Im April neues Buch von Bloch/Radinger

Auf ein interessantes Buch oder Internetseite über Wölfe gestolpert? Dann her damit!
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wolfsam
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Im April neues Buch von Bloch/Radinger

Beitrag von wolfsam »

Im April erscheint das neue Buch von G Bloch und E Radinger. Es geht um die deutschen Wölfe oder besser um Wölfe in Kulturlandschaften und um das Zusammenleben mit ihnen. sie wollen, wie Frau Elly Radinger schreibt, mit Missverständnissen und den vielen Falschinformationen aufräumen. Hier die ersten Informationen dazu: http://wolfmagazin.blogspot.de/2017/02/ ... -wolf.html
Ich freue mich schon auf das Buch. :pleased:
wolfsam
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Re: Im April neues Buch von Bloch/Radinger

Beitrag von wolfsam »

So, nun habe ich es! :-) "Der Wolf kehrt zurück. Mensch und Wolf in Koexistenz?" von G. Bloch und E. Radinger. Weiter als zum Vorwort von Frau Prof. Dr. Dorit Feddersen-Petersen, dass es schon in sich hat. Sie beschreibt einen Besuch eines Jägers und Bürgermeisters zu Beginn der Wieder-Einwanderung der Wölfe in die Lausitz, der um einen "Gefallen" bat: sie solle doch ein Papier unterschreiben, in dem sie dann kudtut, dass die Wölfe aus Polen küpnstlich angesiedelt wurden. "Es soll auch ihr Schaden nicht sein." :x
Hier wird wieder deutlich, womit unsere und des Wolfs Widersacher kämpfen. Und wir diskutieren hier, ob eine Äußerung ein Jäger-Bashing ist oder nicht .....
Damit will ich keinesfalls auf dieses Niveau herunter - aber die Glacee-Handschuhe lassen wir besser im Schrank!
Gott sei Dank ist Frau Professor charakterstark und charakterfest! ;-)
Jan.Olsson@web.de
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Re: Im April neues Buch von Bloch/Radinger

Beitrag von Jan.Olsson@web.de »

Das Buch gehört nun auch zu meiner Wolfsliteratur...

Ich habe noch nicht alles gelesen... aber...

Es ist eine deutliche Kritik im Vorgehen des UM mit MT6 zu lesen. Weiterhin sind mehrere Abschnitte in dem Buch der Petition Mit dem Menschen! - Für den Wolf gewidmet. Danke dafür!

Frau Radinger und Günther Bloch haben eine notwendige und qualifizierte Definition eines sogenannten "auffälligen" Wolfes initiiert und formuliert. Auch diese wird so manchem Forderer nach Abschüssen des Wolfes nicht gefallen bzw. legt deutlich klar, wann ein Wolf in diese unsägliche "Kategorie" fallen soll.

Ein absoluter wichtiges Buch für jeden der sich mit Wölfen beschäftigt oder mehr über die Wölfe in Deutschland wissen möchte.

Ich kann nur jedem empfehlen, sich dieses Buch zuzulegen!

HG Jan
TheOnikra

Re: Im April neues Buch von Bloch/Radinger

Beitrag von TheOnikra »

Jan.Olsson@web.de hat geschrieben: Frau Radinger und Günther Bloch haben eine notwendige und qualifizierte Definition eines sogenannten "auffälligen" Wolfes initiiert und formuliert. Auch diese wird so manchem Forderer nach Abschüssen des Wolfes nicht gefallen bzw. legt deutlich klar, wann ein Wolf in diese unsägliche "Kategorie" fallen soll.
Nun ich glaube nicht, dass die die es nötig hätten sich das Buch kaufen und durchlesen würden.
Wie wäre es mit einer Gratisversion dieser Definition in einem extra Treat?
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Nina
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Re: Im April neues Buch von Bloch/Radinger

Beitrag von Nina »

Ich bin eigentlich ein großer Fan von Bloch und Radinger und besitze bereits die Bücher "Der Wolf ist zurück. Was mache ich, wenn...?" und "Wolfsangriffe - Fakt oder Fiktion?"

Das neue Buch ist ansprechend aufgemacht, mit vielen Farbfotos bebildert und vor allem gut strukturiert. Man kann direkt in die Themen einsteigen, die einen interessieren, ohne gleich alles lesen zu müssen. Wer die oben genannten Bücher gelesen hat und regelmäßig auf der Wolfmagazin-Seite vorbeischaut, findet verständlicherweise vieles davon auch im neuen Buch wieder.

Das Vorwort von Dr. Feddersen-Petersen enthält meiner Meinung nach die brisanteste Information - nämlich wie manche radikale Wolfsgegner ticken, agieren und wieviel Potenzial in ihnen steckt, Menschen bewusst zu täuschen (wolfsam hat es ja bereits skizziert), um Einzelinteressen einer Lobbygruppe durchzusetzen. Das vermittelt einen ganz guten Eindruck, wie manche Presseberichte oder seltsame Statements von manchen Wissenschaftlern zustande gekommen sein könnten, die sich mit seriösen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht erklären lassen.

Die Begriffsdefinitionen des "tatsächlich gefährlichen Wolfsverhaltens" sind sicherlich eine Alternative für diejenigen, die mit der Einteilung von Kluth/Reinhardt nicht so viel anfangen können, obwohl ich deren Einteilung für differenzierter halte, was die Unterschiedlichkeit der jeweiligen Situationen betrifft.

Die von Bloch und Radinger für "tatsächlich gefährliches Wolfsverhalten" beschriebenen Voraussetzungen "aktive, zielorientierte Distanzverkürzung" und "von menschlichen Abwehrreaktionen unbeeindruckt"-Sein oder die Spezialisierung auf "den Angriff auf angeleinte Hunde" erinnert mich an das Verhalten, das Kurti MT6 gezeigt haben soll - mit dem Unterschied, dass die genaue Protokollierung und der Nachweis durch "tatsächlich beobachtende Fachleute" entweder nicht erfolgt oder nicht publiziert worden ist. Der Versuch, derartige Situationen durch erfahrene Fachleute wie Jens Karlsson herbeizuführen, ist bekannterweise gescheitert, da Kurti MT6 offenbar schlau genug war, zwischen zufällig entstehenden Situationen und seiner direkten Verfolgung zu unterscheiden.

Ich erinnere noch einmal an die Landtagsantwort der niedersächsischen Landesregierung vom 10.06.2016:
Die Distanzlosigkeit des Wolfs MT6 und die Tatsache, dass die Situationen vom Wolf und nicht von den handelnden Personen kontrolliert wurden, barg ein Gefahrenpotential für Verletzungen von Menschen, das nicht toleriert werden konnte. Die Nahbegegnungen von Wolf MT6 und Menschen zu Fuß hatten seit Beginn des Jahres 2016 in ihrer Frequenz und teils, wenn Hunde involviert sind, auch an Intensität zugenommen. Diese Dynamik in der Veränderung des Verhaltens von Wolf MT6 begründete die Annahme, dass bei Nahbegegnungen jetzt mit nicht nur unerheblichen Körperverletzungen bei Menschen gerechnet werden musste.

http://www.umwelt.niedersachsen.de/aktu ... 44437.html
Dies und auch die in den Medien berichteten gescheiterten Versuche, die Distanz zu Kurti durch Bewerfen mit Erdklumpen zu vergrößern, zeigt eine beachtliche Schnittmenge mit der Definition "tatsächlichem gefährlichen Wolfsverhaltens" von Radinger und Bloch, weshalb ich deren Kritik speziell in diesem Fall nur bedingt nachvollziehen kann.

In einer abgeschlossenen "Käseglocke" unter "Laborbedingungen" wäre sicherlich genügend Zeit, Fachleute über einen längeren Zeitraum einzusetzen, die die beschriebenen Situationen herbeiführen, beobachten und protokollieren. Man darf aber nicht vergessen, dass es aufgrund des großen Aktionsradius eines Wolfes immer wieder zu Parallelsituationen in der "realen" Welt kommt - mit der unerfahrenen und zum Teil verunsicherten Bevölkerung - und niemand vorhersagen kann, ob und in welcher Situation sich das als als potenziell gefährlich vermutete Wolfsverhalten womöglich in einer akuten Gefahr verwirklicht.

Für solche Maßnahmen wäre es erforderlich, dass die Bevölkerung derartige Maßnahmen entweder toleriert oder nichts von ihnen mitbekommt. Realistisch gesehen hat beides in den Wolfsgegner-Hochburgen in Niedersachsen derzeit keine Chance, weil Wolfsgegner-Interessengruppen, Medien und Lokalpolitik derzeit einen unfairen, manipulativen Schulterschluss praktizieren.

Ich erinnere hier nur einmal an den NDR-Bericht vom 27.04.2016 zum Vorgehen im Fall Kurti:
Monatelang setzte die Behörde offenbar auf die Methode "beobachten und dokumentieren" - und erntete dafür Kritik von Vertretern der Landesjägerschaft und Wolfsberatern.

http://www.ndr.de/nachrichten/niedersac ... f2456.html
Das Wolfsverhalten über einen längeren Zeitraum mit Fachleuten zu beobachten, zu protokollieren und Beweise zu sammeln, wurde und wird in Niedersachsen medial und von der Regierungsopposition immer wieder als Zögern, Untätigkeit und Handlungsunfähigkeit interpretiert - der Mob will spektakuläre Ergebnisse und kein langweilige, zeitaufwändige Untersuchung mit wenig sensationiellen Resultaten.
Leider bieten auch Radinger und Bloch keine Lösung für diese Misere an, weshalb ihre Kritik am Umgang mit MT6 im Ergebnis leider wenig konstruktiv ausfällt.

Da hilft es auch nur wenig, Luigi Boitani im Spiegel-Interview auf seine Kritik an der Einschätzung des Verhaltens von MT6 zu reduzieren, obwohl er recht eindeutig im selben Interview erklärt hat: "Ich habe nichts dagegen, wenn ein Wolf, der zuviel Ärger macht, erschossen wird.

Gleiches gilt für die von Bloch und Radinger dargestellte Einschätzung von Ulrich Wotschikowsky, bei dessen Ausführungen sie sich lediglich auf den Eintrag "MT6 hätte nicht sterben müssen"² beschränken.

Tatsächlich kann man in Wotschikowskys Blog einen argumentativen Schlingerkurs verfolgen, begonnen bei "Niedersachsen: Zickzack-Kurs mit MT6"³ (08.03.2016), "Wann macht man endlich Ernst mit MT6?"⁴ (25.03.2016), "Was tun mit MT6?"⁵ (31.03.2016), "MT6 hätte nicht sterben müssen"² (27.04.2016) und schließlich und letztendlich die nüchterne Erkennntnis im Eintrag "Wolf in Rathenow zum Abschuss freigegeben"⁶ (20.12.2016): "Der Fall MT6 hat mich davon überzeugt, dass wir auf die umständlichen Vergrämungsversuche mit Einfangen und Besendern verzichten sollten. Denn in drei von vier Fällen gehen diese Versuche ohnehin daneben. Freilich wird es dann schwierig, den „richtigen“ Wolf zu entnehmen. Aber sei’s drum. Die Zukunft der Wölfe steht selbst dann nicht auf dem Spiel, wenn wir einen „falschen“ eliminieren."⁶

Insofern ist es für mich nicht schlüssig, wenn Radinger und Bloch die niedersächsische Wolfspolitik kritisieren, aber Wotschikowskys letzte und aktuellste Ansicht, auf eine Vergrämung zukünftig ganz zu verzichten und ggf. sogar hinzunehmen, dass ein unschuldiger Wolf quasi als Kollateralschaden getötet wird, unkommentiert zu lassen.

Um nicht falsch verstanden zu werden - ich habe großen Respekt vor der Expertise sowohl von Radinger, Bloch als auch von Wotschikowsky. Aber wo sich zeigt, dass es keine einfachen Antworten und Rezepte auf komplexe Sachverhalte geben kann, halte ich es für falsch, einen derartigen Eindruck zu vermitteln. Das Wolfsverhalten in Niedersachsen kann nicht isoliert von der Bevölkerung betrachtet werden und schon gar nicht losgelöst vom Kompetenzgerangel der derzeitigen Regierung mit der von der Vorgängerregierung "geerbten" Kooperation mit der Landesjägerschaft.

Und dazu möchte ich zu einem weiteren Kritikpunkt kommen. Während ich keinen Zweifel an der fachlichen Kompetenz der Autoren bezüglich des Wolfswissens hege, sehe ich ein deutliches Defizit in dem Kapitel "Faktor Mensch" (Seite 16). Radinger und Bloch versuchen, die "Menschen, die sich mit Wölfen beschäftigen oder deren Leben von dem Beutegreifer tangiert wird" in Kategorien zu verorten und enden dabei leider in einem klischeehaften Schubladendenken und Stereotypen, wie sie von den Wolfsgegnern permanent vorgebetet werden:

- "Wolfsromantiker"
- "Nutztierhalter"
- "Jäger"
- "Die Mitte der Gesellschaft"

Kurz zusammengefasst: Erstere sind "überwiegend gebildete Städter", ernährend sich ökologisch, "fahren manchmal Elektroautos" und "machen neuerdings Urlaub in den Wolfsgebieten". Ihre Sichtweise auf den Wolf als "ultimatives Symbol von intakter Wildnis" habe mit der Realität wenig zu tun.
Für die Nutztierhalter stehe der Wolf "für eine Natur, die aus der Kontrolle geraten" sei.
Den Jägern wird immerhin zugestanden, dass es solche und solche gibt.
Der großen Mitte der Gesellschaft wird zugeschrieben, dass sie entweder "neutral eingestellt" oder "verunsichert" ist.

Auch wenn Bloch/Radinger selbst einräumen, dass sie die Wolfsromantiker "bewusst klischeehaft dargestellt" hätten, mindert dieses schwache Kapitel boulevardmedienartiger unbelegter Amateurpsychologie den sachlich-fachlichen Wert des ganzen Buches.
Was die beiden motiviert hat, auf diesem Themenfeld lieber zu polarisieren anstatt sich auf sachliche und belegbare Fakten zu beschränken, wird wohl zunächst unbeantwortet bleiben. Immerhin dürften die am lächerlichsten weggekommenen "Wolfsromatiker" die größte Käufergruppe des Buches darstellen, die man hier so süffisant düpiert.

Zuletzt ist mir als Equidenhalter noch ein Manko in Sachen Tierschutz etwas säuerlich aufgestossen: Die Empfehlung im Kapitel Herdenschutz, dass es bezüglich des Einsatzes von Eseln besser sei, "nur einen Esel in die Herde zu integrieren". Wer aber dem im Buch aufgeführten Hinweis auf die Informationsbroschüre der "Noteselhilfe" folgt, wird dort lesen, dass Esel Herdentiere seien, "die lt. Tierschutzgesetz nur mit Artgenossen zusammen gehalten werden dürfen. Somit kommen nur mindestens zwei Esel in Frage. Einzelhaltung ist tierschutzwidrig".⁷

Alles in allem halte ich das Buch für informativ und gelungen, aber das völlig misslungene Kapitel über den menschlichen Aspekt ist in dieser Form entbehrlich und für die nächste Auflage dringend überarbeitungsbedürftig.


¹ "Heult doch", DER SPIEGEL, Printausgabe Nr. 18/30.04.2016, Seite 119
² Ulrich Wotschikowsky: Wolfsite - Wölfe in Deutschland: "MT6 hätte nicht sterben müssen", 27.04.2016
http://woelfeindeutschland.de/mt6-haett ... n-muessen/
³ Ulrich Wotschikowsky: Wolfsite - Wölfe in Deutschland: "Niedersachsen: Zickzack-Kurs mit MT6", 08.03.2016
http://woelfeindeutschland.de/niedersac ... s-mit-mt6/
Ulrich Wotschikowsky: Wolfsite - Wölfe in Deutschland: "Wann macht man endlich Ernst mit MT6?", 25.03.2016
http://woelfeindeutschland.de/wann-mach ... t-mit-mt6/
Ulrich Wotschikowsky: Wolfsite - Wölfe in Deutschland: "Was tun mit MT6?", 31.03.2016
http://woelfeindeutschland.de/was-tun-mit-mt6/
Ulrich Wotschikowsky: Wolfsite - Wölfe in Deutschland: "Wolf in Rathenow zum Abschuss freigegeben", 20.12.2016
http://woelfeindeutschland.de/wolf-in-r ... orgesehen/
http://www.noteselhilfe.org/dokumente/E ... re_neu.pdf
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