Schweiz: Mobile Einsatztruppe im Herdenschutz

Die Beziehung zwischen Mensch und Wolf, Zusammenleben, Herdenschutz, Konflikte und Lösungen.
Antworten
Miscanthus
Beiträge: 1304
Registriert: 8. Okt 2010, 10:54

Schweiz: Mobile Einsatztruppe im Herdenschutz

Beitrag von Miscanthus »

Urner Älpler werden vor Wolf gewarnt

http://www.urnerwochenblatt.ch/aktuelle ... p?id=10776

„Falls dies sinnvoll erscheine, könne auf Alpen für eine befristete Zeit auch die mobile Einsatztruppe von Agridea zum Einsatz kommen…… Die mobile Truppe ergreift erste Schutzmassnahmen vor Ort und berät die betroffenen Tierhalter.“
balin
Beiträge: 1314
Registriert: 10. Okt 2010, 06:53

Re: Schweiz: Mobile Einsatztruppe im Herdenschutz

Beitrag von balin »

Sowas ist es eigentlich, was ich in Deutschland vermisse. In Frankreich gibt es das mit Freiwilligen über "Pastoraloup". Wenn mal jemand eine Nachtwache übernimmt oder Zäune baut ist das mehr wie eine moralische Unterstützung. Es gehören da zwei zusammen, nämlich der, der helfen will und der, der die Hilfe annimmt. Die Herdenschutzprofis in der Schweiz sind da natürlich aufgrund ihrer Qualifikation noch besser dran. Sie haben aber ja mit dem Alpophon schon ein gutes Vorbild. Über die Nummer wird potentes Alppersonal als Springer vermittelt. wenn der oder die Neue den Gegebenheiten nicht mehr gewachsen ist. Solche Notfälle kommen ja immer mal wieder vor. ;-)
jurawolf
Beiträge: 967
Registriert: 5. Okt 2010, 23:32

Re: Schweiz: Mobile Einsatztruppe im Herdenschutz

Beitrag von jurawolf »

In der Schweiz gibt es ganz Verschiedenes:

- Balin, das Projekt "Pastoraloup" gibt es in der Schweiz auch, hier heisst es Hirtenhilfen: http://www.voesa.ch/hirtenhilfe/

- Das "Alpophon" gibts auch, richtet sich aber weniger an überforderte Hirten/Bewirtschafter als für Notfalleinsätze, wenn mal Alppersonal ausfällt. Dabei handelt es sich grossmehrheitlich um Einsätze auf Kuh-/Rinderalpen, wenn Personal sich verletzt oder hinschmeisst. Als Älpler kann man sich dort frühzeitig für Einsätze melden (als Springer), die Alpchefs wenden sich dann bei dringendem Personalbedarf.

- Der "mobile Herdenschutz", von dem im Artikel die Rede ist, ist nochmal was anders. Er ist professionell und wird durch die Agridea (Herdenschutzfachstelle) betreut und angestellt. Der mobile Herdenschutz rückt aus, wenn es irgendwo mit Wolf oder Bär "brennt", es also Risse gibt und sofort reagiert werden muss.
balin
Beiträge: 1314
Registriert: 10. Okt 2010, 06:53

Re: Schweiz: Mobile Einsatztruppe im Herdenschutz

Beitrag von balin »

Danke! Das mit der Hirtenhilfe hatte ich bis jetzt noch nicht gehört.
Insgesamt ist das aber beispielgebend. Vor allem braucht man aber das richtige Personal um die Notfälle für die Sommersaison abdecken zu können. Selber war ich in dem Bereich ja auch schon tätig und habe auch schon einschlägig für die Krankenkasse gearbeitet. Insofern habe ich eine Vorstellung von dem, was da geleistet werden muß.
Die drei Aspekte, die Du aufführst, müssen aber auch abgedeckt werden. Für die Wölfe können die Tierhalter zunächst mal nichts und wenn die Lösung der Notfälle nicht mit der Flinte gesucht werden soll, dann muß das so geschehen. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis die Berücksichtigung der Wölfe Eingang in das Herdenmanagement gefunden hat.
Für Frankreich beobachte ich zur Zeit, daß man sich von Staats wegen bei dieser Problemstellung wegduckt und vermehrt auf Abschuss der Wölfe setzt. Eigentlich eine Bankrotterklärung. Der Aufbau der Strukturen zur ersten Hilfe ist der Anfang zur Entwicklung eines nachhaltigen Herdenschutzes. Ohne den wird eine Koexistenz Raubtier-Weidevieh nicht möglich sein.
Ich würde mir wünschen, daß man hier in Deutschland das Problem so angeht, daß es auch funktioniert. Bis jetzt sieht das alles ein bißchen naiv
aus.
Lutra
Beiträge: 2697
Registriert: 5. Okt 2010, 21:30
Wohnort: Pulsnitz

Re: Schweiz: Mobile Einsatztruppe im Herdenschutz

Beitrag von Lutra »

Wobei der Abschuß an sich nichts an den Problemen ändert. Es sei denn, man erwägt den Totalabschuß, die Ausrottung, und das wird sich glaub ich nicht so durchsetzen lassen. Es wird manchmal so getan, wenn der Wolf erst mal bejagt wird, lösen sich die Probleme mit den Übergriffen auf Nutztiere. Dem Nutztierhalter ist es doch letztlich egal, ob einer von vielen oder einer von wenigen seine Herde besucht. Klar ist die Wahrscheinlichkeit im zweitem Fall geringer, aber auch dann ist ein Schutz der Herde angebracht. Die meisten Übergriffe passieren doch dort, wo der Wolf neu auftritt und die Herden ungeschützt sind.
balin
Beiträge: 1314
Registriert: 10. Okt 2010, 06:53

Re: Schweiz: Mobile Einsatztruppe im Herdenschutz

Beitrag von balin »

Und genau da muß man ansetzen. Ich habe schon so oft im Auto draussen geschlafen, wenn einer das nicht kann, dann muß man ihm halt mal ein paar beispielhafte Helfer zur Seite stellen, bis er selber kapiert hat, was er für seine Tiere tun muß. Der Rest kommt dann von alleine.
Das ist vordergründig selbstlos, aber eigentlich nicht. Wir brauchen die Wölfe und verantwortliche Tierhalter und auch solche, die den Übergang gestalten. Vor dem Hintergrund der abdriftenden Jagdkultur sind solche Herausforderungen vielleicht hilfreich. Ein paar Idealisten braucht es am Anfang, darüber gibt es keine Illusionen. Wenn die Wölfe mal da sind, dann lernt das Handwerk schnell dazu, aber bis dahin....
Sind zufällig mal wir gefordert, Ausweichen ist Sünde. Bin nicht der Papst der Wölfe, aber es ist so. :-D
Antworten