Herdenschutzhunde in der Lüneburger Heide

Die Beziehung zwischen Mensch und Wolf, Zusammenleben, Herdenschutz, Konflikte und Lösungen.
nuno22
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Herdenschutzhunde in der Lüneburger Heide

Beitrag von nuno22 »

Dipl. Ing. agrar Andreas Truckenbrodt vom Verein Naturschutzpark und Herr über 4.200 Schafe (Heidschnuken) hat gestern einen sehr interessanten Vortrag über die "Lüneburger Heide" Schafe gehalten. Im Sommer 4.200 auf 7 Herden verteilt. Durch Schlachtungen werden sie zum Winter auf 2.900 reduziert. 12 Schäfer seien beschäftigt. 1 Herde steht auf etwa 700 ha. Stallungen seien in der Regel 3-4 km entfernt von der Herde. Im Jahr stehen sie 63 Tage draußen, die restliche Zeit sind sie gekoppelt und abends in Stallungen.

90% der Arbeitshunde seien Altdeutche Schäferhunde.

Zwei seiner Schäfer hatte er zu einem Seminar über Herdenschutzhunde geschickt, damit sie sich ein Bild machen. Den Namen habe ich vergessen, es war aber wohl jemand der richtig Ahnung hat. Das Ergebnis war, Herdenschutzhunde kommt für sie nicht in Frage! Der Verein Naturpark Lüneburger Heide setzt auch auf Toruismus. Und die Erfahrungen sind einfach, dass es zu zu vielen Beißunfällen gekommen seien. Sie leinen sogar ihre Hütehunde an, weil sie auf gar keinen Fall schlechte Presse wollen. Nach einer Statistik aus Frankreich haben 5,7 % der Pyreenen Berghunde Menschen mindestens 1x gebissen. Die anderen Herdenschutzhunde kamen auf 9 bis 11% Beißvorfällen am Menschen.

Also interessant finde ich das, weil es immer alles so einfach daher gesagt, dann setzt doch Herdenschutzhunde ein. Die meisten vergessen, dass es nun mal große Wehrhafte Hunde sind. Ich denke, man müsste sie sehr sehr stark selektieren, wie früher die sog. "Kampfhunde". Gegen andere Hunde eine tödliche Waffe, aber sie durften auf keinen Fall einen Menschen angehen. Diese Hunde sind sofort getötet worden. Das bedurfte aber jahrzehntelanger Selektion.

Truckenbrodt hat auch noch mal ausgeführt, dass er bei seinen Nachforschungen Herdenschutzhund ja oder nein, er eine Erklärung gefunden hat. Denn Herdenschutzhunde wurde nicht nur gegen 4beinige Räuber eingesetzt, sondern auch vor allem gegen 2beinige, dem Menschen.

Es wird immer so getan, als ob Herdenschutzhunde automatisch die Herde beschützen und dann unterscheiden zwischen Mensch und "Wolf/Luchs". Das ist sicherlich nicht der Fall und hängt von jedem Individum ab. Da erstmal einen guten Züchter mit guten Tieren zu finden, dürfte dann nicht so einfach sein. Diese Tiere werden begehrter sein und damit auch teurer.

Ein Hütehunde kostet 3.000,--Euro und deshalb würden sie auch nicht als Herdenschutzhunde eingesetzt werden, selbst wenn sie die Veranlagung hätten.

Zum Thema die Herde, wenn sie draußen ist, jeden Abend in die Stallungen zu treiben während der 63 Tage, wo sie draußen sind, hat er errechnet, dass der Mehraufwand bei 1 - 1,5 Std liegt. Bei einer Schäferstunde von 20,--Euro kam er auf Mehrkosten pro Herde von 1.200 bis 1.900,--Euro und insgesamt auf jährlich 13.000,--Euro.

M.E. müsste man die Herdenschutzhunde voll ausbilden und nicht nur einfach zu den Schafen stecken als Welpen, damit sie diese als Geschwister kennen lernen. Es hört sich im Moment für mich so an, als ob das nur so gemacht wird. Die Hunde müssten auch voll im Kommando stehen. Das könnte zwar kontra produktiv sein, weil Herdenschutzhunde sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie eigenständige Entscheidungen treffen müssen, was wahrscheinlich dann etwas zurückgehen würde, wenn sie lernen würden - auch - auf die Kommandos von Herrchen zu hören.

Im Ergebnis für mich, Herdenschutzhund ja, aber nur innerhalb eines Zaunes.
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SammysHP
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Re: Herdenschutzhunde in der Lüneburger Heide

Beitrag von SammysHP »

nuno22 hat geschrieben:Im Ergebnis für mich, Herdenschutzhund ja, aber nur innerhalb eines Zaunes.
Genau so ist es. Anders wird es wohl nie zu realisieren sein.
balin
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Re: Herdenschutzhunde in der Lüneburger Heide

Beitrag von balin »

Die Hunde muß man den geforderten Praxisbedingungen aussetzen und das ist genau bei uns. Hunde können auch lernen, das Menschen für sie nicht relevant sind und keine Gefahr darstellen. Die Prägung läuft da doch genau so wie auf die Schafe. Der Schafer modifiziert das dann noch, indem er den Hunden klar macht, daß er selber nicht beschützt werden muß. Mit etwas Feingefühl müßte man das doch hinkriegen. Das einzige Problem liegt bei fremden Hunden. Der Einsatz von Herdenschutzhunden
muß von Aufklärungsaktionen begleitet sein. Bei Ferus wird das genauer ausgeführt. Es gibt die Aufklärungsarbeit in den Zeitungen, Radio und Fernsehen, dann werden die Gäste direkt über den Reiseveranstalter oder das Tourismusbüro angesprochen und vor Ort werden geeignete Warntafeln und Hinweisschilder aufgestellt bzw die Urlauber auch direkt kontaktiert. Das durchgängige Konzept, das sich derzeit in der Erprobungsphase befindet, liesse sich sicherlich auch auf die Lüneburger Heide übertragen. Für landwirtschaftliche Nutzhunde gelten übrigens andere Haftungsbedingungen wie für normale Haushunde. Die Gefährdungshaftung kommt hier nicht generell zur Anwendung. Der Geschädigte muß u.U. Schaden selber tragen, wenn er Sorgfaltspflichten nicht wahrgenommen hat.
Hier nochmal der Link zu Ferus, wo die Aufklärungsarbeit zu den Herdenschutzhunden dargestellt wird:
http://www.ferus.fr/wp-content/uploads/ ... 23-def.pdf
Ab etwa Seite 16 geht es um HSH. Diese Hunde verdienen genauso viel Aufmerksamkeit wie die Wölfe. Beide gehören ja zusammen!
Wolfsheuler
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Re: Herdenschutzhunde in der Lüneburger Heide

Beitrag von Wolfsheuler »

Und wieviele Schafrisse gab es denn bis jetzt in der Lüneburger Heide?
balin
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Re: Herdenschutzhunde in der Lüneburger Heide

Beitrag von balin »

Herdenschutz ist Vorbeuge! So steht das im neuen Wolfsmanagementplan. Das ist also eine schlecht bezahlte Vorleistung, die sich erst im Nachhinein rentiert. Man muß also die Phantasie aufbringen, daß der Wolf wirklich kommt.
Die Erfahrung zeigt zwar, daß nachher immer der Wolf schuld ist und tot gehört. Idealistischerweise sollte man es aber mal anders probieren.
Die Frage nach den Wolfsrissen demotiviert also eher. ;-)
nuno22
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Re: Herdenschutzhunde in der Lüneburger Heide

Beitrag von nuno22 »

Erstaunlich war die Aussage von Markus Bathen, dass sie immer erst Abwarten empfehlen, da es ja teuer sei, Herdenschutzhunde zu kaufen usw. Da frage ich mich natürlich, ob nicht bekannt ist, dass man die Jngtiere erst mal groß ziehen muss. Vorbeugend! Richtig, dann kann es nichts schaden, jetzt schon mal mindestens einen anzuschaffen.
Wolfsheuler
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Re: Herdenschutzhunde in der Lüneburger Heide

Beitrag von Wolfsheuler »

balin schrieb:
Die Frage nach den Wolfsrissen demotiviert also eher.
Ich frag ja nur, weil hier soviel spekuliert wird über die Anzahl der Wölfe in der Lüneburger Heide. Wenn es soviele Wölfe dort gibt, wie manche meinen, dann müsste es doch auch regelmässig Schafrisse geben???
balin
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Re: Herdenschutzhunde in der Lüneburger Heide

Beitrag von balin »

@Wolfsheuler
War ja auch nicht kritisch gemeint, die Frage ist ja berechtigt. Ich meine nur eben, daß man dem Wolf schon gedanklich etwas voraus sein sollte, dann kann man später mit sich und dem Wolf in Frieden leben. Wenn der Wolf frühzeitig am Haustiere fressen gehindert wird, muß man später keine Vollprofis umerziehen. Bei denen muß man dann stärkere Reize setzen und Wölfe dürften einigermaßen willensstarke Wesen sein. So sehe ich zb die Ereignisse letztens im Departement Drome. Die waren am Anfang nicht da und haben jetzt den Schlamassel.
nuno22
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Re: Herdenschutzhunde in der Lüneburger Heide

Beitrag von nuno22 »

Auf den Truppenübungsplätzen Schafe? Die schaffen kaum den Wildbestand im Griff zu behalten, da braucht der Wolf keine Schafe.
wolflüneburgerheide
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Re: Herdenschutzhunde in der Lüneburger Heide

Beitrag von wolflüneburgerheide »

Wolfsheuler hat geschrieben:Und wieviele Schafrisse gab es denn bis jetzt in der Lüneburger Heide?
Also ich arbeite seit 12 jahren hier in der Lüneburger Heide und möchte euch sagen das es eigentlich hier zu keinem Riss kommen könnte und zwar aus dem Grund:

Die Schnuckenherden sind tagsüber mit den Schäferund Hunden unterwegs und abends komme ALLE in einen gut gesicherten Stall die Hunde haben die Zwinger mittlerweile direkt an den Ställen gebaut bekommen - da kann nichts passieren!!!

Es steht hier KEINE Herde nachts draussen irgendwo im Corral!

So ist es natürlich auch nicht nachzuweisen wo und wie viele Lupusssis :pleased: es bei uns hier gibt - aber seit euch sicher es gibt bestimmt welche.
Wolfige Grüße aus der Lüneburger Heide

Nadja
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