"Aktionstag Wolf"

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Nina
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"Aktionstag Wolf"

Beitrag von Nina »

Niedersachsens Landvolk will mit einem Aktionstag eine Bestandsobergrenze für Wölfe erwirken, ab derer Wölfe dann einem "offiziellen Abschuss" anheim fallen sollen. Dabei gehe es selbstverständlich keineswegs darum, den Wolf auszurotten. Welchen Effekt der Abschuss einer Quote auf den Schutz der Weidetiere haben soll, ist dem Bericht der Celler Presse nicht zu entnehmen. Das Beispiel Schweden belegt, dass die vermeintliche heilsbringende Abschussquote keine Nutztierrisse verhindert.

Ziemlich steil kommt zudem diese Formulierung daher:
„All diese Aktionen zeigen, wie sehr sich unsere Weidetierhalter bemühen, ein Miteinander von Wolf, Weidetierhaltung und Gesellschaft hinzubekommen. Doch wenn reine Ideologie der Vernunft weicht und die Augen vor der brutalen Realität, die die wachsende Wolfspopulation mit den vielen gerissenen Tieren sich bringt, verschlossen werden, dann muss der Staat endlich dafür Sorge tragen, dass nach Recht und Gesetz gehandelt werden kann“, fordert Vizepräsident Ehlers abschließend für Weidetierhalter, Jäger und Gesellschaft.

Celler-Presse, 01.07.2021: Aktionstag Wolf zeigt Sorgen der Weidetierhalter auf https://celler-presse.de/2021/07/01/akt ... alter-auf/
"Sehr bemüht", um ein Miteinander von Wolf, Weidetierhaltung und Gesellschaft hinzubekommen?
"Stets bemüht" ist wohl nicht nur im Arbeits- oder Schulzeugnis die vornehme Umschreibung für mangelhaft bzw. ungenügend erbrachte Leistungen:
In Niedersachsen zum Beispiel, war 2019 in 67% der Übergriffe auf Schafe kein und in weiteren 21% nur ein eingeschränkter Schutz (gemäß Niedersächsischer Richtlinie Wolf) vorhanden (NLWKN 2020). In Schleswig-Holstein war 2019 nur in 15% der Fälle, in denen Schafe von Wölfen angegriffen wurden, ein nach dortigen Standards ausreichender Mindestschutz vorhanden (MELUND 2020). In diesen beiden Bundesländern waren demnach in über 80% der Schadensfälle die Schafe nicht oder nicht ausreichend geschützt.

DBBW: Bericht zu Prävention und Nutztierschäden 2019, Seite 4 https://www.dbb-wolf.de/mehr/literatur- ... erschaeden
Wie das Bemühen um ein "Miteinander" noch aussehen kann, zeigte sich symptomatisch im März im Landkreis Uelzen, als ein Landwirt einer ehrenamtlichen Wolfsberaterin zusammen mit zwei weiteren Männern ein totes Rind in die private Hauseinfahrt gekippt hat.
Einer der Männer stößt gegenüber Hildebrandt-Mertins eine Warnung aus: „Das ist erst der Anfang, wir können auch ganz anders.“

az-online, 17.03.2021: Affront - Totes Rind in der Einfahrt: Landwirt wirft Wolfsberaterin Kadaver vor die Tür https://www.az-online.de/uelzen/ebstorf ... 45624.html
Dazu kommen noch die ganzen durch die Presse getriebenen Geschichten über die jeweils immer angeblich ersten Angriffe von Wölfen auf Menschen, die nach näherer Prüfung dann doch keine waren - allein drei davon in Niedersachsen.

Ein "Miteinander mit der Gesellschaft" gestaltet sich dann auch schon mal so, dass der Jagdverbandspräsident nicht ausschließen will, dass die Wölfe in Niedersachsen "von der Roten Armee ausgewildert" wurden:
Aber auch in dieser Hinsicht verhindere das Senckenberg-Institut mit seiner Geheimniskrämerei eine objektive Untersuchung der DNA-Proben, so Dammann-Tamke. Solange sich das Institut sperre, könne sogar die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass etliche niedersächsische Wölfe Hybride sind. Es sei mittlerweile bekannt, dass die Rote Armee Wolfs-Hybriden eingesetzt habe, weil diese eben schärfer als Hunde seien. Es könnte durchaus sein, dass einige diese Tiere beim Abzug der russischen Truppen aus dem ehemaligen Ostblock einfach ausgewildert wurden.

Kreiszeitung Wochenblatt, 10.12.2018: Mehr Transparenz nötig https://www.kreiszeitung-wochenblatt.de ... ig_a129104
Nur, wenn man unter sich ist, wird aus dem angeblichen "Miteinander mit der Gesellschaft" ein schonungsloses "Unsere Eigeninteressen first":
Wolfskritiker blieben am Mittwoch weitestgehend unter sich. „Die Giftigen sind nicht da“, war eine Bemerkung, die vor Beginn der Diskussionsveranstaltung zu vernehmen war. [...] Für Ehlen war klar: Die Jagden sollen wertvoll bleiben. Dabei störe der Wolf empfindlich. Wo er auftritt, reißt er unter anderem Schalenwild, Schwarzwild und Hirsche. Ein Dilemma für Jagdbesitzer, weil sich das auf die Wildbestände auswirkt, die im Normalfall von Jagdpächtern geschossen werden können. So sinke der Wert der Gebiete – für die Pacht genauso wie für die Wiederveräußerung.

Rotenburger Rundschau, 24.05.2019: Wolf ja, aber ... https://www.rotenburger-rundschau.de/lo ... 24504.html
Das vermeintliche "Bemühen um ein Miteinander mit der Gesellschaft" wurde zuletzt in der Samtgemeinde Amelinghausen deutlich, angrenzend an den Truppenübungsplatz Munster, auf dem 2012 Niedersachsens erste Wolfsreproduktion nachgewiesen werden konnte: Eine von der Loki-Schmidt-Stiftung organisierte Wolfsexkursion in der Heide der Samtgemeinde wurde unterbunden. Dabei war das Interesse "der Gesellschaft" groß: Die ersatzweise angebotenen drei Veranstaltungen in einer anderen Gemeinde des Landkreises waren komplett ausgebucht.
Wolfswanderung ist nicht willkommen

Auf die Spuren der Wölfe rund um Amelinghausen sollte eine Wanderung beim "Langen Tag der Stadtnatur" der Loki-Schmidt-Stiftung am kommenden Wochenende führen. Daraus wird nichts, die Exkursion in die Heide ist nicht erwünscht.


Lüneburger Landeszeitung, 10.06.2021: Wolfswanderung ist nicht willkommen https://www.landeszeitung.de/lokales/29 ... illkommen/
Als die ersten Flyer gedruckt waren, soll ein FDP-Politiker, der Besitzer eines Pferdehofes und eines Traditionsgasthauses ist, Alarm geschlagen und bei der Samtgemeinde Amelinghausen gedroht haben, dass er die Veranstaltung nicht zulassen oder zumindest massiv stören wird. Anmerkung von WF: Dieser Kommunalpolitiker engagiert sich seit Jahren in der "Interessengemeinschaft der Weidetierhalter Nordost-Niedersachsen, kurz WNoN genannt.) Danach hatten die Gemeindepolitiker Angst vor touristisch negativen Auswirkungen, wenn die im Flyer aufgeführten Führungen stattfinden.

Facebook-Seite Wölfe-Fakten, Eintrag vom 10.06.2021 https://de-de.facebook.com/WOELFE.Fakten/
Meister fallen ebenso wenig vom Himmel wie Wölfe. In der Heide rund um Amelinghausen denken manche offenbar anders. Sie möchten ihren Gästen am liebsten vorenthalten, dass der Wolf schon seit Jahren in der Region heimisch ist.

Lüneburger Landeszeitung, 12.06.2021: ANGESPITZT: WÖLFE UNTERM WEITEN HEIDE-HIMMEL https://www.landeszeitung.de/lokales/30 ... de-himmel/
Was das wirkliche Bemühen um ein ehrliches "Miteinander mit der Gesellschaft" angeht, ist eine gewisse Skepsis wohl nicht ganz unbegründet.
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