Lies: Fähe statt Rüden getötet

Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein
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Nina
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Re: Lies: Fähe statt Rüden getötet

Beitrag von Nina »

Tote Nutztiere? Beim Wolf ein NoGo, bei Tiertransporten in Drittländer hier - Westsahara! - ... eine Notwendigkeit. Gelebte Doppelmoral in der CDU
Niemand möchte seine Weidetiere tot auf der Weide oder - noch schlimmer - im Stall vorfinden. Das hat es auch schon gegeben.

Dr. Frank Schmädeke (CDU), Thema: Wolfsverordnung, Protokoll Niedersächsischer Landtag - 18. Wahlperiode - 99. Plenarsitzung am 18. Februar 2021, Seite 9484https://www.landtag-niedersachsen.de/pa ... ber099.pdf
Die Kühe und Rinder in einem Milchviehbetrieb gebären einmal im Jahr ein Kalb, um überhaupt in die Milchproduktion zu kommen. Die braucht man nicht alle, weil die Langlebigkeit gegeben ist, sodass die überzähligen Tiere zum Teil in diese Länder exportiert werden.

Barbara Otte-Kinast (CDU), Thema: Hat die Landesregierung einen Rindertransport nach Westsahara mit nur einem Fahrer abgesegnet? Protokoll Niedersächsischer Landtag - 18. Wahlperiode - 99. Plenarsitzung am 18. Februar 2021, Seite 9459-9460 https://www.landtag-niedersachsen.de/pa ... ber099.pdf
(Keine Heiterkeit)
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Nina
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Re: Lies: Fähe statt Rüden getötet

Beitrag von Nina »

Nun auch per Landtagsantwort bestätigt: Es wurde nicht der Wolf geschossen, für den die Ausnahmegenehmigung galt:
[Frage]: 1. Auf welches Individuum bezogen sich jeweils die Abschussgenehmigungen im Fall Herzlake [...]?

[Antwort der Landesregierung]:[...] Die Abschussgenehmigung im Fall Herzlake bezog sich auf das Individuum GW1111m.

[Frage]: 2. Welches Tier wurde in den Territorien Herzlake [...] erschossen [...]?

[Antwort der Landesregierung]: Im Territorium Herzlake wurde ein juveniler weiblicher Wolf mit der Kennung GW1962f und einem Alter von ca. zehn Monaten geschossen. Diese Fähe stammt aus dem Herzlaker Rudel und ist ein Nachkomme von GW1111m.

[Frage]: 3. Welche Regelungen trafen die Abschussgenehmigungen für die Territorien Herzlake und Ebstorf bezüglich des Abschusses von Welpen im Alter von unter einem Jahr [...]?

[Antwort der Landesregierung]: Für die Benennung eines Wolfs als „Welpe“ besteht keine verbindliche Regelung, wie etwa Stichtage im Jagdrecht. Die Definition, dass Wölfe unter einem Jahr Welpen sind, macht sich die Landesregierung nicht zu eigen. Es handelt sich bei den geschossenen Tieren vielmehr um juvenile Wölfe, welche in ihrem Erscheinungsbild adulten Wölfen so ähnlich sein können, dass sie im Gelände nicht von diesen zu unterscheiden sind. [...]

Landtagsantwort 18/8907 vom 30.03.2021 auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Meyer und Imke Byl (GRÜNE): Wurden auf der Grundlage der nicht veröffentlichten Abschussgenehmigungen die falschen Wölfe erschossen? https://www.landtag-niedersachsen.de/Dr ... -08907.pdf
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Nina
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Re: Lies: Fähe statt Rüden getötet

Beitrag von Nina »

Nun steht fest: Jäger in Niedersachsen haben nach Ausnahmegenehmigungen durch Umweltminister Olaf Lies zwei Wolfswelpen erschossen, die nie auffällig geworden sind.
Das Umweltministerium räumt die Fehlabschüsse ein. Die Definition, dass Wölfe unter einem Jahr Welpen sind, wird indes bestritten. Es handele sich bei den geschossenen Tieren vielmehr um juvenile Wölfe, „welche in ihrem Erscheinungsbild adulten Wölfen so ähnlich sein können, dass sie im Gelände nicht von diesen zu unterscheiden sind“. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), eine Lies unterstellte Behörde, sowie die Beratungsstelle Wolf des Bundes (DBBW) haben die beiden erschossenen Wölfe allerdings klar als Welpen eingeordnet.

taz, 07.04.2021: Getötete Wölfe in Niedersachsen: Abschuss von Welpen sorgt für Ärger- Statt erwachsener „Problemwölfe“ schossen Jä­ge­r in Niedersachsen zwei weibliche Jungtiere ab. Umweltminister Lies gerät unter Druck. https://taz.de/Getoetete-Woelfe-in-Nied ... /!5764346/
Dabei stand in der Ausnahmengenehmigung (Olaf Lies: "Wolf braucht kluges Management"¹) doch ausdrücklich:
Die Entnahme von Welpen ist auszuschließen."

Ausnahmegenehmigung gem. § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 i.V.m § 45a Abs. 2 und 4 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) von den Verboten des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG auf der Grundlage des Erlasses (MU 29-2220/9/16/13) vom 11.09.2020, nachzulesen im Anhang der Landtagsantwort 18/8630 der Niedersächsischen Landesregierung vom 26.02.2021: NOZ: „Geheimsache Wolf“ - Welche Abschussgenehmigungen für Wölfe bestehen in Niedersachsen?, Punkt 4 https://www.landtag-niedersachsen.de/Dr ... -08630.pdf
Da haben die beauftragten Jäger also keine weiblichen von männlichen Wölfen und keine adulten Tiere von Welpen unterscheiden können. Umso fahrlässiger ist es, dass sie bei Verkehrsunfällen nun auch noch durch die niedersächsische Wolfsverordnung berechtigt werden, im Fall verletzter Wölfe veterinärmedizinische Diagnosen und Prognosen zu erstellen, um dann eigenmächtig über Leben und Tod der streng geschützten Tiere entscheiden zu können und diese Entscheidung auch gleich zu vollstrecken². Ausgerechnet jene Gruppe, die laut wissenschaftlicher Erhebungen die größten Akzeptanzprobleme mit dem Wolf hat.³



¹ Niedersächsische Wolfsverordnung - Lies: „Wolf braucht kluges Management“ https://www.umwelt.niedersachsen.de/sta ... 95016.html

²
Bei Verkehrsunfällen mit Wölfen ist auch die Einschätzung der jagdausübungsberechtigten Person ausreichend.

§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Niedersächsische Wolfsverordnung(NWolfVO), Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 5321 vom 26.11.2020, Seite 402, Download unter - Niedersächsische Wolfsverordnung Lies: „Wolf braucht kluges Management“ - https://www.umwelt.niedersachsen.de/sta ... 95016.html
³
Zielgruppenspezifische Angebote richten sich zum einen an Kinder und Jugendliche, zum anderen an Jäger. Während die erstgenannte Gruppe dem Thema sehr offen und interessiert gegenüber steht, ist bei den Jägern die Bereitschaft zur Informationsaufnahme häufig eingeschränkt. [Seite 65]. [...] Im Vergleich dieser Studie mit einer im Jahr 2005 durchgeführten Befragung von Jägern in und um das Wolfsgebiet, fällt der große Unterschied in der Antwortenverteilung zwischen Bürgern und Jägern im Wolfsgebiet auf (GÄRTNER und HAUPTMANN 2005, KACZENSKY 2006). [...] 43 % der Jäger halten den Wolf in der Kulturlandschaft für nicht akzeptabel. Diese Meinung wird von nur 10% der Bürger geteilt. [Seite 67]. [...] Im Vergleich zur Bevölkerung hat die Interessensgruppe der Jäger eine deutlich negativere Wahrnehmung von Wölfen in Deutschland. [Seite 68]. [...] Die Einstellung gegenüber Wölfen ist bei dieser Interessensgruppe negativ ausgeprägt, im Gegensatz zum Rest der Bevölkerung, die positiv eingestellt ist. [...] Generell überrascht die kritische Einstellung weiter Teile der Jägerschaft jedoch nicht. Jäger und Wölfe konkurrieren nicht nur miteinander um Beute. Nicht selten fühlen sich Jäger in vormals wolfsfreien Gebieten auch durch die bloße Anwesenheit von Wölfen in ihrer Jagdausübung gestört, weil das Schalenwild sein Verhalten ändern, gewohnte Einstände wechseln und unvorhersagbarer werden kann. [...] Dabei stehen häufig finanzielle Erwägungen im Vordergrund. [Seite 91] [...] Der Wolf stellt das Selbstverständnis der Jäger in Frage. Jäger reklamieren für sich, dass sie in der Kulturlandschaft die verloren gegangenen Beutegreifer ersetzen müssen. Sie leiten daraus ab, dass die Jagd eine wichtige Funktion bei der Kontrolle des Schalenwildes erfülle. Die Rückkehr der Beutegreifer führt zu einer deutlichen Verunsicherung nicht nur bei der Basis. [Seite 96].

Bundesamt für Naturschutz, BfN-Skript 201, Kluth & Reinhardt: Leben mit Wölfen Leitfaden für den Umgang mit einer konfliktträchtigen Tierart in Deutschland https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/servic ... ipt201.pdf
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Nina
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Re: Lies: Fähe statt Rüden getötet

Beitrag von Nina »

Deutliche Kritik kommt auch vom NABU Heidekreis:
Bei der am 11.2. in der Nähe von Löningen erschossenen Fähe handelt es sich um einen rund 10 Monate alten Welpen aus dem Herzlaker Rudel, der den genetischen Code GW 1962f trägt und nicht ein einziges Mal an einem Nutztierriss nachgewiesen wurde. Da die für den Elternrüden GW 1111m erteilte Abschussgenehmigung unter Verschluss gehalten wurde, konnten die anerkannten Naturschutzverbände im Vorfeld nicht prüfen, ob die Voraussetzungen für eine artenschutzrechtliche Ausnahme überhaupt erfüllt waren. Ein Blick in die offizielle Risstabelle des NLWKN lässt jedoch berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausnahmegenehmigung aufkommen, da dem Rüden im gesamten Jahr 2020 nur ein einziger Übergriff auf eine ordnungsgemäß geschützte Schafherde am 1. April nachgewiesen werden konnte, während in allen anderen Fällen kein oder nur ein eingeschränkter Herdenschutz vorhanden war.

NABU Heidekreis, Pressemitteilung - März 2021: Armutszeugnis für die niedersächsische Wolfspolitik - NABU Heidekreis kritisiert Abschuss unauffälliger Welpen und mangelhaften Herdenschutz https://www.nabu-heidekreis.de/aktuelles-1/presse-2021/
Fazit:
Im Nachhinein mache der traurige Fall zweierlei deutlich. Zum einen sei es höchste Zeit, dass die lobbygesteuerte niedersächsische Wolfspolitik die rechtlichen Abwege verlässt und den Herdenschutz in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen stellt. Solange sich Nutztierhalter/innen auch 20 Jahre nach der Rückkehr des Wolfes beharrlich weigerten, ihre Herden trotz staatlicher Fördermittel und verschiedener ehrenamtlicher Hilfsangebote zu schützen, werde es immer wieder zu Übergriffen kommen. [...] Zum anderen stehe der „willkürliche Abschuss streng geschützter Tiere auf der Grundlage der Einzelnorm § 45a BNatSchG in eklatantem Widerspruch zu den Anforderungen, die das EU-Recht an artenschutzrechtliche Ausnahmen stellt“, so der 1. Vorsitzende des NABU Heidekreis, Klaus Todtenhausen. „Da die abgeschossene juvenile Fähe weder Schäden verursacht hatte noch als Schadensverursacher in Betracht kam, war ihre Tötung weder verhältnismäßig noch geeignet, weitere Schäden zu verhindern – sie war sinnlos und ohne vernünftigen Grund.“

NABU Heidekreis, Pressemitteilung - März 2021: Armutszeugnis für die niedersächsische Wolfspolitik - NABU Heidekreis kritisiert Abschuss unauffälliger Welpen und mangelhaften Herdenschutz https://www.nabu-heidekreis.de/aktuelles-1/presse-2021/
Und auch das ist interessant: Die Ausstattung der Jäger mit hochmoderner kriegsähnlicher Technik führt dennoch zu falschem "Ansprechen" und dilettantischen Fehlabschüssen durch die Hobby-Schützen:
Außerdem müsse man dringend klären, wieso die beauftragten Jäger trotz des Einsatzes von Visiervorrichtungen für das Schießen bei Nacht mit elektronischen Bildverstärkern oder Bildumwandlern nicht in der Lage seien, Jungtiere von ausgewachsenen Rüden zu unterscheiden, schließlich sei – wie jüngst bekannt wurde – auch im Revier des Ebstorfer Rudels statt des zum Abschuss freigegebenen Elternrüden eine junge Fähe abgeschossen worden. „Die Behauptung des NLWKN, durch den Einsatz von Nachtzielgeräten könnten weitere ernste bzw. erhebliche Schäden durch einen gesteigerten „Entnahmeerfolg“ verhindert werden, wurde nun gleich zweimal ad absurdum geführt“, fasst Pressesprecherin Dr. Antje Oldenburg das Vorgehen der Umweltministeriums zusammen und fordert, das sinnlose Töten umgehend zu beenden und sämtliche Abschussgenehmigungen offen zu legen.

NABU Heidekreis, Pressemitteilung - März 2021: Armutszeugnis für die niedersächsische Wolfspolitik - NABU Heidekreis kritisiert Abschuss unauffälliger Welpen und mangelhaften Herdenschutz https://www.nabu-heidekreis.de/aktuelles-1/presse-2021/
Nunmehr drei Mal, wie der dritte Abschuss eines weiblichen Welpen im Gebiet des Rodewalder Rudels gezeigt hat.

Wie die "Harke" am 13.04.2021 berichtet, haben nun auch die NABU Kreisverbände Nienburg und Heidekreis Anzeige erstattet:

Die Harke, 13.04.2021: NABU-Kreisverbände erstatten Strafanzeige - NABU Nienburg und Heidekreis kritisieren Wolfspolitik des Landes https://www.dieharke.de/Nachrichten/NAB ... 21577.html
https://www.dieharke.de/Nachrichten/NAB ... 21577.html
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