisstrafe. Der Fall wird am 28.09.2018 vor dem Gericht Herning verhandelt.¹

Die illegale Wolfstötung war zufällig von zwei Wolfsfreunden gefilmt worden, als diese das dänische Rudel beobachtet und fotografiert haben.²

Das Video einschließlich der detaillierten Umstände und Hintergründe wurde u.a. vom staatlichen Nachrichtensender Danmarks Radio aufgrund des besonderen öffentlichen Interesses veröffentlicht.³

Schnell wurde bekannt, dass die Tötung des Wolfes auf dem Grundstück eines dänischen Politikers der liberalen Partei LIBERAL ALLIANCE erfolgte, der sich zuvor für eine Legalisierung von Wolfsabschüssen ausgesprochen und den Wolf zu Wahlkampfzwecken thematisiert hatte. Danmarks Radio bezeichnete ihn als "bekannten Wolfsgegner".⁴ Der 66jährige Schütze wurde als nahestehendes Familienmitglied dieses Politikers identifiziert.

Wie die Polizei in ihrer Pressemitteilung vom 17.04.2018 mitteilte, bestritt der 66jährige Jäger zunächst, die tödlichen Schüsse auf den Wolf abgegeben zu haben.⁵ In den aktuellen Medienberichten ist zu lesen, dass der mutmaßliche Täter die Tat inzwischen einräumt, sich dennoch weiterhin nicht für schuldig im Sinne der Anklage bekennt.⁶

Bekannt wurde zudem, dass der Politiker, auf dessen Feld das nahestehende Familienmitglied die Wolfstötung begangen hat, während der Tat ebenfalls anwesend war. Auf den Videos ist der Schütze als Fahrer des SUVs zu erkennen, während im Hintergrund ein Traktor, dessen Fahrer selbst in einer Sequenz zuvor kurrzzeitig den Wolf verfolgt hat, von dem Politiker gesteuert wurde. Er beteuerte aber, lediglich sein Feld gepflügt und von der Wolfstötung nichts mitbekommen zu haben. Seine politische Kandidatur hat er dennoch inzwischen zurückgezogen.⁷

Die Anklage lautet auf Verstoss gegen das Jagdrecht durch den vorsätzlichen Abschuss eines geschützten Wildtieres sowie - was strafverschärfend hinzukommt - einen Verstoss gegen geltende Artenschutzbestimmungen. Der Angeklagte habe mit dem mutwilligen Abschuss des Wolfes den Naturschutzbemühungen, die durch das Jagd- und Naturschutzgesetz sichergestellt werden sollen, erheblichen Schaden zugefügt.¹

Der Angeklagte und sein Anwalt seien froh darüber, dass die Anklageschrift nun vorliege, da aufgrund fehlender vergleichbarer Fälle zuvor eine Ungewissheit bezüglich des genauen Inhaltes vorgelegen habe.¹ Für den Angeklagten sei es wichtig, dem Gericht seine Erklärung ohne vorhergehende längerdauernde öffentliche Debatte vorzutragen. Die Anklage bezeichnet den Fall als "historisch" und plädiert für eine Gefängnisstrafe sowie den Entzug der Jagderlaubnis.⁶

Man darf gespannt sein, wie das Gericht in Herning in einem Monat urteilen wird.


¹ DR, 28.08.2018: 66-årig mand tiltalt for at skyde ulv https://www.dr.dk/nyheder/regionale/mid ... -skyde-ulv

² DR, 29.04.2018: Ulvedrab ved Ulfborg blev fanget på kamera: Her er videoen https://www.dr.dk/nyheder/indland/ulved ... er-videoen

³ DR, 29.04.2018: Ulvedrabet: Det skete der i timerne før og efter nedskydningen https://www.dr.dk/nyheder/indland/ulved ... skydningen

⁴ DR, 30.04.2018: LA-top tager afstand fra selvtægt efter ulvedrab på folketingskandidats bopæl https://www.dr.dk/nyheder/politik/la-to ... ats-bopael

⁵ Pressemitteilung Midt- og Vestjyllands Politi, 17.04.2018: Ulf skudt på mark øst for Ulfborg http://www.mynewsdesk.com/dk/midt-og-ve ... rg-2479343

⁶ Berlingske, 28.08.2018: Vestjyde stilles for retten for ulvedrab https://www.b.dk/nationalt/vestjyde-sti ... r-ulvedrab

⁷ BT, 30.04.2018: LA-kandidat trækker sig efter ulv-drab på sind grund https://www.bt.dk/politik/la-kandidat-t ... -sin-grund
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Nina
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Re: DK Wolfstötung: Jäger angeklagt

Beitrag von Nina »

Gestern hat das Gericht in Herning sein Urteil gefällt und den angeklagten Jäger zu einer Gefängnisstrafe von 40 Tagen verurteilt.
Aufgrund der gesundheitlichen Situation des verurteilten Jägers durch zwei erlittene Herzinfarkte wurde die Gefängnisstrafe zur Bewährung ausgesetzt.
Die Waffe wurde konfisziert, aber der Jäger darf seinen Jagdschein behalten.

Während er den Wolfsabschuss zunächst komplett abgestritten hatte, hat er nach Veröffentlichung des deutlichen Videos von der Tat doch eingeräumt, die tödlichen Schüsse abgefeuert zu haben. Gleichzeitig bekannte er sich für nicht schuldig im Sinne der Anklage.

In der gestrigen Verhandlung zweifelte der Verteidiger des angeklagten Jägers an, dass es sich überhaupt um einen Wolf gehandelt habe. Vielmehr ähnele das Tier einem Schäferhund und man könne nicht aussschließen, dass statt eines reinrassigen Wolfes ein Hybrid getötet worden sei.
Das Ergebnis der DNA-Analyse habe die Verteidigung viel zu spät erreicht und sei diesbezüglich auch nicht aussagekräftig.

Der angeklagte Jäger selbst hatte offenbar weniger Zweifel daran, dass es sich bei dem getöteten Tier um einen Wolf gehandelt habe. Er sagte aus, sich bedroht gefühlt zu haben. Auf Nachfrage in der verhandlung sei das zwar nicht in der entsprechenden Situation gewesen, aber generell durch die Anwesenheit der Wölfe, da er gesundheitliche Probleme hätte und zweifelte, in einer anderen Situation einen eventuellen Wolfsangriff vielleicht nicht effektiv abwehren zu können.

Als Zeugen wurde u. a. ein älterer Nachbar eingeladen, der nach eigenen Angaben 2015 von einem Wolf angesprungen und umgeworfen worden sein wollte. Er hätte darauf den Schützen verständigt, wonach sie zusammen Wolfsspuren entdeckt haben wollen. Den Vorfall hätten sie aber damals nicht öffentlich gemacht.

B.T., 28.09.2018: Ulvedræberen har fået sin dom https://www.bt.dk/krimi/ulvedraeberen-har-faaet-sin-dom
Landbrug Syd, 28.09.2018 Dom: Mand dømt for ulovlig nedskydning af ulv https://landbrugsyd.landbrugnet.dk/arti ... f-ulv.aspx
Erklärbär
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Re: DK Wolfstötung: Jäger angeklagt

Beitrag von Erklärbär »

Wie? Strafe auf Bewährung? Keine Geldstrafe? Also eine saftige Geldstrafe hätte ich eher erwartet als Knast.
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zaino
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Re: DK Wolfstötung: Jäger angeklagt

Beitrag von zaino »

Geldstrafen machen wenig Eindruck bei dieser "Klientel", wie die Erfahrung wohl gezeigt hat.

Jagdschein darf er ja behalten, schau, immerhin etwas. ;)
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Nina
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Re: DK Wolfstötung: Jäger angeklagt

Beitrag von Nina »

Beide - sowohl der Jäger als auch die Staatsanwaltschaft - haben Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Der Jäger fordert einen Freispruch, während die Staatsanwalt ein schärferes Urteil erwirken will.

Die Verteidigung setzt jetzt auf den Versuch des Nachweises, dass es sich bei dem illegal getöteten Wolf um einen Hybriden gehandelt habe.
Sie geht davon aus, dass in diesem Fall ein geringerer Schutzstatus vorliege.

Die Staatsanwaltschaft plädiert dagegen für eine höhere Gefängnisstrafe sowie den Entzug der Jagderlaubnis.

Der Verurteilte hatte in der ersten Instanz erklärt, dass sich Anwohner vor dem Tier gefürchtet hätten. Er habe die Mittel und Möglichkeit gehabt, es zu töten, also habe er es als seine Pflicht angesehen. Zudem habe er aufgrund seiner vorherigen Herzinfarkte selbst Ängste gehabt, zum Wolfsopfer zu werden.

Der Verhandlungstermin vor dem Landesgericht steht bislang noch nicht fest.

Danmarks Radio, 09.10.2018: Vestjysk mand vil frifindes i landsretten for ulvedrab https://www.dr.dk/nyheder/indland/vestj ... n-ulvedrab
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Dr_R.Goatcabin
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Re: DK Wolfstötung: Jäger angeklagt

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

Wenn der freigesprochen wird, dann fühlen sich immer mehr solcher Leute "bedroht".

Grandios auch die Begründung der Verteidung, es wegen eines mutmaßlichen Hybriden(*) auf Freispruch hinauslaufen zu lassen. Das ist so, als wenn man selber einem Jäger im Wald zum Ableben verhilft, und dann bei der Obduktion herauskommt, dass er aufgrund eines Herzschadens eh nicht mehr lang zu leben hatte. Macht die Tat ja dann auch völlig legal und hip. Muss ich mir mal merken. Wer ins Feld geht, um zu ballern, dessen gesundheitliche Probleme scheinen dann doch nicht allzutragend zu sein.

In was für einer geistigen Welt leben diese Leute .. oh, ok. Warum denke ich da an Bundeswehr, Moorbrand und dieses berühmte Interview in Niedersachsen ..

(*) Wie war das doch mit dem Schutzstatus von Wölfen und Wolfshybriden? ... Darf man nicht mir nix, Dir nix just erschiessen? Ach, Schwamm drüber. :)
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Nina
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Re: DK Wolfstötung: Jäger angeklagt

Beitrag von Nina »

Die Strategie mit der Hybriden-Behauptung ist in der ersten Instanz nicht aufgegangen, da der Stammbaum der Elterntiere durch DNA-Analysen belegt wurde und rückverfolgbar ist. Das Amtsgericht liess sich von der Hybriden-Theorie nicht beeindrucken.

Die Elterntiere des dänischen Rudels sind GW675f und GW491m. Die Fähe ist eine Tochter aus dem Göritz-Klebzig-Rudel aus der Grenzregion zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt und stammt aus einem der jährlichen Würfe zwischen 2012 und 2015.

Der Rüde stammt aus dem 2015er Wurf des Grünhaus-Rudels in Brandenburg.

Vgl. Nationalt Center for Miljø og Energi: Individuelle ulve (Canis lupus) dokumenteret i Danmark november 2012-juni 2017 vha. DNA-markører
http://dce.au.dk/fileadmin/dce.au.dk/Ud ... -notat.pdf

Drei der Wurfgeschwister der getöteten Wölfin wurden ja bereits in Schleswig-Hostein per DNA nachgewiesen. Somit besteht eigentlich gar kein Zweifel daran, dass es sich nicht um Hybriden handelt.

Insofern kann die Strategie der Verteidigung eigentlich nur daraus bestehen, das gesamte DNA-Verfahren und damit die Arbeit von Senckenberg und der Universität in Aarhus anzuzweifeln. Man darf gespannt sein, ob man dafür "Schützenhilfe" von einem anderen Institut erhält, das in der Wolfsdebatte durch Ergebnisse bekannt geworden ist, die den Wolfsgegnern genehmer sind. ;)
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Dr_R.Goatcabin
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Re: DK Wolfstötung: Jäger angeklagt

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

Das ist doch vollkommen zweitens, ob es ein Hybride war oder nicht. Da hat einer in aller Absicht auf einen "Vollwolf" draufgehalten. Wenn Du eine Bank überfällst, die aber leider an dem Tage kein Bares vorrätig hat, dann war es dann doch kein bewaffneter Überfall mehr, oder was? Es zählt nicht nur Ergebnis, sondern vor allem die Absicht.

Für solche dummdreiste Unverschämtheit würde ich als Richter erst recht Knast verordnen. :x
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Nina
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Re: DK Wolfstötung: Jäger angeklagt

Beitrag von Nina »

Nun wurde ein weiterer Jäger wegen einer illegalen Wildtiertötung verurteilt, allerdings lediglich zu 40 Tagen auf Bewährung.
Der 72jährige ist der erste, der für einen Giftanschlag auf einen geschützten Raubvogel verurteilt wurde. Die Staatsanwaltschaft hatte zudem die Einziehung des Jagdscheins gefordert; doch dieser Forderung kam der Richter nicht nach.

Der 72jährige Jäger hatte einen Mäusebussard mit dem bereits seit 2008 nicht mehr in der EU zugelassenem Wirkstoff Carbofuran getötet - ein Wirkstoff, der laut der Sachverständigen der Umweltbehörde in einer Konzentration von nur einem Esslöffel in der Lage sei, 20 Kindergartenkinder zu töten.

Der Jäger begründete seine Tat damit, dass der (bereits seit 1967 unter Vollschutz stehende) Mäusebussard mehrfach zur Jagd ausgesetzte Fasane geschlagen habe. Er sei frustriert darüber gewesen, dass die Fasane, die er gegen Geld für andere Jäger zum Abschuss freigeben wollte, durch den Bussard getötet worden seien.

TV2 unterhält eine der der größten Investigativredaktionen des Landes und bittet die Zuchauer nun um Mithilfe bei der Recherche zu vergifteten Raubvögeln in Dänemark.

Vgl. TV2 Nyheder, 25.11.2020: 72-årig dømt for giftdrab på fredet rovfugl https://nyheder.tv2.dk/krimi/2020-11-25 ... et-rovfugl
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