Landrat fordert Wolfsabschuß

Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern
Lutra
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Re: Landrat fordert Wolfsabschuß

Beitrag von Lutra »

Ich hol mal einen alten tread wieder hoch, weil eben dieser Landrat genau das alte Lied weiter singt.
Leider ist der entsprechende Artikel in der "Sächsischen Zeitung" nicht frei lesbar.

https://www.saechsische.de/plus/nach-wo ... 18013.html
Mal die wichtigsten Sachen daraus:

Ein Schafbock war außerhalb einer Ortschaft mit einer Kette am Feldrand angepflockt (!). Vermutlich brachte ihn ein Wolf dazu, sich loszureißen und Richtung Dorf zu rennen, wo er dann erlegt und zur Hälfte verspeist wurde, der Schafbock.
Was folgert der Landrat daraus?
„So geht es nicht weiter“, schlussfolgert er entschieden.

Die neue Wolfsverordnung sei ohne Biss, kritisiert er weiter und findet noch mehr deutliche Worte. Nach einem Wolfsriss in der Ortschaft Säuritz der Gemeinde Panschwitz-Kuckau fordern Michael Harig und der Bürgermeister der Gemeinde, Markus Kreuz, ein entschlossenes Durchgreifen gegen den Wolf.
Recht hat er. Kann man ja auch nicht wissen, dass man mitten im Territorium des Rosenthaler Rudels kein Schaf anpflocken sollte. :roll: :roll: :roll:

Zu bedenken wäre eventuell, dass die neue Wolfsverordnung "ohne Biss" einen Passus enthält, der das Anfüttern von Wölfen untersagt! Greift dieser nicht in dem angeführten Falle schon?
zaino
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Re: Landrat fordert Wolfsabschuß

Beitrag von zaino »

Ja, ich weiß, in vielen Ländern ist das Anpfocken noch immer Brauch. In Spanien und Lateinamerika fesseln sie Equiden auch oder zusätzlich die
Haxen. Anhobbeln nennt man das. Hardcore Westerntrainer halten die Gewöhnung daran für wichtig. Hm.
Welche Chance aber hat ein Beute/Fluchttier im Fall des Falles? KEINE.
Im Gegenteil - es kann seinem Instinkt nicht Folge leisten und leidet psychisch - bevor es gefressen oder verletzt wird.
Muss sowas im 21. Jahrhundert wirklich sein?
Man nimmt ein HERDENTIER, ein Fluchttier, ISOLIERT und FESSELT ES! M. E. ein Fall für den Amts-Vet, grad im Wolfsgebiet.
Lutra
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Re: Landrat fordert Wolfsabschuß

Beitrag von Lutra »

Bei uns in der Gegend wurde früher bevorzugt das Ostfriesische Milchschaf von den kleinen Schafshaltern gehalten und überwiegend angepflockt. Die Rasse ist sehr ruhig und mit denen funktioniert das auch ohne weiteres. Mit anderen Rassen, die eher an das Herdenleben gewöhnt sind, kann das schon Probleme geben.
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Nina
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Re: Landrat fordert Wolfsabschuß

Beitrag von Nina »

Das Anpflocken von Schafen ist schon deshalb ein Problem, weil Schafe auf diese Weise weder ihre sozialen Bedürfnisse als Herdentiere ausleben noch Schutz vor Witterungseinflüssen aufsuchen können wie z. B. Schattenplätze im Sommer. Zudem ist ein angepflocktes Schaf ja nicht nur für Wölfe ein leichtes Opfer, sondern auch für Füchse, Hunde, Kolkraben etc. Früher wurden Pferde noch angebunden aneinandergereiht in "Ständern" gehalten. Das hat auch "funktioniert", aber artgerecht und der Gesundheit förderlich war es nicht - die Menschen hatten dafür aber kein Bewusstsein. Die Haltung von Sauen in Kastenständen "funktioniert" auch heute noch, ist aber mit dem Wissen um die Bedürfnisse der Tiere ethisch überhaupt nicht vertretbar.

Wenn man so will, kann der Wolf im Zuge seiner Rückkehr auch Haltungsbedingungen der Tiere zugutekommen, weil die obsoleten Haltungsformen, die früher "funktioniert" haben, mit seiner Anwesenheit heute nicht mehr funktionieren.
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Dr_R.Goatcabin
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Re: Landrat fordert Wolfsabschuß

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

Früher hat auch "funktioniert", die eigene Frau mit dem Ledergürtel zu möbeln, wenn das Essen abends nicht rechtzeitig fertig war. Diese Argumentationsweise (die per se kein tatsächliches Argument liefert) kann man halt auf echt alles mögliche anwenden. "Früher wars".
"Though this be madness, yet there is method in 't ..."
Lutra
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Re: Landrat fordert Wolfsabschuß

Beitrag von Lutra »

Richtig. Der Wolf hat die Lebensbedingungen der Schafe weitgehend verbessert. Die allermeisten Schafshalter haben sich in unserer Gegend mit E-Netzen ausgerüstet und sind zufrieden damit. Das tägliche weiterpflocken fällt weg. Es war aber eben vorher noch so, dass die meisten Schafe in den kleinen Haltungen angepflockt wurden. Legt mal das Wort "funktionieren" nicht so auf die Goldwaage. Ich meinte das in dem Sinne, dass das Anpflocken bei den ruhigen Ostfriesen eben möglich war, bei z.B. den Kamerunschafen eher nicht.
Lutra
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Re: Landrat fordert Wolfsabschuß

Beitrag von Lutra »

Heute in der "Sächsischen Zeitung" : "Wann darf ein Wolf geschossen werden?". Es geht um eine Entscheidung oder eher um keine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in Dresden zur Genehmigung eines Wolfsabschusses 2017 durch das Landratsamt Bautzen. Die "Grüne Liga" hatte damals dagegen geklagt, worauf der Landrat die Genehmigung flugs zurück zog. Wurde in diesem Tread ja schon besprochen. Nach drei Jahren nun ist man endlich zu der Entscheidung gekommen, dass man nichts entscheiden muß, weil die Rechtsgrundlagen sich inzwischen geändert haben. Zu einem Urteil kam es jedenfalls nicht. Trotzdem "könnten die Gedanken als Argumentationsgrundlage herangezogen werden, wenn das Verwaltungsgericht Dresden einen ähnlichen Fall verhandelt". Na dann ist ja gut.
Es war ja längere Zeit relativ ruhig um die Wölfe in Sachsen, es gab andere Themen. Jetzt scheint es wieder los zu gehen.

Der Artikel ist hinter der Bezahlschranke.
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