SH: Jeder Wolf ein Problemwolf

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Nina
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SH: Jeder Wolf ein Problemwolf

Beitrag von Nina »

Kaum ist der zum Abschuss freigegebene Rüde Dani GW924m aus eigenen Stücken nach Meck-Pomm weitergezogen, wird von Schäfern in Dithmarschen schon der nächste "Problemwolf" ausgerufen. Die Definition des "Problemwolfs" eines Schäfers lautet dabei so:
"Wenn er sich ein Schaf wirklich rannehmen und auffressen würde, und so eine Woche nichts sein würde, dass er Hunger hat, könnte man vielleicht damit leben. Aber diese Massaker hier - er tötet nur. Dann ist das ein Problemwolf und der muss geschossen werden."

NDR Schleswig-Holstein Magazin, 01.12.2019: Wolf reißt vermutlich fünf Schafe in Eggstedt https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/ ... 68290.html
Die fünf gerissenen Schafe, die sich im Wolfs-Präventionsgebiet befanden, waren nicht wolfsabweisend eingezäunt. Der kurze Filmbeitrag zeigt einen niedrigen Zaun mit zwei Reihen Stacheldraht und einer Litze, die offensichtlich nicht unter Strom steht, da der Schäfer mehrfach hineingreift.

Das Umweltministerium in Schleswig-Holstein hat ausführlich dargelegt, warum dem Herdenschutz in den Wolfspräventionsgebieten eine erhebliche Bedeutung zukommt:
1. Was sind Wolfspräventionsgebiete (WPGs)?
WPGs sind Gebiete, in denen ein flächendeckender Schutz von durch den Wolf „besonders gefährdeten Nutztieren“ erforderlich ist.
[...]
3. Warum werden Wolfspräventionsgebiete ausgewiesen?
Schafe und Ziegen und in Einzelfällen auch andere Nutztiere sind für Wölfe eine leichte Beute, wenn sie nicht durch empfohlene Herdenschutzmaßnahmen vor Übergriffen geschützt werden. Um zu verhindern, dass Wölfe sich auf die Erbeutung von Nutztieren spezialisieren, und um zu erreichen, dass sie stattdessen Wildtiere (z.B. Rehe und Wildschweine) als Beute nutzen, sollen in den WPGs möglichst alle besonders gefährdeten Nutztiere mit geeigneten Maßnahmen geschützt werden.

Ein Wolf, der durch ein hohes Angebot v.a. ungeschützter Schafe gelernt hat, dass diese eine leichte Beute sind, wird sich ggf. auf diese Beute spezialisieren. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass dieser spezialisierte Wolf lernt, auch wolfsabweisende, vom Land empfohlene Zäune zu überwinden.

Daher ist es wichtig, frühzeitig entsprechende Präventionsmaßnahmen durchzuführen, um die Spezialisierung einzelner Wölfe oder Rudel auf Nutztiere zu vermeiden und die Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen wie Zäunen zu erhalten.

Landesportal Schleswig-Holstein, Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung: Häufige Fragen und Antworten zu Wolfspräventionsgebieten in Schleswig-Holstein, 2019 https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fa ... biete.html
Erklärbär
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Re: SH: Jeder Wolf ein Problemwolf

Beitrag von Erklärbär »

Wolfssichere Zäune - warum sie in der Praxis nicht funktionieren:
Hier sind die am häufigsten vorkommenden „Unterstellungen“ oder auch „Forderungen“ und die entsprechenden Erklärungen, weshalb das Alles nicht so einfach ist.

Die Tierhalter sollen hoch genug zäunen; 90 cm Elektrozäune sind ausreichend…

– Wölfe haben mehrfach elektrische Zäune in einer Höhe von 90 cm, 108 cm, sogar 145 cm übersprungen und Schaden angerichtet.

– Eine Zäunung ist, je nach Gebiet, genehmigungspflichtig. In vielen Schutzgebieten (Landschaftsschutz, Wasserschutz, Naturschutz…) sind Zaunhöhen über 90 cm nicht erlaubt.

– Zäune, die eine gewisse Höhe überschreiten sind wind- und wetteranfällig, was zum Ausbruch der Weidetiere führen könnte.

– In Gebieten mit steinigen Böden ist das Setzen von Zäunen schlichtweg nicht möglich. Gleiches gilt für viele Hanglagen.

– Elektrische Zäune müssen vom Grasbewuchs freigeschnitten werden. Dafür sind, je nach Jahreszeit, wöchentlich mehrere Stunden zusätzlicher Zeitaufwand nötig. Alternativ werden sie mit Totalherbiziden freigehalten.

– Wolfsabweisende Zäune beschneiden die freie Bewegung der Wildtiere, sie können ihre bekannten Wanderungen nicht mehr durchführen. Rehe können nicht mehr gut vom Einstand zur Äsungsfläche wechseln.

– Eine weitere Gefahr besteht darin, dass die Wildtiere sich an den hohen Zäunen verletzen oder darin umkommen.
https://samiraskritischerhundeblick.wor ... cgS9NRqfzs
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Lutra
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Re: SH: Jeder Wolf ein Problemwolf

Beitrag von Lutra »

Erklärbär hat geschrieben: 2. Dez 2019, 21:07 Wolfssichere Zäune - warum sie in der Praxis nicht funktionieren:
Sagen wir mal, theoretisch dürften sie nicht funktionieren, praktisch werden sie aufgebaut und funktionieren, wenn das ordentlich gemacht wird, in den allermeisten Fällen.
Es gibt natürlich mehr als genug Theoretiker, die das Gegenteil behaupten. Eben Theoretiker.
zaino
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Re: SH: Jeder Wolf ein Problemwolf

Beitrag von zaino »

eben.... statt seitenlange Paper zu entwerfen, WARUM was nicht klappen wird, was man überhaupt noch nie ausprobiert hat, einfach mal Machen statt Rumheulen, Rumquatschen und Mordpläne entwerfen....
Mir hängt dieses ewige Gehtnicht beim Hals raus.

Nur ein Beispiel für die Nichtigkeit dieser Argumente: Ausmähen musst Du IMMER... jeden E-Zaun, sonst leitet das nicht und die Hüterhaftpflicht zahlt nicht, wenn deine Heiter oder Kälber stiften gehen oder vors Auto laufen. Kaum jemand wird dabei am Zaun lang alles totgiften, nicht da, wo die eigenen Viecher grasen!!! Da helfen nur Zeitaufwand und die Motorsense. (wer da trotzdem Gift spritzt, spinnt a bissl).
Das gehört einfach zur Tierhaltung dazu - zu jammern, dass das nicht realisierbar wäre, wird die Versicherung beispielsweise kalt lassen wie 'ne Hundeschnauze, wenn was passiert. Es sind auch vor der Aera Wolf schon Weidetiere auf Autobahnen herumgeturnt...
Du musst auch die E-Litzen regelmässig tauschen - weil alte Teile nehmen, xmal knoten und wickeln GEHT nicht, das leitet einfach nimmer mit der Zeit.
Glaubt mir einfach - ich hab schon mehr Meter Pferdekoppeln eingezäunt als Ihr Euch vorstellen könnt. Das ist IMMER eine Sau-Arbeit, mit oder ohne Wolf. Ihr wollt nicht, dass eure Viecher auf anderer Leute Gelände rumtrampeln und dort fressen? Oder ausbüxen? Ihr wollt nicht, dass eure Pferde, Rinder, Schafe, nächtens vors Auto laufen? Dann füttert sie ordentlich und zäunt sie sauber ein. Da dran gibts mit oder ohne Wolf nix zu deuteln. Sie sollen da DRIN bleiben und ein eventueller Aggressor DRAUSSEN, bitte. Vom Wolf bis zum Pferdestecher.
(Hab mal an einem Biotop mit Heck-Rindern und Dartmoors versehentlich so abartig eins vom Ezaun verpratzelt gekriegt, dass ich für den Rest des Tages turbobeschleunigt war...).
Und wenn man schon mal dabei ist, kann mans auch gleich ordentlich machen. Und ja, klar kost' das was. Zu teuer? Haltet halt dann Meerschweinchen, verdammt und zugesch****... :evil: :evil: :evil:
Don't like it hot? Stay out of the kitchen, damnit.
Aktuell zahle ich ein Heidengeld für meinen alten, längst pensionierten und damit wirtschaftlich eher unnützen und daher desaströsen Heiter... inklusive ordentlicher Zaun, ordentlicher Stall, ordentliches Futter... entweder ich sorge gut für ihn oder, in dem Fall, zahle dafür, dass das passiert - oder ich lasse ihn auf die Ganz Große Weide schicken. Dazwischen gibts halt nix... und das gilt für alle Nutztiere, für alle Hobbytiere, für alles, was man anfängt. Dieses Gejammer und Gewimmer weil man nicht konsequent sein WILL... k*** mich echt abartig an. :x

Hab da eine Erinnerung an die Abruzzen. Es ist bitter arm da, die Naturschutzgebiete sind gewaltig und riesig, wunderschön! Aber die Erdbeben, nicht etwa die Wölfe, haben das Leben der Bewohner doch stark reduziert. X Dörfer liegen brach, zerbröseln, entvölkert und traurig vor sich hin. Mit den Schafen laufen die Herdenschutzhunde.... die laufen da alle FREI und sogar unbehirtet. Wenn jemand Grund hätte, zu jammern, sind das die Bewohner solcher Regionen, v. a. wenn dann doch mal Schafe abgehen. Aber sie tuns nicht. Sie machen ihr Ding wie seit 500 Jahren, unbeirrt, mit statt gegen die Natur.
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Nina
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Re: SH: Jeder Wolf ein Problemwolf

Beitrag von Nina »

Eskalation in Schleswig Holstein:
Schäfer beschimpft Gutachter
Rissgutachter des Landes waren bei der Herde eines Friedrichskooger Schäfers. Nach Angaben des Ministeriums wurden sie beschimpft und am Verlassen des Geländes gehindert. Die Gutachter mussten die Polizei zur Hilfe rufen. Das Umweltministerium hat nach eigenen Angaben deshalb verfügt, dass zunächst keine Tiere dieses Schäfers mehr begutachtet werden sollen - aus Angst vor Übergriffen. Außerdem will das Ministerium mit der Polizei beraten, wie die Mitarbeiter künftig vor solchen Situationen geschützt werden können. [...] Laut Ministerium wurde nur in einem Fall eine Herde angegriffen, die hinter einem speziellen Elektrozaun stand. Der betroffene Schäfer habe erst nach mehrmaliger Aufforderung Herdenschutzzäune aufgestellt, heißt es. Danach habe es keine weiteren Risse mehr in dem Bereich gegeben.

NDR, 19.12.2019: Wolf in Dithmarschen: Schäfer fordern Schutz ihrer Herden https://www.ndr.de/nachrichten/schleswi ... f4202.html
Tipp: Unbedingt den im Link enthaltenen kurzen Filmbeitrag "Schäfer-Demo gegen den Wolf" vom 19.12.19 anschauen, um einen lebhaften Eindruck zu gewinnen. Lautstärke vorsorglich moderat einstellen.

Wenn man mit dem Gebaren Politiker dazu bewegen kann, Minderheiten-Interessen politisch zu bedienen, dann wird's düster.
zaino
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Re: SH: Jeder Wolf ein Problemwolf

Beitrag von zaino »

Oooch, in Bayern wird das mit den Minderheiten-Interessen immer so gemacht.... zumindest bei Tier- und Naturschutz läuft dat so, für diese Bereiche kann ichs bestätigen. Und nein, das machts nicht besser.
Erklärbär
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Re: SH: Jeder Wolf ein Problemwolf

Beitrag von Erklärbär »

Also, wer keine Empathie für nachvollziebare Emotionen hat, sollte sich von Diskussionen darüber fernhalten.
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zaino
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Re: SH: Jeder Wolf ein Problemwolf

Beitrag von zaino »

Nein, wie ich oben schon lang und breit ausgeführt habe, habe ich da KEINE Empathie.
Ok, doch, ja, es tut weh, wenn einem die Viecher weggefangen und getötet/gefressen werden.
Trotzdem muss man klarkommen: Wie im Filmbeitrag bestätigt, ließ der SCHUTZ zu wünschen übrig.
Da schlägt das "Wird schon gehen..." schnell in Erbitterung und Geheule um... weil man eben selber nicht genug in die Fürsorge für die Tiere investiert hatte.
Ein unzulänglicher Zaun hatte zur Folge, dass die Schafe nicht raus konnten, aber der Wolf hinein.
Ringelpiez mit Anfassen folgte, wildbiologisch korrekt als Surplus Kill bezeichnet.
Wenn die Schafe aber in ihrer Angst nicht weg, sondern nur im Kreis können, der Zaun wiederum zu labberig ist, um Fressfeinde abzuweisen,
erfüllt das für mich den Tatbestand der Tierquälerei!!!

Punkt, Ende.

Ich weiß nicht, warum Erklärbären, viele Landwirte und Rotkäppchen diese harten Fakten nicht in ihre Gehirnzellen gespeichert kriegen, sondern ewig weiter nölen.
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