Sachsen: Einauge ist tot

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SammysHP
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Sachsen: Einauge ist tot

Beitrag von SammysHP »

Presseinformation
27.03.2013

Deutschlands älteste, freilebende Wölfin ist tot

Am Morgen des 19.03.2013 wurde bei Mücka, Landkreis Görlitz, ein toter Wolf gefunden. Bei dem Tier handelt es sich um die alte Wölfin des Nochtener Rudels, genannt „Einauge". Sie wurde noch am selben Tag zur Untersuchung an das Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin gebracht. Dort stellte sich heraus, dass die Wölfin in Folge zahlreicher, massiver Bissverletzungen gestorben war.

Die Wölfin wurde 2000 oder 2001 im Muskauer Heide Rudel geboren. 2005 gründete sie zusammen mit einem nah verwandten Rüden das Nochtener Rudel. Filmaufnahmen aus dieser Zeit zeigen, dass die Wölfin lahmte und ihr das rechte Auge fehlte, was ihr den Spitznamen „Einauge" eintrug. Wie die Autopsie am IZW zeigte, waren diese Verletzungen auf Beschuss zurückzuführen. Es wurden mehrere Schrotkugeln und Metallpartikel aus dem Kadaver isoliert, die bezeugen, dass das Tier in den vergangenen Jahren mindestens zweimal beschossen worden ist, dies jedoch überlebte.

Die Wölfin wurde 2010 im Rahmen des BfN Projektes „Ausbreitungs- und Abwanderungsverhalten von Wölfen in Deutschland" vom Wildbiologischen Büro LUPUS besendert und erhielt die wissenschaftliche Bezeichnung FT3 („Einauge"). Leider fiel der Sender bereits im November 2010 aus. Zuvor lieferte die Telemetrie jedoch viele spannende Details aus dem Leben der Wölfin. So konnte 2010 ihr Verhalten während der Welpenaufzucht zeitnah mitverfolgt werden. „Einauge" überraschte damit, dass sie bereits in deren ersten Lebenswochen mehrmals mit den Welpen umzog. Verbindet man die äußeren Lokationen der Wölfin aus dem Überwachungszeitraum 2010 miteinander, so ergibt sich ein 204 km² großes Territorium (MCP100), dessen Kerngebiete auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz und im Bereich der stillgelegten Flächen des Tagebau Reichwalde liegen. Von 2005 – 2011 zog „Einauge" mindestens 42 Welpen auf. Nachkommen von ihr gründeten das Daubaner, das Milkeler und das Spremberger Rudel in Sachsen. Eine Tochter gründete das Munster Rudel in Niedersachsen. Ein 2009 im Rahmen des oben erwähnten BfN-Projektes besenderter Sohn von ihr (MT3, „Alan"), wanderte bis Weißrussland. Ein im Milkeler Rudel 2009 geborener Enkel wanderte bis nach Dänemark; er war der erste Wolf der seit 200 Jahren in Dänemark nachgewiesen wurde.
2012 übernahm eine Tochter (FT2, „Lisa") das Nochtener Territorium. „Einauge" und der alte Rüde wurden aus ihrem Kerngebiet an den Süd-Ostrand ihres ehemaligen Territoriums verdrängt. Welpen zogen sie nicht mehr auf.

Aktuelle Fotofallenaufnahmen belegen, dass das Nieskyer Rudel in den Südbereich des Nochtener Territoriums vorgedrungen ist. Mücka lag bisher im Grenzgebiet verschiedener Wolfsterritorien. Möglicherweise ist das alte Wolfspaar zwischen die Fronten von aktuellen Grenzstreitigkeiten benachbarter Wolfsfamilien gekommen. Die Analyse der genetischen Proben, die an den Bissverletzungen der Wölfin genommen wurden, könnte hier für Klarheit sorgen. Das Schicksal des alten Nochtener Rüden ist unbekannt.

Kontaktbüro „Wolfsregion Lausitz“
Am Erlichthof 15, 02956 Rietschen
http://www.wolfsregion-lausitz.de/tote- ... n-ist-tot-
Grauer Wolf

Re: Sachsen: Einauge ist tot

Beitrag von Grauer Wolf »

Es wurden mehrere Schrotkugeln und Metallpartikel aus dem Kadaver isoliert, die bezeugen, dass das Tier in den vergangenen Jahren mindestens zweimal beschossen worden ist, dies jedoch überlebte.
Na, liebe Grünröcke? Konnte wieder einer oder mehrere den Finger nicht gerade halten? :x :( Und da rede einer von Vorurteilen! :x

Trotzdem, 13 Jahre erfülltes Wolfsleben! Meine Gedanken sind bei dem alten Mädchen. Ihr langjähriger Gefährte wird ihr wohl bald freiwillig nachfolgen. Es wäre nicht das erste Mal, daß so etwas geschieht... :(

Gruß
Wolf


PS.: Und bitte, stopft sie nicht aus oder lagert sie in einer Kühlkiste, sondern begrabt sie nach den forensischen Untersuchungen an einem schönen Platz, der ihr gefallen hätte! M.E. gehört sich das so, aus Achtung vor einer alten, vielfachen Mutter und Kämpferin!
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Ash
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Re: Sachsen: Einauge ist tot

Beitrag von Ash »

Mach es gut, altes Mädchen. Du hast wirklich viel durchgestanden - Chapeau!
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charlie
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Re: Sachsen: Einauge ist tot

Beitrag von charlie »

Grauer Wolf hat geschrieben:
Es wurden mehrere Schrotkugeln und Metallpartikel aus dem Kadaver isoliert, die bezeugen, dass das Tier in den vergangenen Jahren mindestens zweimal beschossen worden ist, dies jedoch überlebte.
Na, liebe Grünröcke? Konnte wieder einer oder mehrere den Finger nicht gerade halten? :x :( Und da rede einer von Vorurteilen! :x
...Gruß
Wolf
Das beweist wieder einmal die Aussage, dass die Jäger ja gar nichts gegen die Wölfe haben (ist ja ihre vielfache Aussage in vielen öffentlichen Foren) ... schon gar nicht, wenn der Wolf erst einmal tot und für sie, die Jäger, keine Konkurenz mehr ist ... :x :x :x
Gruß
Charlie

"Was immer den Tieren geschieht, geschieht bald auch den Menschen."
"Ich fürchte, die Tiere betrachten den Menschen als ein Wesen ihres gleichen, das in höchst gefährlicher Weise den gesunden Tierverstand verloren hat."
holsteiner in nrw
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Re: Sachsen: Einauge ist tot

Beitrag von holsteiner in nrw »

Ja ja die Jäger... Es ist schon exemplarisch zu sehen, dass die Gute zweimal den Schützen noch von der Schippe gesprungen ist. Manchmal ist das Schicksal ja doch auf der richtigen Seite tätig.
Ich glaube, dass diejenigen Schützen den Jägern wieder einmal einen Bärendienst erwiesen haben.

Unabhängig davon hat Einauge wirklich ein bemerkenswertes Leben führen können. Sie hat einen nicht zu unterschätzenden Beitrag für die Verbreitung der Wölfe in Deustchland erbracht.
balin
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Re: Sachsen: Einauge ist tot

Beitrag von balin »

Metallpartikel will wohl heissen Schrot. Habe mich mal erkundigt und die haben hier drei Läufe zur Auswahl, zweimal Schrot und einmal auf ein größeres Ziel.
Pumpguns gibt es hier nicht, die Auskunft bekommt man vom Jagdvorsteher und auch die, wer mehr wie drei Schüsse in Folge abgeben kann und das in der weiteren Umgebung. Wenn das in Sachsen auch so ist, dann gibt es keine großen Geheimnisse. Welche Jäger wo sind, ist ja bekannt.
Einauge ist aber trotz aller Widrigkeiten und Einschränkungen erfolgreich haarscharf um die zweibeinigen Irren herumgelaufen. Nun war ihr die eigene Nachkommenschaft das Verhängnis oder zumindest nahe Verwandte.
Jäger in der auf Wölfe schiessenden Ausprägung sind schon seltsame Vögel. Sie brauchen doch nur lange genug warten und die Wölfe machen ihren Job.
Gilt für andere Bereiche auch und man kann den DJ's(deutsche jäger)nur wünschen, daß ihnen die Wölfe endlich wieder mehr Zeit für ihr Familienleben verschaffen.
Die Jagdpacht erläßt man ihnen doch, weil wir ja wissen, daß sie es nicht können.
Neue Männer braucht das Land!(Zitat Ina Deter),
und wenn es die Wölfe sind. Da können es übrigens beide Geschlechter. ;-)
jurawolf
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Re: Sachsen: Einauge ist tot

Beitrag von jurawolf »

balin hat geschrieben:Metallpartikel will wohl heissen Schrot. Habe mich mal erkundigt und die haben hier drei Läufe zur Auswahl, zweimal Schrot und einmal auf ein größeres Ziel.
du meinst den sog. drilling, der oben zwei schrotläufe und unten einen kugellauf aufweist. wie oft der in deutschland geführt wird, weiss ich nicht, bei uns in der schweiz ist er v.a. in revieren mit schwarzwild häufig. das liegt primär daran, dass bei uns der schrotschuss auf reh auf der herbstjagd häufig ist, in grösserer distanz anwechselndes schwarzwild aber eine kugel verlangt. bei der herbstjagd ist man daher mit dem drilling für alle situationen gerüstet. er verlangt aber einiges an übung. den schrotschuss auf reh gibt es meines wissens in deutschland nicht, weswegen ein drilling wohl weniger sinn macht.

wenn neben blei auch andere metallrückstände gefunden wurden, wurde die wölfin vielleicht auch mit bleifreier munition beschossen. bleifreies schrott (meist stahl/weicheisen) ist mittlerweile breit verfügbar und wird v.a. in der (wasser-)flugwildjagd oft verwendet.
Naturfuehrer
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Re: Sachsen: Einauge ist tot

Beitrag von Naturfuehrer »

charlie hat geschrieben:Das beweist wieder einmal die Aussage, dass die Jäger ja gar nichts gegen die Wölfe haben (ist ja ihre vielfache Aussage in vielen öffentlichen Foren) ... schon gar nicht, wenn der Wolf erst einmal tot und für sie, die Jäger, keine Konkurenz mehr ist ... :x :x :x
Ah, so schnell geht's mit der Sippenhaft. Fein, fein... und womöglich war der Täter auch noch Brillenträger, so wie ich... und die sind ja auch alle gleich, wie jeder weiß...
balin hat geschrieben:Jäger in der auf Wölfe schiessenden Ausprägung sind schon seltsame Vögel.
Respekt! ;-)
ACHTUNG: Jäger! :shock:
balin
Beiträge: 1314
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Re: Sachsen: Einauge ist tot

Beitrag von balin »

Danke Lutra, für den Artikel. Vor Ort wissen sie eben immer noch am meißten über das Geschehen.
Nebenher, das mit den Gewehren weiss ich, weil ich mehr wie einmal vergeblich nach meinen Hunden gesucht habe. Ich weiss sehr wohl, wie man sich als Jäger Feinde schafft und ich kenne auch die Konsequenzen, die das für einen Jäger haben kann. Angst ist kein schöner Begleiter für das Leben!
LarsD

Re: Sachsen: Einauge ist tot

Beitrag von LarsD »

balin hat geschrieben:Metallpartikel will wohl heissen Schrot. Habe mich mal erkundigt und die haben hier drei Läufe zur Auswahl, zweimal Schrot und einmal auf ein größeres Ziel.
Pumpguns gibt es hier nicht, die Auskunft bekommt man vom Jagdvorsteher und auch die, wer mehr wie drei Schüsse in Folge abgeben kann und das in der weiteren Umgebung. Wenn das in Sachsen auch so ist, dann gibt es keine großen Geheimnisse. Welche Jäger wo sind, ist ja bekannt.


Wenn bei der Untersuchung festgestellt wurde, dass bei zwei Gelegenheiten auf die Wölfin geschossen wurde, hat man entweder zwei Sorten bzw. Größen Schrot oder Einschüsse an jeweils gegenüberliegenden Körperpartien gefunden. Eine Eingrenzung der für die Tat genutzten Waffen endet bei der Feststellung, dass sie mindestens einen Schrotlauf hat. So ein Teil steht bei nahezu jedem Jäger im Schrank. Nur am Rande, weil in der Sache unerheblich: Waffen, mit denen mehr als drei Schüsse in Folge abgegeben werden können (Halbautomaten), sind für die Jagd nicht zugelassen.

Der Umstand, dass Wölfe sich auch hierzulande gegenseitig töten, sollte zur Entspannung der Diskussion innerhalb der Jägerschaft beitragen. Mal sehen, ob's so kommt.

Viele Grüße

Lars
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