Bei Schwarzenbek in Schleswig-Holstein (Herzogtum Lauenburg) wurde von einem Jagdpächter ein totes Reh entdeckt, das trächtig gewesen sein soll. Grund genug, die Presse kommen zu lassen, um das Drama in einem detaillierten Artikel zu dokumentieren:
Wer hätte das gedacht - Wölfe fressen Rehe. Der Wolfsbetreuer ist übrigens auch Jäger.*„Das sah fürchterlich aus auf der Wiese“, so Jürgen Höltig. Eigentlich wollte er mit seinem Sohn Franz am Morgen nur nachsehen, ob der Elektrozaun, der die Wildschweine abhalten soll, noch intakt ist, oder ob es neue Schäden auf der Wiese gibt. [...] Die Spurenlage deutet darauf hin, dass der Wolf das trächtige Reh im Sachsenwald, der hier der Familie von Rantzau gehört, aufgespürt und verfolgt hatte. Dann muss er es am Waldrand von hinten gepackt haben. Die Flucht des Rehs ging über den platt gedrückten Elektrozaun auf die Wiese, darauf deuten Fellbüschel und Blutspuren hin. „Das muss ein junger und unerfahrener Wolf gewesen sein“, vermutet Esther. Erst nach etwa 50 Metern hatte die Hatz ein Ende. „Ein Drama“, sagt der Wolfsbetreuer aus Wentorf bei Hamburg angesichts des heraus gerissenen Kitzes.
LN online, 23.04.2021: Schwarzenbek: Wolf tötet trächtiges Reh und Kitz https://www.ln-online.de/Lokales/Lauenb ... h-und-Kitz
Es wäre interessant zu wissen, welche Intention hinter solchen Artikeln steckt. Ist der Wolf der besonders grausame Jäger oder macht er auch nichts anderes als die Menschen, die sich stets für waidmännisch gerecht halten? Wir erinnern uns:
Menschliche Jäger töten also auch trächtige Tiere - warum wird dann ausgerechnet von dieser Seite auf die Tränendrüse gedrückt?Das Töten vermutlich trächtiger Tiere ist im Rahmen des Wildtiermanagements bzw. der Jagd übliche und anerkannte Praxis.
Landtagsantwort Drucksache 18/8986, Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 12.04.2021 auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Meyer und Imke Byl (GRÜNE): Sind die Abschüsse der Fähen in Herzlake und Ebstorf mit dem Naturschutzrecht vereinbar? Seite 2 https://www.landtag-niedersachsen.de/Dr ... -08986.pdf
Zumal Schleswig-Holstein von offizieller Seite über zu hohe Schalenwildbestände klagt:
Wird ein Kitz bei der Mahd geschreddert, ist das auch extrem grausam, löst aber selten einen Medien-Hype aus. Die Wildtierhilfe in Mecklenburg-Vorpommern beklagt, dass die von ihnen angebotene Drohnenrettung kaum nachgefragt wird:Insbesondere in der aktuellen Diskussion zu den spürbaren Auswirkungen des Klimawandels hat die Regulierung von Wildbeständen auf ein landschaftsökologisch und landeskulturell angepasstes Maß gemäß § 1 Landesjagdgesetz eine große Bedeutung. Es ist festzustellen, dass die Wildbestände vielerorts überhöht sind und dringend reduziert werden müssen. Nur so kann dem Willen des Gesetzgebers, der Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden sehen möchte, nachgekommen werden. [...] Jedoch besteht auch der Eindruck, dass die Definition „angepasster Wildbestände“ sehr unterschiedlich und in Teilen zu Lasten unserer Ökosysteme ausgelegt wird. [...] Beim Rehwild ist landesweit betrachtet für das Jagdjahr 2019/2020 eine Steigerung der Strecke um 5 Prozent auf 50.275 Stück zu verzeichnen. Die Strecken sind mehr oder weniger konstant, nennenswerte Steigerungen konnten die Kreise Schleswig-Flensburg, Dithmarschen und Herzogtum Lauenburg verzeichnen.
Schleswig-Holstein, Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (2020): Jahresbericht 2020 Zur biologischen Vielfalt, Jagd und Artenschutz, Seite 116 und 119: https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fa ... onFile&v=5
Selbige Wildtierhilfe schreibt über die Grausamkeit der Jagd durch Menschen:Die Wildtierhilfe Mecklenburg-Vorpommern hat Landwirte im Land aufgefordert, verstärkt von der Möglichkeit der Rehkitzrettung per Drohne Gebrauch zu machen. Jedes Jahr werden Schätzungen zufolge rund 26.000 Rehkitze bei Mäharbeiten getötet - allein in Mecklenburg-Vorpommern. [...] Der Vorsitzende der Wildtierhilfe Mecklenburg-Vorpommern, Frank Demke, sagte, es sei für ihn unverständlich, dass die Rehkitzrettung per Drohne auf so eine vergleichsweise geringe Resonanz stoße. [...] "Wenn man mal gesehen hat, wie das aussieht, wenn Kitze vermäht wurden, wenn denen die Ohren abgeschnitten wurden oder die Beine - das ist nicht schön. Und einfach aus dem Tierschutzgedanken heraus machen wir das. Um so viele Tiere wie möglich zu retten."
NDR, 29.05.2020: Tausende Rehkitze in MV sterben den Mähtod https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenb ... od100.html
Und wenn nochmal ein sensationeller Zeitungsbericht à là "Wolf frisst Reh" veröffentlicht wird, sollte man ruhig auch mal über andere Tiere berichten:Treib- und Bewegungsjagden
Diese Form der Jagd ist eine der grausamsten Jagdmethoden überhaupt. [...] Der Jäger hat oft nur Bruchteile einer Sekunde Zeit, um darüber zu urteilen, schießen oder nicht. Das Wild, welches in Panik flieht ist kaum sicher zu treffen. Trotzdem wird draufgehalten und es kommt sehr oft zu Fehlschüssen bei denen Gliedmaßen, Kiefer oder Bauchbereiche regelrecht zerschossen werden. Dies führt nicht zum sofortigen Tod des Tieres. Oft schleppen sich "krank geschossene" Tiere noch einige Kilometer und verenden qualvoll. Etwa 70 % aller bei Bewegungsjagden abgegebenen Schüsse führen nicht zum sofortigen Tod der Tiere.
Wildtierhilfe Mecklenburg-Vorpommern: Gesichter der Jagd https://www.wildtierhilfe-mv.de/gesichter-der-jagd/
Amsel frisst Wurm
Frosch tötet Fliege
Storch frisst Frosch
Meise tötet massenweise Raupen und verfüttert sie an ihren Nachwuchs
* Wentorf im Blick, 12/2016, Seite 9: Ein Wentorfer begibt sich auf die Spur des Wolfes https://wentorf-im-blick.de/wp-content/ ... WiB_70.pdf