Hallo Benjamin2015.
habe mal diesen Thread aufgegriffen, weil im Beitrag "Normale Wolfssichtung", nach hierhin verlinkt wurde.
Habe alle Beiträge der schon vorhandenen 5 Seiten gelesen und frage mich warum keine der an Dich gerichteten Beiträge,
eine Antwort auf Deine Frage enthält. Es wurden Gegenfragen gestellt etc..
Ach ich werde Dir im Vorfeld keine Antwort in zwei, drei Sätzen geben, aber vielleicht am Ende meines Beitrages
wenn Du sich nicht schon nach dem Lesen des Textes Deine Frage wie von selbst erledigt hat.
Benjamin2015 hat geschrieben: ↑14. Nov 2017, 20:51
Redux hat geschrieben: ↑14. Nov 2017, 20:49
So so und nocheinmal wer behauptet daß die Wölfe im Baltikum scheu und nachtaktiv sind ?
Das haben z.B. die Wolfsexperten Gesa Kluth und Ilka Reinhardt gesagt und geschrieben. Sie haben dies vor allem im Bezug auf die Lausitzer Wölfe gesagt.
LG
Benjamin
Das mit dem benennen der Namen der beiden Wolfsexpertinnen war gut gemeint von Dir. Ich selbst halte sehr viel von den beiden
Wolfsforscherinnen der ersten Stunde und das nicht erst ab dem Jahr 2000, denn Ilka Reinhardt sagte unter anderem, daß sich die
Wölfe schon seit 1996 (im Grenzgebiet der BRD nach Polen hin) tummeln. Auch sonst verdient die Arbeit der Beiden höchstes Lob.
Doch auch Wissenschaftler müssen, bei der Beantwortung von heiklen Fragen, genau abwäägen was sie sagen. Auch bei diesen beiden
Frauen ist dies der Fall, denn in vielen Texten von Wissenschaftlern findet man sinngemäß Worte wie: "kann" und "zur Zeit" oder "wenn, dann nicht ausgeschlossen" etc.. , also keine geradeaus gemachte Aussagen, sondern nicht am Thema vorbei, aber nichts Endgültiges.
Doch bevor es zum eigentlichen Thema geht, noch ein kleiner Hinweis, wo was zur Dämmerungs- und Nachtaktivität der Wölfe steht.
https://deutschewildtierstiftung.de/wildtiere/wolf
Ja es gibt Unterschiede im Verhalten der Wölfe in Bezug auf die Scheu. Wobei ich das Wort Scheu eigentlich so nicht akzeptiere,
und auf meine Beiträge verweise und es eigentlich um Fluchtdistanz geht bzw. wäre es angebrachter von einem Abwehrverhalten zu
sprechen, welches sowohl "Rückzug" und "Angriff" also Fliehen oder Kämpfen, wenn das verständlicher ist. Doch hierzu ist immer eine
Distanz zum Gegenüber oder einer Beute ausschlaggebend. Die Distanz und auch das Abwehrverhalten ist bei den Wölfen individuell.
Deine Frage war zielgerichtet, warum sich die baltischen Wölfe anderst verhalten, als die Wölfe in unserem Land.
Da sind als erstes zu erklären, daß sich zwischen irgend einem Punkt in der Mitte Sachsen bis zum ostpolnischem Dreiländereck mit
Litauen und Weißrussland eine Luftlinie von ca. 770 km befindet, welche als Fahrstrecke dann ca. 960 km sind. Außerdem sind ist die
anthropogen Infrastrukturen sehr unterschiedlich, so auch die Wolfsdichte und die Bevölkerungsdichte, was dann zur Folge hat,
daß es zu wesentlich weniger Wolfssichtungen kommt als z.B. in Sachsen oder in den anderen Wolfs-Bundesländern.
In Bezug auf die Beuteverfügbarkeit, da wird es keine großartigen Unterschiede geben, wohl aber durch die reichliche Besiedlung und
den vielen Ruhestörungen bzw. die ständige Anwesenheit von Menschen, so daß es zu erheblich mehr Wolfsichtungen oder Begegnungen kommt. Die Unterschiede Im Abwehrverhalten ergeben sich also daher, wo ist der Wolf aufgewachsen was wurde ihm vererbt und woran ist er gewöhnt(was hat er erlernt). Hier kann man deutlich erkennen, obwohl gleichen Abstammung, es gibt eine unterschiedliche Verhaltens-
entwicklung. Ich bleibe mal bei nur zwei beispielhaften Verhaltensweisen innnerhalb eines Rudels oder einer Population.
Natürlich gibt es noch viele weitere Unterswchiede dem Verhalten betreffend oder andere Merkmale in Größe und Farbe etc ...,
wodurch sich die Wölfe innerhalb einer Population differenzieren. Hierzu kann ich nur sagen: "Mendel läßt grüssen".
Oder wie es jetzt so schön heißt: "Molekularbiologie/Genetik". Naja, dies nur mal kurz eingestreut und zurück zum Thema.
Was ich meine ist, unterschiedliches, durch Gene ererbtes Verhaltensanlagen ermöglichen die Anpassung an verschiedene Lebensräume
und Ökosysteme. Aber auch die vom Menschen ausgehenden, unterschiedlichen Einflüsse bestimmen das Verhalten des Wolfes,
was bis zur Vermischung/Beimischung von Hunde-Gene in ein Rudel/Population führen kann. Doch hierzu komme ich ein anderes Mal.
Wieder zurück zu meinen zwei Beispiele.
1.) Es ist zum Ersten das Verhalten in nicht gestörten oder zumindest in wenig gestörten Landschaften(Ost-Pole/Baltikum oder so).
Hier hat der Wolf kaum Kontakt zum Menschen oder meidet die Nähe zum Menschen, hier lebt der Wolf in schwer zugänglichem Gebiet,
mit ausreichend Beutetieren und wenig Verkehrswegen. Mit diesem Wolf würde es wenig Konflikte geben(auch wenig Sichtungen).
2.) Zum Zweiten in stark anthropogen beeinflusste Landschaften und deren Störeffekten, welche auch teilweise auf die Beutetiere
einwirken, was bis zu einer vorübergehenden, eingeschränkten Verfügbarkeit führen kann(das Damwild-Rudel bestand aus 70 bis 90
Tieren bevor sich hier Rudel ansiedelten, jetzt sind es nur noch 20 Stück Damwild, die Wölfe verlassen den TÜP über den Zaun und
jagen ausserhalb oder so, so stand es jedenfalls in dem von Dir angeführten Bericht). Hier begibt sich der Wolf in die Nähe zum Menschen
und ernährt sich von Abfällen, Aas und allem Fressbarem, was sich in Menschennähe oder auch im Umland finden läßt.
Wovon Haus-und Weidetiere nicht ausgeschlossen sind. Zu den Abfällen und dem Aas muß ich einräumen, daß bei uns in der BRD eine
gute Abfall-/Restmüllentsorgung und Aasbeseitigung gibt und somit fallen diese beiden Arten der Anfütterung flach.
Aber Rumänien, Bulgarie und ich weiß nicht wo. Naja, ist auch egal, jedenfalls das unter 2. beschriebene Verhalten und die Lebensweise
gleicht einer Synanthropie, denn diese Wölfe haben sich zweifelsfrei an den menschlichen Siedlungsbereich angepaßt.
Wahrscheinlich auch an den Lebensrytmus der Menschen auch, denn es ist alles mehr oder weniger die Habituierung,
welche sich durch oft und regelmäßig wiederholte Tätigkeiten aus dem Alltagsleben der Menschen so ergibt.
Irgendwann hat der Wolf geschnallt, man muß vor dem Menschen keine Flucht ergreifen und er wendet sich demonstrativ noch um,
wenn er gemessenen Schrittes das Weite sucht oder im Unterholz eintaucht. Ja so verhalten sich unsere Wölfe in der BRD.
Die Basis für das Auseinandergehen von 1.) und 2.) ist die Ungleichartigkeit der Population, hinsichtlich genetisch im Voraus bestimmter
Ausprägung der instinktiven Furcht innerhalb des Abwehrverhaltens zum Menschen. Im Allgemeinen auch was der Wolf über den Menschen
in seinem Habitat gelernt hat und an seine Welpen weitergibt.
(Wer Angst hat, hält sich versteckt und läßt sich so wenig wie möglich sehen, deshalb kaum Sichtungen)
Das Abwehrverhalten/Furcht bezieht sich in Ländern, in denen die Wölfe bejagt werden(wie im Baltikum und Weissrussland).
Ich meine, unsere Wölfe aus der ZEP können nicht unterscheiden, ob ein Mensch mit einem Gewehr bewaffnet ist oder nicht.
In den Ländern, wo die Wölfe regelmäßig bejagt werden, da löst ein Gewehrträger eine unterschiedliche Reaktion aus,
denn die können Gewehre erkennen. Die Reaktion der Wölfe ist dem entsprechend, entweder ein sehr seltenes,
aktives Verteidigungsverhalten, aber meistens bleibt es ein passives Abwehrverhalten und der Wolf macht sich davon.
Doch in Zeiten geringer Bestandsregulierung überwiegt hingegen aktives Verteidigungsv erhalten, er demonstriert,
er bleibt stehen und beäugt den Menschen. Das heißt für mich:
"Fehlen Regulierungsmaßnahmen, so werden die aggressiven Anlagen nicht mehr durch die instinktive Furcht kontrolliert".
Ja die vorangegangenen 8 Zeilen hätten nichtz sein müssen, aber Du solltest auch noch diesen Sachverhalt kennenlernen,
denn das ist der Hauptgrund, warum Du auf Deine Frage bis jetzt keine Antwort bekommen hast. Ich bin kein Wolfsgegner,
aber ich versuche noch, so viel es geht über Wölfe zu erfahren und darüber zu schreiben, damit wir das Wissen teilen können.
Der Wolf wird quasi zur SYnanthropie gezwungen,was bleibt ihm auch anderes übrig.
In Sachen Anpassen ist sich der Wolf und der Mensch ziemlich ähnlich.
In dem Sinn, mache Dich weiter schlau.
Grüsse, WT