Der Wolf in unserer Kulturlandschaft

Die Beziehung zwischen Mensch und Wolf, Zusammenleben, Herdenschutz, Konflikte und Lösungen.
Widukind

Der Wolf in unserer Kulturlandschaft

Beitrag von Widukind »

Der Wolf in unserer Kulturlandschaft

von Uwe Martens
Mitglied im Vorstand Freundeskreis freilebender Wölfe

http://www.lausitz-wolf.de/index.php?id=1479
Redux

Re: Der Wolf in unserer Kulturlandschaft

Beitrag von Redux »

Natürlich paßt der Wolf in unsere Kulturlandschaft.Sehr gut sogar ! Die Frage ist aber nicht paßt er Sondern wollen wir ihn ? Sprich welche Vorteile und welchen Nutzen hat ein Tier oder welchen porentiellen Schaden richtet es an. Nein ich halte das im Unterschied zum Text nicht für abergläubischer als die komische Naturmystik, nach der alles Natürliche gut, sinnvoll und harmonisch ist (späterousseauistischer spätromatischer Quatsch). Und auch wenn alles Sein voneinander abhängt mögen sich zwar interessante theologische Aussichten eröffnen, doch nützt uns das meines Erachtens für die Einschätzung des Wolfes in der Kulturlandschaft gar nichts. Der Punkt der Wildbestandsregulierung greift da schon eher. Nur sind Artenvielfalt und Ökologischer Umbau der Viehahltung eben auch nicht zum Nulltarif zu haben und ich habe bei all diesen ideologischen Verzerrungen die es zu diesem Themen zu lesen gibt oft den Eindruck, daß entweder aus guten Gründen niemand die anzunehmenden Kosten dafür kennt oder man sie nicht nennen möchte. Zustimmen möchte ich allerdings ausdrücklich, daß der Wolf sehr gut und relativ problemlos in unsere Landschadt paßt. Oder um das dämliche Modewort zu benutzen integriert werden kann
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SammysHP
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Re: Der Wolf in unserer Kulturlandschaft

Beitrag von SammysHP »

Andersrum gefragt: Nach welchem Recht darf der Wolf hier nicht leben? Warum sollten Rehe, Wildschweine oder Menschen hier leben dürfen, nicht aber Wölfe?
Grauer Wolf

Re: Der Wolf in unserer Kulturlandschaft

Beitrag von Grauer Wolf »

SammysHP hat geschrieben:Andersrum gefragt: Nach welchem Recht darf der Wolf hier nicht leben? Warum sollten Rehe, Wildschweine oder Menschen hier leben dürfen, nicht aber Wölfe?
Was wohl? Nach Jäger"recht", das jedes Reh und Co. für sich reklamiert, und nach Viehzüchter"recht", das nichts in Herdenschutz investieren will. Morden ist einfacher und billiger.

Gruß
Wolf
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SammysHP
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Re: Der Wolf in unserer Kulturlandschaft

Beitrag von SammysHP »

Jagd auf "Reh und Co." kann man ja oftmals mit der Ernährung rechtfertigen. Der Jäger schmeißt die Tiere ja nicht weg, sondern verwertet sie. Beim Wolf (aber auch beim Fuchs) ist das nicht der Fall. Da wird lediglich das Fell genutzt und auf das kann man gut verzichten.
Lutra
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Re: Der Wolf in unserer Kulturlandschaft

Beitrag von Lutra »

Mir stößt es immer so etwas auf, wenn ich "unsere Kulturlandschaft" lese. Was ist denn unsere Kulturlandschaft? Wenn es noch das wäre, was man so vor Augen hat beim Begriff "Kulturlandschaft", blühende Wiesen, weidende Tiere, Bauerndörfer usw., bräuchten wir keinen Landschaftsschutz und keine Landschaftspflegemaßnahmen. Damit erhalten wir mit Mühe und Not noch Relikte früherer Kulturlandschaft.
"Unsere" Kulturlandschaft sind eher artenreine Agrarflächen, egal ob Mais, Getreide oder Raps, mit höchstmöglichen Erträgen, sechsspurige Autobahnen, Großstädte und um die Restbestände der Dörfer uniforme Eigenheimsiedlungen.
Das ist vielleicht etwas schwarz gemalt, aber mich stört die Bilderbuch-Bauernhof-Romantik, die so mit "unserer Kulturlandschaft" mitschwingt.
In diese "unsere Kulturlandschaft" paßt der Wolf besser als die hunderte und vielleicht tausend Jahre Kulturlandschaft vorher, sonst wäre er nicht hier. Es war ein Leichtes, ihn am Wiederbesiedeln seines Lebensraumes zu hindern, nachdem er mit technischer Rafinesse ausgerottet war. Wenn ich die heutige Weidetierhaltung mit der vor 30 Jahren in meiner Heimat vergleiche ist da nicht mehr viel übrig. Und das liegt nicht am Wolf. Aber es gibt hier immer noch wesentlich mehr kleine Schafshalter als z.B. in der Gegend zwischen Bremerhaven und Cuxhafen, wo ich ab und zu mal bin. Den Vergleich hab ich. Und dort ist die Bildung von landwirtschaftlichen Großbetrieben ähnlich unseren ostdeutschen LPG-Nachfolgern gerade voll im Gange. Das konnte ich auch beobachten und wurde auch in Gesprächen bestätigt.
Ich will nicht sagen, dass ich diese Entwicklung gut finde, aber sie ist nun mal so und das ist "unsere Kulturlandschft", wo nun eben der Wolf wieder einzieht und Nahrung in Hülle und Fülle findet.
balin
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Re: Der Wolf in unserer Kulturlandschaft

Beitrag von balin »

Kann ich nur bestätigen. Die eigentliche Landschaft wird viel menschenleerer und das ist gut für den Wolf. Er ist in dieser Hinsicht Kulturfolger wie die Wildschweine auch. Nur hat der Wolf im Gegensatz zu den Pflanzenfressern eine ausgleichende Wirkung. Das macht ihn auch für Ackerbauern, Forstwirte und wenn man mal richtig nachdenkt auch für Tierhalter interessant. Jagd er doch hauptsächlich schwächere Wildtiere und mindert so den Infektionsdruck auf die Nutztiere. Dazu sind die Jäger mit ihrer minderen biologischen Ausstattung nicht in der Lage.
Immer, wenn die EU Seuchenpolitik wieder mal Amok läuft, denke ich an sowas.
Wolf ist absolutes Nutztier, sogar für die Jäger. In Wolfsgebieten lassen die Hundehalter ihre Pfiffis nicht mehr gerne streunen. Und mal ehrlich, die Schiesserlaubnis für Jäger auf "wildernde " Hunde könnte man in Wolfsgebieten auch streichen. Da wäre dann der Wolf für zuständig und die Jäger hätten eine grosse Gegnerschaft weniger, nämlich die Heimtierbesitzer. ;-)
Der Wolf hat also das Potential vieles in unserem ländlichen Umfeld zu entschärfen. Für mich ist er ein absoluter Nützling!
Man müßte das mal in bare Münze umrechnen...sogar die Journalisten profitieren, weil sie was zu schreiben haben und halblebige Politiker haben ein Feindbild. Mehr kann man sich eigentlich nicht wünschen. Der Wolf ist ein absoluter Volltreffer. Ohne den geht es nicht mehr.
In der merkelschen Nomenklatur müßte man das als alternativlos bezeichnen. Ohne den Wolf würde sozusagen die Welt untergehen. :-D
Und der Wolf ist Vision...wild und frei...die Projektion hat man in unserer bürokratisierten Welt ja immer..einfach ausbrechen!
Es ist jeder mit dem Wolf bedient, weil er unser eigentliches Ur-Ebenbild ist.
An der Tatsache kommt niemand vorbei.
Grauer Wolf

Re: Der Wolf in unserer Kulturlandschaft

Beitrag von Grauer Wolf »

balin hat geschrieben:Und der Wolf ist Vision...wild und frei...
Das ist der Knackpunkt: Wild, frei und sich der allgegenwärtigen Kontrolle entziehend. Das mögen manche gar nicht...

Gruß
Wolf
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Wolfsblut
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Re: Der Wolf in unserer Kulturlandschaft

Beitrag von Wolfsblut »

Redux hat geschrieben:Natürlich paßt der Wolf in unsere Kulturlandschaft.Sehr gut sogar ! Die Frage ist aber nicht paßt er Sondern wollen wir ihn ? Sprich welche Vorteile und welchen Nutzen hat ein Tier oder welchen porentiellen Schaden richtet es an. Nein ich halte das im Unterschied zum Text nicht für abergläubischer als die komische Naturmystik, nach der alles Natürliche gut, sinnvoll und harmonisch ist (späterousseauistischer spätromatischer Quatsch). Und auch wenn alles Sein voneinander abhängt mögen sich zwar interessante theologische Aussichten eröffnen, doch nützt uns das meines Erachtens für die Einschätzung des Wolfes in der Kulturlandschaft gar nichts. Der Punkt der Wildbestandsregulierung greift da schon eher. Nur sind Artenvielfalt und Ökologischer Umbau der Viehahltung eben auch nicht zum Nulltarif zu haben und ich habe bei all diesen ideologischen Verzerrungen die es zu diesem Themen zu lesen gibt oft den Eindruck, daß entweder aus guten Gründen niemand die anzunehmenden Kosten dafür kennt oder man sie nicht nennen möchte. Zustimmen möchte ich allerdings ausdrücklich, daß der Wolf sehr gut und relativ problemlos in unsere Landschadt paßt. Oder um das dämliche Modewort zu benutzen integriert werden kann
8-)
Die Daseinsberechtigung eines Lebewesens ordnet sich nicht ein nach welchen Nutzen oder Vorteile es hat. Und es brauch rein gar nichts reguliert werden. Da wo der Mensch eingreift passiert erfahrungsgemäß ohnehin nur Scheiße...

Kosten: Lieber in die Natur investiert als eine weitere hässliche Elbbrücke, Autobahn, Kirche oder whatever.... In die Natur zu investieren, heißt in Zukunft zu investieren... Das einzige was der Mensch braucht ist Natur. Und da sind wir nun zu geizig? Ich glaub mein Pony pfeift!

PS: Der Wolf muss nicht integriert werden, der Mensch muss sich anpassen.
Redux

Re: Der Wolf in unserer Kulturlandschaft

Beitrag von Redux »

Nach welchem Recht darf der Wolf hier nicht leben? Warum sollten Rehe, Wildschweine oder Menschen hier leben dürfen, nicht aber Wölfe?
Tja das ist eine sehr gute Frage, die im Grunde schon wieder da beginnt wo wir das letzte mal aufgehört haben, nämlich bei der Rolle des Menschen in der Natur und darf er sich diese Untertan machen oder nicht ? Realjuristisch darf der Wolf bislang selbstverständlich, da er von EU-Recht geschützt ist. Deine Frage impliziert aber wohl mit welchem Recht nimmt sich der Mensch oder bestimmte Menschen heraus über Leben und Dasein von anderen Lebewesen zu entscheiden ? Eigentlich wie schon behauptet eine Glaubensfrage. Nur anders gefragt lassen sich rechtliche also zivilisatorische Kategorien überhaupt auf die Natur bzw. Tierwelt anwenden und ist eine derartige Anwendung nicht eine freiwillige menschliche Selbstbeschränkung ? Da du aber wohl ein kreatürliches Naturrecht auf Existenz im Sinn hast (eigentlich wiederum ein religiöses Dogma) kann man diese Frage wohl kaum beantworten. (ich zumindest nicht). Im Grunde habe ich damit glaube ich auch den Post von Wolfsblut beantwortet, der ja sogar meint der Mensch muß sich der Natur anpassen und nicht umgekehrt. Kann man fordern ist aber selbstverständlich nicht meine Auffassung.
(polemisch gefragt wie weit soll denn diese Anpassung gehen, bis zur Anerkennung der Fiebermücke ?) Aber wir waren ja immer noch beim Recht ja Grauer Wolf hat Recht, das Recht der geizigen (wobei sich für viele tatsächlich die Existenzfrage stellt) Viehhalter, der neidischen Jäger (wobei ich deren Position ausdrücklich nicht verstehe) ja das Recht des Menschen der sich das Recht herausnimmt die Natur zu nutzen. Ob das Geld nicht lieber in eine neue Elbbrücke gesteckt werden sollte möchte ich lieber nicht sagen. Aber genau da sind wir schon beim Punkt solange nicht klar ist was das alles kostet und wer das bezahlt (kann man ruhig die Steuern für erhöhen, damit die Reichen endlich mal mitbezahlen) macht mir persönlich dieser ganze ökologische Forderungskatalog Angst. Denn im Grunde bleibt es wieder an denen hängen die eh kaum was haben. Wenn man Wolf will braucht man klare Zahlen und eine Gemeinschaft die dafür zahlen will. Und nicht zu geizig ist HSHs zu bezahlen. Was die Kulturlandschaft angeht habe ich nichts hinzuzufügen ist längst eine Agrarindustrielandschaft. Ich hätte allerdings noch eine Frage zum Wolf Balin schreibt der Wolf risse vor allem schwache Tiere, stimmt das ? Ich habe gehört das der der ähnlich wie Luchs das überwältigt was gerade da ist. Und ja die Freiheit wieder ein schöner Traum aus dem 19. Jhd.
Zuletzt geändert von SammysHP am 13. Feb 2016, 14:01, insgesamt 1-mal geändert.
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