Ist das vielleicht der Knackpunkt?
Nicht ich habe einen Wolf getötet und gequält. Ich habe auch keinen Auerhahn erschlagen. Und mit meinen Hobbys bringe ich auch nicht andere Menschen in Gefahr.
Ich verstehe nicht, warum Du, Redux, mir anlastest, für das desolate Image der Hobbyjagd verantwortlich zu sein? Ich habe nichts erfunden und nichts verfälscht, sondern lediglich Fakten mit Quellenangabe in die Diskussion eingebracht. Ein Wolf und ein Auerhahn sind mir gleichwertige Tiere. Und ich mache mir Gedanken, wie man solche Quälereien politisch verhindern oder vermindern könnte.
Du hättest die Debatte auch um die Reaktionen des Landesjagdverbandes ergänzen können, ohne wütend, ausfallend und beleidigend zu werden.
Für mich ist es kein Kavaliersdelikt, illegal einen Wolf zu töten oder einen Auerhahn zu erschlagen. Mich gruselt es, wenn ich daran denke, dass ein Mensch, dem die Gesellschaft das Vertrauen geschenkt hat, scharfe Waffen zu besitzen, zu führen und zu handhaben, unter Alkoholeinfluss ein Tier zu Tode misshandelt und möglicherweise am nächsten Tag wieder schwer bewaffnet auf dem Hochsitz sitzt. Suff ist für mich auch kein Entschuldigungsgrund. Als Waldspaziergänger weiß ich vorher nicht, ob das Gegenüber auf dem Hochsitz gerade nüchtern ist oder nicht oder einfach nur einen schlechten Tag hat.
Fakt ist, dass die vielen in Deutschland illegal geschossenen Wölfe nur so leicht getötet werden können, weil nun einmal Jagdwaffen in Umlauf sind. Einem Wolf mit bloßen Händen habhaft zu werden, ist eher schwierig. Fakt ist, dass Ulrich Wotschikowsky - selber nun wahrlich das Gegenteil eines "fanatischen Jagdgegners" - die Einstellung von Jägern zum Wolf untersucht hat - mit eindeutigen Ergebnissen.
Es war auch Ulrich Wotschikowsky, der auf die Frage der Süddeutschen Zeitung nach den Tätern, "die Uhus und Luchse abschießen oder vergiften, Wiesenweihen die Flügel abschneiden und andere streng geschützte Wildtiere töten?" erklärt hat:Jäger sind gemessen an der Gesamtbevölkerung in Deutschland eine sehr kleine Gruppe. Nur 339.940 von 82.500.849 Einwohnern sind Jagdscheininhaber (DJV Handbuch Jagd 2005; STATISTISCHES BUNDESAMT). Das heißt, 99,6 % der Bevölkerung sind Nichtjäger. Dennoch sind Jäger die wichtigste Interessensgruppe für den Wolfsschutz. Sie sind die einzigen, die aktiv etwas gegen Wölfe unternehmen können.
Die Einstellung gegenüber Wölfen ist bei dieser Interessensgruppe negativ ausgeprägt, im Gegensatz zum Rest der Bevölkerung, die positiv eingestellt ist.
Bundesamt für Naturschutz, Skript 201, Ilka Reinhardt und Gesa Kluth: Leben mit Wölfen, Leitfaden für den Umgang mit einer konfliktträchtigen Tierart in Deutschland: Wolf-Wild-Jagd (nach Wotschikowsky 2006), Seite 90-91, 2007 https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/docume ... ipt201.pdf
Und letztlich gibt es auch eine Motivation, warum sich der eine die Jagd mit der Möglichkeit des Tötens als Hobby aussucht, während sich der andere lieber an lebenden Tieren und deren Schutz erfreut, sie z. B. zählt und sie fotografisch festhält, so dass man sich immer wieder an ihnen erfreuen kann und diese Möglichkeit auch den Mitmenschen erhalten bleibt.Das sind Jäger, hauptsächlich Jäger. Andere Menschen haben gar nicht die Fertigkeiten, solchen Wildtieren nachzustellen. [...] Es gibt die sogenannte Beute-Konkurrenz. Auch wenn sie nicht rational ist, weil so viele Rehe in den Wäldern leben, dass sie für Luchs, Bär, Wolf und die Jäger ausreichen. Nach meiner Überzeugung greift die Beute-Konkurrenz als Erklärung für die illegalen Tötungen aber zu kurz. [...] Das ist eine Art Ersatzkrieg - gegen Förster, Naturschützer, Grüne und alle, die sich in Sachen Jagd zu Wort melden.
Ulrich Wotschikowsky im Interview mit der Süddeutschen Zeitung, 07.09.2015: "Das ist eine Art Ersatzkrieg"
https://www.sueddeutsche.de/bayern/jagd ... .2636126-0
Der Philosoph Richard David Precht hat sich mit dem Phänomen ebenfalls beschäftigt:
Und hinsichtlich der wehrlosen Opfergruppe, die sich haltloser Diskriminierung ausgesetzt sieht:Immerhin: Mehr als 90 Prozent der deutschen Bevölkerung scheinen diesen Trieb nicht zu verspüren, zumindest nicht in dem Maße, dass sie es für nötig befinden, dann und wann eigenhändig ein paar Tiere zu töten. [...] Wer in den Wald geht und allein zur eigenen Freude mutwillig Tiere tötet, begeht eine Tätigkeit, die unvereinbar ist mit dem ethischen Selbstverständnis moderner Gesellschaften, wie es unter anderem das Tierschutzgesetz festschreibt: Einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen ist verboten - und sportliche Tötungsfreude ist nach Auffassung eines liberal-demokratischen Staats kein >>vernünftiger Grund<<.
Richard David Precht: Tiere denken, Kapitel "Naturschutz oder Lustmord? Dürfen wir Tiere jagen? Seite 349 - 350, Goldmann Verlag München 2018
Besonders schlimm ist es, wenn auch noch Menschen im Zuge der Ausübung der Hobbyjagd zu Schaden kommen. Aktuell wird der Fall aus Bad Kreuznach gerichtlich verhandelt, in dem ein Jäger im November 2018 eine 86jährige Frau in ihrem eigenen Garten beim Einsammeln von Walnüssen erschossen hat.Deutschlands Jägerschaft ist eine finanzstarke Vereinigung. Im Jahr 2014 investierten insgesamt 361 000 Jäger, das sind etwa 0,4 Prozent der bevölkerung, den Gesamtbetrag von über einer Milliarde Euro in den Fortbestand ihrer Notwendigkeit; das sind umgerechnet 3000 Euro pro Jagdscheininhaber. [...] Die Jagd ist beliebt, und ihre Anhänger erfreuen sich großer Akzeptanz in Wirtschafts- und Naturschutzverbänden ebenso wie in der Politik. Zahlreiche Spitzenpolitiker bekannten oder bekennen sich mit stolz geschwellter Lodenbrust zu ihrem tötungsfreudigen Hobby.
Richard David Precht: Tiere denken, Kapitel "Naturschutz oder Lustmord? Dürfen wir Tiere jagen? Seite 347, Goldmann Verlag München 2018
Der Jäger berichtete weiter, er sei wenig später zu einem von einem Hund gestellten Wildschwein gegangen und dabei an der auf der Treppe liegenden Frau vorbeigekommen. Die Polizei fand - das geht aus Aussagen von Zeugen hervor, die ebenfalls bei diesem Ortstermin vernommen wurden - auf der Treppe eine Blutlache, das Gebiss der Frau und ein Körbchen mit Walnüssen und etwas weiter unten, auf einer Terrasse, die Leiche der Frau.
Er habe die liegende Frau zunächst nicht in Zusammenhang mit der Jagd gebracht, sagte der Angeklagte. Das Gekreische der Wildsau habe ihn so aufgeregt, sagte er. "Das konnte ich so nicht stehen lassen."
SWR, 14.08.2019: Tödlicher Schuss in Dalberg: Jäger verwickelt sich in Widersprüche https://www.swr.de/swraktuell/rheinland ... g-100.html
Der Jäger berichtete weiter, er sei wenig später zu einem von einem Hund gestellten Wildschwein gegangen. Dabei sei er an Lisette W. vorbeigekommen, die auf der Treppe an ihrem Grundstück lag. Die 86-Jährige war gerade dabei, Walnüsse zu sammeln, ihr Körbchen lag noch neben ihr. Der Angeklagte habe die Frau angesprochen, gesehen dass sie lebt. Einen Zusammenhang mit seinem Schuss habe er nicht gesehen.
Erste Hilfe habe Harald S. nicht geleistet, sondern sich zunächst um das angeschossene Wildschwein gekümmert.
RTL, 15.08.2019: Jäger Harald S. erschoss Lisette W.: Keine Erste Hilfe, dafür Gnadenstoss fürs Wildschwein https://www.rtl.de/cms/jagdunfall-in-da ... 87745.html