Wäre da nicht der NDR - der das Thema lang und genüsslich journalistisch auspresst wie eine Zitrone, obwohl die Frucht an sich längst schon verdorrt ist.
Für NDR-Autorin Ulrike Kressel ist das aber offenbar noch längst kein Grund, nicht noch einmal nachzulegen. Im Gegenteil:
Heute fragt sie: "Haben Menschen "Kurti" zum Problem-Wolf gemacht"?
Als Leser ihrer übrigen Wolfsartikel erahne ich schon - hier soll bestimmt gleich wieder das grüne Umweltministerium in Niedersachsen der Unfähigkeit überführt werden... - und meine diesbezüglichen Erwartungen an Frau Kressel werden selbstverständlich nicht enttäuscht:
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... fe518.html
Die Story liest sich erwartungsgemäss wie ein Skandal - das Umweltministerium habe Fotos und Filmaufnahmen von Menschen, Wölfen und Hunden auf dem Truppenübungsplatz der Öffentlichkeit und der Landesjägerschaft vorenthalten. Als "Zeugen" kommen jene Personen zu Wort, die wir bereits aus anderen Berichten von gleicher Stelle kennen: Britta Habbe, Theo Grüntjens und Klaus Bullerjahn, allesamt von der Landesjägerschaft. Und auch wenn Frau Habbe beruflich inzwischen die Wölfe gegen Otter getauscht hat, steht sie der NDR-Autorin offensichtlich weiterhin bereitwillig im Sinne der Landesjägerschaft für Auskünfte zur Verfügung.
Wie jetzt - die Landesjägerschaft hat von den Filmaufnahmen auf dem Truppenübungsplatz nichts gewusst? Das Rudel wurde ja erst im Frühjahr 2014 geboren; die Aufnahmen sollen aus dem Herbst 2014 stammen. Da schreibt Frau Kressel aber:Mit dem Wissen um die Ereignisse auf dem Truppenübungsplatz wäre eine ganz andere Beurteilung des Verhaltens der Munsteraner Wölfe möglich gewesen, ist sich Habbe sicher.
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... fe518.html
Die Landesjägerschaft bekam die Foto- und Filmaufnahmen also auf einer Informationsveranstaltung des Umweltministeriums bereits im Februar 2015 zu Gesicht. Und beschwert sich jetzt ... worüber?Gezeigt wurden die Bilder von einem Mitarbeiter der Bundesforstbetriebe auf einer Sitzung mit Naturschutzverbänden, Wolfsberatern und der Landesjägerschaft in Oerrel im Heidekreis. Das war bereits im Februar 2015. Dazu eingeladen hatte der damalige Artenschutzreferent des niedersächsischen Umweltministeriums, Konstantin Knorr, der auch selbst an der Sitzung teilnahm.
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... fe518.html
Der kalte Kaffee, den uns Frau Kressel vom NDR in dem heutigen Artikel als brühwarme Sensationsmeldung einzuschenken versucht, hat uns zuvor ihr Kollege Tim Berendonk doch schon - gut recherchiert - serviert: In der NDR Reportage "Wölfe und Luchse in Norddeutschland - Rückkehr der Raubtiere (Expeditionen ins Tierreich XXL, Ausstrahlung am 15.05.2016) wird eine der beschriebenen Filmaufnahmen gezeigt. Da sagt ein Soldat mit Blick auf einen Wolf: "Mann, die kannst' ja füttern, ey!" In der nächsten Szene wird aber auch gezeigt, wie das Wolfsbüro auf einer Informationsveranstaltung 2015 die allgemeine Problematik öffentlich thematisiert und mit deutlichen Worten auf die Fütterung eingeht.
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/e ... 11392.html
Frau Kressel vom NDR beklagt nun, dass das Umweltministerium die Aufnahmen vom Truppenübungsplatz unter Verschluss halten und die Ursachen für das Verhalten der Munsteraner Wölfe nicht benennen würde.
Ich frage mich, wem es nützen sollte, die Aufnahmen zu veröffentlichen. Sollen die "Täter" damit öffentlich angeprangert werden? Spielt es eine Rolle, ob das menschliche Fehlverhalten nun von Soldaten, Feuerwehrleuten oder Forstmitarbeitern ausging? Dass es diese Aufnahmen gibt, wird auch im Bericht des Bundesumweltministeriums vom 28.10.15 erwähnt:
Warum daraus nun eine Sensationsstory konstruiert wird, die mal wieder die Unfähigkeit des Umweltministeriums beweisen soll, ist schon sehr fraglich.Anfang 2015 häuften sich in den Medien Berichte über Wölfe im Bereich Munster. Das Munster-Rudel schien häufiger tagsüber die B71 zu queren. Da diese gut befahren ist und die Wölfe sich durch Fahrzeuge nicht stören ließen, mehrten sich Sichtungen, auch mit Foto- und Videobelegen. Hinzu kamen Fotos und Videos, zumeist, aber nicht ausschließlich vom Truppenübungsplatz, die zeigten, dass einzelne Welpen tolerierten, dass Menschen aus dem Fahrzeug ausstiegen und sich ihnen bis auf wenige Meter näherten.
Seite 71: http://www.bundestag.de/blob/393542/5e2 ... b-data.pdf
Und prompt erinnere ich mich an die NDR-Reportage "Die Nordstory - Leben mit dem Wolf" vom 24.06.16, in der ebenfalls die drei Akteure Habbe, Grüntjens und Bullerjahn die Bühne hatten, vor allem ihre Sicht darzustellen. Das Umweltministerium wurde dabei mehrfach kritisiert, bekam aber keine Gelegenheit zur Stellungnahme. Dagegen wurde deutlich, wie sehr sich Herr Grüntjens und Herr Bullerjahn als Experten empfehlen möchten - mit dem Bau einer Wolfsfalle (mit der sie nicht beauftragt worden sind und die auch niemand haben will, schon gar nicht das Umweltministerium) oder mit dem Vorschlag, die Wölfe im Jugendalter schon mal vorsorglich zu vergrämen. Dazu heldenhafte Aufnahmen von Herrn Grüntjens in Zeitlupe beim Abfeuern seiner Jagdwaffe. Das Resümee der NDR-Reportage spiegelt sich dann im Schlusswort von Frau Habbe und Herrn Grüntjens:
Frau Habbe:
Herr Grüntjens:"Den Wolf ausrotten werden wir in Deutschland nicht mehr. [...] Wichtig ist dann halt, dass man tatsächlich einen Weg findet, den die Bevölkerug gut bereit ist, mitzutragen."
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/ ... 25020.html
Was so nett verpackt daherkommt, hat es in sich: "Einen Weg finden", den die Bevölkerung bereit ist, mitzutragen und das Notwendige tun, "das wir heute nicht können, nicht dürfen und teilweise nicht wollen" - und uns dabei noch "kräftig bewegen" - heißt nichts anderes, als dass der Status Quo in der Wolfsfrage offenbar keine Option für Frau Habbe und Herrn Grüntjens darstellt. Für mich klingt das wie: Wolf, ja gern, aber dann zu den Bedingungen der Landesjägerschaft.Ich glaube, wir haben dann ein Stück weit gelernt, mit dem Thema besser umzugehen. Wir haben vielleicht ein Stück weit auch mehr auch das Notwendige getan, was wir heute noch nicht können, nicht dürfen oder teilweise auch nicht wollen - ich glaub', da müssen wir uns noch kräftig bewegen - aber ich glaube, dass das Zusammenleben in Niedersachsen mit dem Wolf hier in dieser Landschaft ohne größere Probleme in Zukunft möglich sein wird. Ich glaube fest daran.
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/ ... 25020.html
Und mir drängt sich der Gedanke auf: Möglicherweise soll der heutige NDR-Artikel einen weiteren Baustein zur Verwirklichung dieses Ziels liefern.