Zum einen ist mir der Unterschied zu anderen aktiv betriebenen Truppenübungsplätzen nicht klar. Und von den größeren Städten Munster, Celle, Soltau usw. mal abgesehen, in denen ohnehin noch kein Wolf aufgetaucht ist, ist auch die Gegend um den Truppenübungsplatz reich bewaldet und großräumig äußerst spärlich besiedelt.
Zum anderen hat der für Munster zuständige Bundesförster, Jörg-Rüdiger Tilk, am 02.03.16 in der Sendung "Hallo Niedersachsen" (NDR) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Munsteraner Elterntiere das vermeintlich auffällige Verhalten einiger ihrer Nachkommen nicht teilen würden.
Deshalb sind Vorschläge, das gesamte Munsteraner Rudel auszulöschen, aus meiner Sicht auch überhaupt nicht nachvollziehbar. Selbst der Freundeskreis freilebender Wölfe e.V. hat in einem Positionspapier mal so eine Überlegung verlauten lassen.¹
Es ist ja auch nicht so, dass Wölfe in anderen Regionen nicht ebenfalls ständig auf Menschen treffen würden.
So schrieben Ilka Reinhardt und Gesa Kluth in ihrem Leitfaden zum Umgang mit dem Wolf bereits 2006:
Christoph Promberger beschrieb im Jahr 2000 das Verhalten der Wölfin Timisch in der rumänischen 250.000-Einwohner Stadt Brasov, die im Morgengrauen das Stadtgebiet durchquerte, um von der nächtlichen Jagd zu ihren Welpen zu gelangen. Dabei bewegte sie sich wie selbstverständlich durch das Stadtgebiet, ohne sich für die Menschen oder die dort freilaufenden Hunde zu interessieren.²Selbst in einem so dünn besiedelten Gebiet wie der Oberlausitz, ist ein fast tägliches Zusammentreffen von Mensch und Wolf nahezu unvermeidbar.
https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/docume ... ipt201.pdf Seite 80
In dem Bericht des Bundesumweltministeriums vom 28.10.2015 wird über die Nähe von Menschen und Wölfen im Yellowstone Nationalpark berichtet:
In all diesen Fällen ist also genauso eine gewisse Nähe zu Menschen samt ausbleibender Negativreize zu beobachten, wie es auf dem Truppenübungsplatz Munster der Fall ist.Im Yellowstone National Park in den USA werden Wölfe nicht bejagt und sind zudem die Hauptattraktion für Touristen. Seit ihrer Wiedereinbürgerung 1995 sind Hunderttausende Besucher in den Park gekommen, um Wölfe zu beobachten. In einigen Jahren haben
einzelne Rudel ihre Höhle oder den Rendezvous-Platz in Sichtweite von Straßen und werden von zehntausenden Besuchern auf Distanz bei der Welpenaufzucht beobachtet. Obwohl Wolf-Mensch-Begegnungen an der Tagesordnung sind – einige Rudel müssen im Sommer
die Straße täglich in der Nähe von Beobachtern überqueren (Smith und Stahler 2003) –meiden auch diese Wölfe den direkten Kontakt zum Menschen.
http://www.bundestag.de/blob/393542/5e2 ... b-data.pdf Seite 66
Wenn es also tatsächlich Wolfsfotos mit Soldaten gibt, wie der ehemalige Bundesförster des Truppenübungsplatzes Munster, Helge John, am 15.05.16 in der NDR-Reportage "Expeditionen ins Tierreich XXL" behauptet hat, müssen die Tiere zu solchen Aufnahmen "überredet" worden sein (=Futter).
Wenn ich draußen ein Wildschwein, einen Dachs oder einen Fuchs sehe, kommt das betreffende Tier ja auch nicht mal eben für ein Foto zu mir rüber, wenn ich es um ein gemeinsames Selfie bitte...
Selbst die Amateuraufnahmen von Kurti MT6 wirkten ja nicht so, als ob er sich freiwillig und bereitwillig mit Menschen hätte fotografieren lassen wollen.
¹ "Im Interesse des Schutzes der Bevölkerung und der Entwicklung der Wölfe in ganz Deutschland wäre es notfalls auch durchaus zu verkraften, das komplette Rudel in Munster zu entnehmen." Uwe Tichelmann, Vorsitzender. 12.05.2015
http://www.lausitz-wolf.de/index.php?id=1359
² "Timisch zieht bis zum Morgengrauen durch die Straßen, [...] In Deutschland wäre längst Panik ausgebrochen, doch die Rumänen lassen sich davon nicht irritieren." http://www.planet-schule.de/sf/php/send ... ndung=2959