Wie isoliert ist der deutsche Wolfsbestand?

Über freilebende Wölfe in Deutschland.
Wolfsheuler
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Wie isoliert ist der deutsche Wolfsbestand?

Beitrag von Wolfsheuler »

Dieses Thema hatten wir schon, aber es gibt offenbar eine neue Forschung dazu und damit will der deutsche Jagdverband nun hinterfragen, in wieweit dass der Schutzstatus für die deutsch-westpolnische Population noch berechtigt ist.
http://www.jagderleben.de/akt-wolf-abstammung-mw
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SammysHP
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Re: Wie isoliert ist der deutsche Wolfsbestand?

Beitrag von SammysHP »

Eigentlich ja eine gute Nachricht. Eine Änderung des Schutzstatus ist aber nur dann sinnvoll, wenn es keine negativen Konsequenzen für den Wolf hat.
Lutra
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Re: Wie isoliert ist der deutsche Wolfsbestand?

Beitrag von Lutra »

So neu ist die Erkenntnis nun wieder nicht, dass die deutsch-westpolnischen Wölfe von der baltischen Population abstammen. Sie sind ja schließlich nicht vom Himmel gefallen. Die Frage ist, wie regelmäßig ein Austausch stattfindet. Damit befaßt sich die verlinkte Studie aber nicht.
LarsD

Re: Wie isoliert ist der deutsche Wolfsbestand?

Beitrag von LarsD »

Lutra hat geschrieben:So neu ist die Erkenntnis nun wieder nicht, dass die deutsch-westpolnischen Wölfe von der baltischen Population abstammen. Sie sind ja schließlich nicht vom Himmel gefallen. Die Frage ist, wie regelmäßig ein Austausch stattfindet. Damit befaßt sich die verlinkte Studie aber nicht.
Du hast die Studie entweder nicht gelesen oder nicht verstanden ... ;)
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Lone Wolf
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Re: Wie isoliert ist der deutsche Wolfsbestand?

Beitrag von Lone Wolf »

@ Lars

nun ich denke schon, dass er verstanden hat und seine Ausführung ist durchaus berechtigt, im Prinzip heult es in dieser Meldung doch wieder aus der gleichen alten Ecke und mit dem alten Ziel... ;-)
Der Wolf ist insgesamt gesehen (noch) nicht vom Aussterben bedroht, in Deutschland aber sehr wohl und auch der genetische Austausch ist in dieser Hinsicht von immenser Wichtigkeit.
Demzufolge kann er nicht geschossen werden, ich verstehe nicht, was daran so schwer zu verstehen ist für die betreffenden Naturschützer in grüner Tracht hierzulande...
Wenn wir in Deutschland mal 1000 Tiere haben, dann kann man vielleicht mal lockern, so weit sind wir noch ewig nicht...

Grüße
LW
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Johann Peter Hebel
LarsD

Re: Wie isoliert ist der deutsche Wolfsbestand?

Beitrag von LarsD »

Lone Wolf hat geschrieben:@ Lars

nun ich denke schon, dass er verstanden hat und seine Ausführung ist durchaus berechtigt, im Prinzip heult es in dieser Meldung doch wieder aus der gleichen alten Ecke und mit dem alten Ziel... ;-)


Schau mal, was ich genau geschrieben habe ... ;-) Studie! Diese hier: http://download.springer.com/static/pdf ... 7&ext=.pdf

Dazu dann noch die Infos hier: http://www.parldok.brandenburg.de/parla ... 0/7664.pdf

Und wenn Du diese Infos "verdaut" hast, können wir uns wieder über eine "Gefährdung" des Wolfes in D und den genetischen Austausch innerhalb der Wolfspopulationen in Mittel- und Nordosteuropa unterhalten. Und wenn Du mal nach Schweden schaust, wirst Du erahnen, was sich in D abspielen wird, wenn wir in einigen Jahren ebenfalls mal um die 300 Wölfe im Land haben. Bis auf 1000 Tiere wird der Bestand in D jedenfalls nicht anwachsen. ;-)

Viele Grüße

Lars
nuno22
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Re: Wie isoliert ist der deutsche Wolfsbestand?

Beitrag von nuno22 »

Lars, es hat im Yellowtone Park und Umgebung 13 Jahre gedauert, um von 66 wieder angesiedelten Wölfen auf 1.709 bis 2009 zu kommen. Wir haben mittlerweile gut 200 Wölfe. Das geht jetzt alles ganz schnell. Schau dir einfach die ganzen Wolfsjahresberichte in den USA in der Region an. und dass es in Schweden seit 1980 nur zu knapp 300 im Moment gereicht hat, liegt an den vielen illegalen Tötungen.
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Lone Wolf
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Re: Wie isoliert ist der deutsche Wolfsbestand?

Beitrag von Lone Wolf »

@nuno22
deine Zahlen zum Wolfsbestand im Yellowstone sind nicht korrekt, welche Quellen nutzt du? Was ist Umgebung?

Quelle: Yellowston Park Foundation:
At the end of 2010, at least 97 wolves -- consisting of 11 packs and 6 loners -- occupied Yellowstone National Park. This is nearly the identical population size as in 2009 and represents a stable population after a tumultuous prior year.

The current population consists of significantly fewer wolves than the park-wide population peak in 2003 at 174 wolves, a decline that was brought about by disease and food stress, and suggests a long-term lower population equilibrium for wolves in Yellowstone.

Gerade diese Zahlen beweisen m.E. nach, wie fragil und langsam eine Entwicklung zu einem stabilen Bestand sein kann.

@ Lars
irgendwie reden wir leider aneinander vorbei, bzw.möchtest du aus anderen Gründen meiner Interpretation dieses von dir verlinkten Jagderleben Artikels nicht folgen. Das ist dein gutes Recht, ich höre halt eine andere Nachtigall...
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Johann Peter Hebel
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Lone Wolf
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Re: Wie isoliert ist der deutsche Wolfsbestand?

Beitrag von Lone Wolf »

@ Lars, schlecht recherchiert von mir, der Link zum Artikel Jagderleben ist ja gar nicht von dir... Entschuldige bitte... ;-)
Um noch einmal zum Thema zu kommen, die Wolfsgegner argumentieren ja eh schon ewig, dass der Wolf gesamtheitlich gesehen nicht vom Aussterben bedroht ist (bestreitet niemand) und somit der Schutzstatus in D totaler Quark wäre (hier trennen sich die Sichtweisen)...

Diese einseitige Doppel-Sicht der Dinge wird jetzt von einschlägig interessierten Kreisen intellektuell mit dieser Studie aufgefrischt (die ja nun nichts neues birgt)mit einem Ziel, man ahnt es, die Wölfe in Deutschland zu dezimieren (am Besten natürlich gleich wieder auszurotten, denn die Russen oder Balten oder Ukrainer usw. habe genug davon)

Es mag jetzt naiv klingen Lars, aber mir ist es völlig Wurscht, wieviel Wölfe in Russland, Polen oder in anderen postsowjetischen Staaten leben und mit wem sie verwand sind , ich möchte den Wolf (und auch andere in Deutschland ausgerottete Tiere) in gesunden Vorkommen in Deutschland wissen. Und dort sind wir, wie gesagt, noch lange nicht.


Grüße
LW
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Johann Peter Hebel
LarsD

Re: Wie isoliert ist der deutsche Wolfsbestand?

Beitrag von LarsD »

Lone Wolf hat geschrieben:Es mag jetzt naiv klingen Lars, aber mir ist es völlig Wurscht, wieviel Wölfe in Russland, Polen oder in anderen postsowjetischen Staaten leben und mit wem sie verwand sind , ich möchte den Wolf (und auch andere in Deutschland ausgerottete Tiere) in gesunden Vorkommen in Deutschland wissen. Und dort sind wir, wie gesagt, noch lange nicht.
Das klingt nicht nur naiv, es ist naiv. Aber es steht Dir selbstredend frei, Deine ganz persönlichen Massstäbe zu entwickeln und zu artikulieren. Ich mag's bei solchen Themen eher rational. Die FFH-Richtlinie der EU ist im Augenblick für uns das entscheidende Werkzeug beim Wolfsschutz. Deren erklärtes Ziel ist es, bestimmte Lebensraumtypen und Arten innerhalb der EU wieder in einen "günstigen Erhaltungszustand" zu versetzen. Bezüglich des Artenschutzes liegt der Fookus auf den Populationen. Bei den Großraubtieren wird seit vielen Jahren völlig berechtigt darauf gepocht, dass sich Populationen nicht an administrative Grenzen halten und deshalb ein grenzüberschreitender Schutz und ggf. ein ebensolches Management erforderlich sind. Eingriffe in Populationen oder Änderungen des Schutzstatus macht die FFH-RL immer vom "günstigen Erhaltungszustand" der Population abhängig. Die LCIE hat seinerzeit Leitlinien für das Management unter anderem des Wolfes innerhalb der EU erarbeitet. Dazu wurden regionale Populationen definiert - wobei die LCIE gleich darauf verwiesen hat, dass diese Abgrenzungen oftmals auch rein pragmatische Hintergründe hatte und ggf. angepasst werden müssten. Im Wissen um die Bedeutung des "günstigen Erhaltungszustandes" sind interessierte Kreise lange Zeit auf der angeblich "kleinen und weitgehend isolierten Wolfspopulation" in Westpolen und Deutschland herum geritten. Diese Teilpopulation müsse erst mindestens 1000 adulte Individuen haben, bevor man auch nur darüber nachdenken könnte, irgendwie reguliernd einzugreifen - hieß es. Jetzt kommen die Polen und werfen diese schöne These mal ganz locker über den Haufen. Denn die Studie zeigt erstmals, dass es einen relativ häufigen Austausch an Genen zwischen den Wolfsvorkommen in Nordostpolen und unserer Ecke gibt. Die Studie impliziert ebenfalls erstmals, dass es sich bei unseren Wölfen gerade nicht um eine Teilpopulation sondern einfach den westlichen Rand einer sich wieder nach Westen ausbreitenden Wolfspopulation handelt, die sich über das Baltikum bis weit nach Russland erstreckt. Die Ergebnisse der genetischen Untersuchungen von Proben aus Brandenburg stützen diese Sichtweise. Unter dem Strich ist damit erwiesen, dass unsere Wölfe Teil einer großen Wolfspopulation sind, die sich in einem günstigen Erhaltungszustand befindet. Das primäre Schutzziel der FFH-Richtlinie ist damit zumindest in Sachsen und Brandenburg inzwischen erreicht. Punkt.

Wenn Du jetzt forderst, dass es allein in D erst 1000 Wölfe geben müsste, bevor der Bestand gesichert ist, rennst Du in meinen Augen ins Abseits. Denn lange bevor dieses Niveau erreicht ist, wird hier in D die Stimmung beim Thema Wolf gewaltig kippen. Deshalb zuvor mein Verweis auf Schweden. Die Menschen dort sind in Sachen "Wildnis" viel gelassener, als der durchschnittliche Michel. Dennoch werden trotz größerer Flächen und viel geringerer Besiedlungsdichte dort bereits 400 Wölfe zum Politikum. Der Ansatz dazu ist seit Monaten hier im Landkreis ebenfalls zu beobachten. Die Presse empört sich mehr oder weniger rational. Die Politik ist aufgeschreckt und die Menschen vor Ort machen ihre eigenen Pläne zur Problemlösung. Was sich jetzt bei vielleicht 250 Wölfen in D mit Schwerpunkt im Osten zeigt, wird innerhalb kurzer Zeit mit den Wölfen auch in die alten Bundesländer schwappen. Eine Verfierfachung der aktuellen Wolfspopulation halte ich deshalb für eine Illusion. Dieses Spiel spielen die Menschen vor Ort nicht mit. Neben dem politischen Druck wird dort zunehmend die Eigeninitiative greifen. Die öffentlich gerne als "Wolfshasser" verschrienen Typen sind für die Wölfe ganz sicher das allerkleinste Problem. Mehr Bedeutung für die weitere Entwicklung haben die Menschen, die sich diese ganzen akademischen Diskussionen über Schutzvorschriften, die Definition von Erhaltungszuständen und weit ausholenden Erklärungsansätzen der Ökologie nicht antun, sondern für sich beschließen, dass eigentliche Problem zu lösen. Gegen diese hörbaren bzw. gar nicht artikulierten, aber tatkräftig umgesetzten Widerstände die Wolfspopulation in D auf mehr als 1000 Tiere anwachsen lassen? Warten wir es einfach ab ... ;-)

Viele Grüße

Lars
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