Brandenburg: Wolf bei Drückjagd erschossen

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Lutra
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Re: Brandenburg: Wolf bei Drückjagd erschossen

Beitrag von Lutra »

Die Strafanzeige muß eigentlich die zuständige Naturschutzbehörde schon von Amts wegen stellen und ich denk mal, das ist auch passiert. Dann liegt die Sache bei der Staatsanwaltschaft und es muß trotzdem nicht zwangsläufig zur Anklage kommen, obwohl es für beide Seiten im Interesse der Rechtssicherheit gut wäre.
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Dr_R.Goatcabin
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Re: Brandenburg: Wolf bei Drückjagd erschossen

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

Der Jäger aus den Niederlanden, der im Januar in Brandenburg während einer Jagd einen Wolf erschoss (WM berichtete), nennt den Beutegreifer auf „tubantia.nl“ eine Plage („plaag“). “Für die ganze Tierwelt sei er nur ein Horror”, ergänzt er.
https://wolfsmonitor.de/?p=16453

Soll ich es echt noch mal gegenüberstellen? Der Wolf (wie jedes andere Raubtier) frisst, weil er leben will ... Der Jäger schiesst in Hecken, weil da Leute meinen, eine "Trophäe" für die Sammlung daheim zu brauchen und die Ökologie im Grünen regeln zu müssen. Nachdem er diesselbe erst selbst verschossen hat. ... Oder einfach, weil ihm kein besseres Hobby einfiel und nur deswegen Lebewesen tötet, wei sie ihm nicht in den Kram passen. (Von den paar Leuten, die wirklich nur zur Fleischbeschaffung in den Wald ziehen UND ihr Werk verstehen, rede ich hier nicht.)

Wer ist hier der "Horror" für die Tierwelt? :x
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wasserwerker

Re: Brandenburg: Wolf bei Drückjagd erschossen

Beitrag von wasserwerker »

Also, die "Sache" liegt bei der Staatsanwaltschaft die darüber entscheidet ob Anklage gegen den Holländer erhoben wird oder nicht.
Kenne den derzeitigen Status aber nicht. Vllt kann einer aufklären?!
Auch weiß ich nicht, wie das mit der Verurteilung von Holländern ist? Ich glaube der Fall wird zweimal behandelt. Einmal in Deutschland und einmal in Holland. D.h. wenn er hier freigesprochen wird, dann kann er in Holland trotzdem verurteilt werden.
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Nina
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Re: Brandenburg: Wolf bei Drückjagd erschossen

Beitrag von Nina »

Wenn man einen Wolf schießen und mit einer möglichst milden Strafe davonkommen will, scheint Brandenburg dafür geeignet:
Sie töten illegal Wölfe, Schreiadler oder Wildschweine, doch Konsequenzen müssen sie in der Regel nicht fürchten: Wilderer kommen in Brandenburg meist ungeschoren davon. [...] Die strafrechtliche Verfolgung von Wildereidelikten verläuft in Brandenburg häufig im Sande. Und selbst wenn es Verdächtige gibt, werden die Verfahren oft eingestellt. Von den 23 Ermittlungsverfahren gegen bekannte Beschuldigte, die 2018 wegen Verstößen gegen das Naturschutzgesetz aufgenommen wurden, wurde die Mehrheit wieder eingestellt oder ist noch nicht abgeschlossen, kritisieren die Brandenburger Grünen.

Zu Anklagen komme es äußerst selten.

Märkische Allgemeine Zeitung, 20.02.2019: Wilderer haben in Brandenburg oft nichts zu fürchten http://www.maz-online.de/Brandenburg/Ge ... oren-davon
Das Verfahren gegen den dänischen Jäger, der nur wenige Kilometer entfernt 2017 einen Wolf auf einer Gesellschaftsjagd erschossen hatte, hat die Staatsanwaltschaft Potsdam gegen Geldauflage eingestellt.
Das Ermittlungsverfahren gegen einen dänischen Jäger wegen einer erschossenen Wölfin ist gegen eine Geldbuße eingestellt worden. Der Mann habe einen hohen vierstelligen Betrag bezahlt, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Potsdam am Dienstag.

Märkische Allgemeine Zeitung, 07.08.2018: Wölfin erschossen - Verfahren gegen Geldbuße eingestellt http://www.maz-online.de/Lokales/Potsda ... ingestellt
Da für den niederländischen Gastjäger auch wieder die Staatsanwaltschaft Potsdam zuständig ist, kann man sich den zu erwartenden Ausgang des Verfahrens ja in etwa vorstellen.
wasserwerker

Re: Brandenburg: Wolf bei Drückjagd erschossen

Beitrag von wasserwerker »

Der dänische Jäger wurde in Dänemark verurteil. Verlust der Waffen und der Jagdberechtigung.
Deshalb wir das bei dem Niederländer ähnlich sein.
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Nina
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Re: Brandenburg: Wolf bei Drückjagd erschossen

Beitrag von Nina »

wasserwerker" hat geschrieben:Auch weiß ich nicht, wie das mit der Verurteilung von Holländern ist? Ich glaube der Fall wird zweimal behandelt. Einmal in Deutschland und einmal in Holland. D.h. wenn er hier freigesprochen wird, dann kann er in Holland trotzdem verurteilt werden.
Nee, kann er nicht. Es gilt der Grundsatz: Ne bis in idem, der auch im europäischen Strafrecht durch durch das Schengener Durchführungsübereinkommen SDÜ und in Art. 50 Europäische Grundrechtecharta geregelt ist.

Siehe auch: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Recht der Europäischen Union", Die Kriminalpolizei, Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei
https://www.kriminalpolizei.de/themen/r ... union.html
wasserwerker hat geschrieben:Der dänische Jäger wurde in Dänemark verurteil. Verlust der Waffen und der Jagdberechtigung.
Deshalb wir das bei dem Niederländer ähnlich sein.
Der dänische Jäger, der in Brandenburg einen Wolf erschossen hat, wurde in Dänemark nicht verurteilt. Du verwechselt das mit dem dänischen Jäger, der im dänischen Westjütland einen Wolf erschossen hat. Der Fall wurde hier im Forum im folgenden Thread diskutiert:

DK Wolfstötung: Jäger angeklagt viewtopic.php?f=28&t=2871

Und auch hier ist das für Ende Februar anberaumte Revisionsverfahren vor dem Vestre Landsret ausgesetzt, bis eine ausführliche DNA-Analyse vorliegt, weil die Verteidigung behauptet, dass es sich bei dem illegal geschossenen Wolf um einen Hybriden handeln soll.

Danmarks Radio, 19.02.2019: Landsret udsætter ankesag om ulvedrab https://www.dr.dk/nyheder/indland/lands ... m-ulvedrab
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Dr_R.Goatcabin
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Re: Brandenburg: Wolf bei Drückjagd erschossen

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

https://www.jagderleben.de/news/wolf-er ... est-712092
Die Staatsanwaltschaft Potsdam hatte im Februar diesen Jahres Anklage erhoben, nachdem sich ein Jäger nach einem Wolfsabschuss geweigert hatte, eine Verfahrenseinstellung nach §153a gegen Zahlung einer Geldstrafe zu akzeptieren. Der Beklagte, seine Verteidigung sowie der Deutsche Jagdverband hatten einen Prozess vorgezogen, um endlich Rechtssicherheit in solchen Fällen zu erlangen. Das Amtsgericht Potsdam hat die Anklage nun zugelassen. Der Prozessbeginn ist am 8. Januar 2021.
jagderleben, 02.09.20
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Dr_R.Goatcabin
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Re: Brandenburg: Wolf bei Drückjagd erschossen

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

Nina hat geschrieben: 30. Jan 2019, 17:48 Ich frage mich gerade, ob der Artikel des Rechtsanwalts aus dem Jahr 2018, der bereits in der gedruckten Ausgabe der Deutschen Jagdzeitung ab 27.12.2018 im Handel erhältlich war¹, bewusst ausgerechnet jetzt in einem Medium erschienen ist, das der breiten Öffentlichkeit zugänglich ist?

In der Ankündigung der Januar-Ausgabe am 29.11.2018 hieß es zu dem Artikel: "Der DJZ-Jurist Dr. Heiko Granzin nimmt in der Januar-Ausgabe kein Blatt vor den Mund und gibt Handlungsempfehlungen aus Jäger- und Juristensicht."

DJZ, 29.11.2018: Notwehr gegen Wolf - Handlungsempfehlungen vom DJZ-Jurist https://jagdpresse.paulparey.de/de/prof ... djz-jurist

Und wenn man sonst nichts Neues hat, tut es gerne immer derselbe 1:1 Neuaufguß an K*tzbrockigkeit von einem "Anwalt", für den SSS ("Erbtantenprinzip") keine Straftat, sondern Notwendigkeit ist. Recht ist, was er dafür hält, ... nicht, was die Gesetzgebung vorsieht. Ja, "Handlungsempfehlung" kann man schon so verstehen.
[...]immer wenn ich irgendwo lese, dass einer der Grauen auf der Autobahn zu Brei gefahren wurde, huscht ein Lächeln über mein Gesicht.

[...]

Und danach? Eins vorweg, damit nicht später die Staatsanwaltschaft vorbei guckt: Es soll hier niemand zu irgendetwas angestiftet werden. Es geht nur darum, die Rechtslage darzulegen. Prinzipiell gilt der Rechtsgrundsatz, dass niemand an seiner eigenen Überführung mitzuwirken hat. Wer – warum auch immer – ein Tier einer „streng geschützten Art“ (neben dem Wolf z. b. auch Steinadler, Luchs oder Biber) um die Ecke gebracht hat, muss sich deswegen nicht freiwillig ans Schafott liefern.

Also, still und leise ab in die Biotonne mit dem pelzigen Kadaver? Keine gute Idee. Denn wer später doch geschnappt wird, dürfte eine Menge zu erklären haben – Notstand hin oder her.

Insofern gilt das „Erbtantenprinzip“ – tief graben und ewig schweigen. Oder Sie kommen zu mir. Wenn Sie ganz lieb fragen (so komme ich noch einmal auf die etwas schlüpfrigen Eingangszeilen zurück) mache ich es Ihnen vielleicht umsonst.

15.02.2021, Notwehr gegen Wolf – Handlungsempfehlungen; https://djz.de/notwehr-gegen-wolf-handl ... fehlungen/
Wenn ich dann immer wieder höre, dass die Mehrzahl der Jäger den Wolf (wenn auch knirschig) akzeptierte - ja ach! ... Nee! Wenn solche Artikel wiederholt abgedruckt werden, um die Stammleser bei der Stange zu halten, unterstreicht das nur andere Befunde. Schon 2006 schrieben Kaczensky et al. in einer Studie der Uni Freiburg, dass gut die Hälfte der Jäger den Wolf (in unserer Kulturlandschaft) ablehnt. Das scheint mir noch günstig gerechnet. :grumpy:
Im Gegensatz zu fast einem Viertel der Bürger hält kaum ein Jäger den Wolf für biologisch notwendig. Während nur 10% der Bürger Wölfe in der heutigen Kulturlandschaft für nicht akzeptabel halten, tun dies ganze 43% der Jäger.

Kaczensky et al.(2006); p.62
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Dr_R.Goatcabin
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Re: Brandenburg: Wolf bei Drückjagd erschossen

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

Nachtrag: Anmerkungen zum Artikel
Der Text ist schon sehr polemisch, und vielleicht treten wir ihm am besten genauso entgegen; nämlich mit einem Beitrag, der den Autor bloßstellt.

Weil es ein Anwalt ist sollte herausgearbeitet werden, dass jeder Jäger, der sich auf diese "Ratschläge" oder unaufgeforderte Rechtsauskunft verlässt, damit ein erhebliches rechtliches Risiko eingeht und stattdessen gut daran täte, eine sachlichere Einschätzung einzuholen, sofern man an diesen Fragen interessiert ist

Juristisch gesehen glauben wir nicht, dass man es als eine Anstiftung (§ 26 StGB), oder Beihilfe (§ 27 StGB) bewerten würde. Geregelt wäre dies in § 111 StGB. Das liegt vor allem daran, dass man den Text in seiner Gesamtheit bewerten müsste. Und auch wenn einige Ausschnitte mehr oder weniger direkt zu einer rechtswidrigen Tat auffordern, mildert der Autor es an einigen Stellen wieder ab.

Das relevante zu § 34 StGB, worauf der Autor es absieht, kann man wie folgend zusammenfassen: Für einen rechtfertigenden Notstand muss (I.) eine "Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut" vorliegen (dies kann man nicht so pauschal, wie der Autor es tut, sagen), (II.) eine Rechtsgüterabwägung vorgenommen werden (die würde in den meisten Fällen zugunsten des Wolfes ausfallen), und (III.) der Abschuss muss ein verhältnismäßiges Mittel darstellen (auch das wird oftmals wohl nicht der Fall sein, gerade bei Jägern und anderen, die sich mit dem Verhalten der Wölfe auskennen müssten).

Am nächsten kommt eine Aufforderung zu einer Straftat der folgende Kommentar: "Sie sehen sich dem Graurock gegenüber und dieser hat keine Ambitionen, den Rückzug anzutreten? Das ist eine Notstandslage." Die Auslegung von § 34 StGB, die der Autor hier vorlegt, ist ohne weitere erschwerende Details schlicht falsch; es handelt sich in der beschriebenen Situation nicht zwingend um eine Notstandslage. Ganz zu schweigen davon ist es wohl auch verhaltensbiologisch falsch zu sagen, dass ein nicht flüchtender Wolf zu erwarten lässt, "dass es jederzeit ernst wird und die Situation in einen „Schaden umschlägt". Denn das suggeriert, dass jeder, der sich einem nicht-flüchtenden Wolf gegenübersieht, einen juristischen Freibrief für einen Abschuss hat. Das ist sehr fragwürdig und könnte vielleicht (!) als Anstiftung gewertet werden. Zumindest geht der Autor bei der Auslegung von §34 StGB (insb. Punkt (I.), s.o.) sehr unsauber vor.

Daran ändert auch nichts, dass der Autor im darauffolgenden Abschnitt vor einem direkten Abschuss des Wolfes warnt. Denn dies tut er nur mit Blick auf die Rechtsgüterabwägung. Zwar ist eine solche Abwägung (vgl. Punkt (II.) oben) in der Tat ein weiteres Hindernis für einen Abschuss (und es macht einen Abschuss wohl in den meisten Fällen, insofern kein tatsächlicher körperlicher Schaden zu erwarten ist, rechtswidrig); aber es ist halt nur eine spätere Abwägung (s.o. Punkt (II.)). Es bleibt unabhängig davon eine falsche Einschätzung zu sagen, dass notwendigerweise eine Notstandslage vorliegt. Der Autor muss sich darüber hinaus erschwerend entgegenhalten lassen, dass seine pauschale Definition der Notstandslage (d.h. man sieht sich einem nicht-flüchtenden Wolf gegenüber) gerade in Deutschland, wo ein Aufeinandertreffen von neugierigen Wölfen und Menschen unausweichlich ist, fatale Folgen für den Wolf hätte, wenn sie denn richtig wäre.

Soweit wir das sehen vergisst der Autor auch völlig, die Verhältnismäßigkeitsprüfung (s. Punkt (III.) oben) vorzunehmen. Wieder ein Zeichen für eine juristisch sehr schlampige Arbeit und problematisch für jeden, der sich in der Praxis auf diesen Kommentar verlassen würde. Denn der Autor suggeriert, dass nur das Töten des Wolfes geeignet ist, die „Gefahr abzuwenden." Wir sind überzeugt, ein Kochtopf mit Löffel hätte in den meisten Fällen den gleichen Effekt und wäre damit im Sinne von §34 StGB ein angemesseneres Mittel.

22.02.21; https://www.luchsrufe.de/2021/02/22/anm ... m-artikel/
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Nina
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Re: Brandenburg: Wolf bei Drückjagd erschossen

Beitrag von Nina »

Beim Lesen der Überschrift habe ich mich gefragt, ob hier einer der lokalen Wölfe auch noch ein Statement zu dem Thema abgeben wollte: :D
Wölfe in Brandenburg: Dreister Wolf kackt Spreewald-Bauern in die Scheune

MOZ+, 25.02.2021: Wölfe in Brandenburg: Dreister Wolf kackt Spreewald-Bauern in die Scheune https://www.moz.de/lokales/beeskow/woel ... 26515.html
Scheint sich aber wohl doch eher um einen wolfskritischen Text hinter der Paywall zu handeln. Ein Satz vor der Zahlschranke gibt aber noch einen Hinweis, worum es da geht:
Dabei statteten sie auch einer unbewohnten Scheune einen Besuch ab - in aller Ruhe.

MOZ+, 25.02.2021: Wölfe in Brandenburg: Dreister Wolf kackt Spreewald-Bauern in die Scheune https://www.moz.de/lokales/beeskow/woel ... 26515.html
Wenn das mal keinen Zeitungsartikel wert ist...
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