Wer sollte einen verletzten Wolf erlösen dürfen?

Über freilebende Wölfe in Deutschland.

Wer sollte einen verletzten Wolf erlösen dürfen?

nur Veterinär
6
26%
Polizist (und Veterinär)
7
30%
Jäger (und Veterinär)
1
4%
Polizist und Jäger (und Veterinär)
8
35%
jeder, der als erstes vor Ort ist
1
4%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 23

jurawolf
Beiträge: 967
Registriert: 5. Okt 2010, 23:32

Re: Wer sollte einen verletzten Wolf erlösen dürfen?

Beitrag von jurawolf »

ich habe die vierte antwort ("Polizist und Jäger (und Veterinär)") gewählt. die polizei und die jägerschaft werden zur erlösung von allem möglichen verletztem wild herangezogen. offenbar gelten sie daher als durchaus qualifiziert, zumindest grob die überlebenschancen von einem tier einzuschätzen. wenn sie imstande sind, etwa füchse oder rehe von ihren qualen zu erlösen, sehe ich nicht ein, warum sie dies nicht auch bei wölfen tun dürfen sollen.

ich sehe weder aus tier- noch artenschutzgründen eine notwendigkeit, schwer verletzte wölfe zu bergen, operieren und wieder aufzupäppeln. es wurde schon gesagt, dass es sich bei den paar wenigen anfallenden verletzten wölfen ja nicht gerade um die letzten ihrer art handelt. der erhaltungszustand des wolfes ist weltweit ohnehin günstig und auch die europäischen populationen können verkehrsbedingte ausfälle durchaus verkraften. daher finde ich es allemal besser, ein leidendes tier von seinen qualen zu erlösen, wie man dies bei anderen tieren ebenfalls tut.
timber-der-wolf

Re: Wer sollte einen verletzten Wolf erlösen dürfen?

Beitrag von timber-der-wolf »

Finde den Thread und die Umfrage gut!

Nun, wer mich kennt, der weis, dass ich der Letzte wäre, der einem Wolf ein Härchen krümmen würde. Aber bei allen Emotionen sollte man doch einen klaren Blick für die Realität bewahren.
Hat von den Beführwortern / Schreibern schon mal Jemand einen Unfall mit einem Wildtier gehabt? Ich hatte die bedauerliche "Ehre" in meinem Kraftfahrerdasein bereits 2 Wildschweine, 1 Reh, mehrere Hasen, einen Hund etc. "zu erlegen". Und ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass es keiner besonders großen Fachkenntnis bedarf, um feststellen zu können, ob ein verunfalltes Wildtier nach (offensichtlichen) Knochenbrüchen durch den Zusammenprall, hohem Blutverlust, röchelnd daliegend und nicht mehr flüchten könnend leidet und sich quält.
Hier hat m.E. der grundgesetzlich verankerte Tierschutz in Form des TIERSCHUTZGESETZES die höchste Priorität!
D.h., es ist einfach eine Zumutung ein Tier u.U. stundenlang am Straßenrand leiden zu lassen. Und verunfallte Wölfe leben hier in einer durch Straßen, Schienen, ... zerteilten Kulturlandschaft, und nicht irgendwo in ungestörter Pampa oder den ungestörten Weiten von Kanada / Alaska, wo verletzte Wölfe von Artgenossen (manchmal) betreut werden (wie wir aus Beobachtungen wissen).
Ich bin der Meinung, dass es für den Fall von verunfalltem Wild, dass geschützt ist und nicht dem Jagdrecht unterliegt, allerhöchste Zeit wird, dass klare und eindeutige sowie rechtssichere Festlegungen im Sinne des TIERSCHUTZGESETZES getroffen werden. Keinem Tier dürfen unnütze Leiden und Qualen zugemutet werden.
Und daher habe ich für Polizei (ist in der Regel zu erst am Unfallort) und Veterinär abgestimmt. Da ich vielen Jägern nicht so ganz über den Weg traue (von wegen "Hintertürchen" zum Wolfsabschuß), würde ich ihnen keine generelle Genehmigung zubilligen. Allerdings sollten auch Jäger auf Anordnung eines Polizisten (wenn diese sich nicht sicher sind) oder auf Anordnung eines Veterinärs ein verunfalltes geschütztes Wildtier, hier den Wolf, ohne Rechtsfolgen fürchten zu müssen, erlösen dürfen.
Auf alle Fälle sind klare Reglungen für schnelles Handeln notwendig!
LarsD

Re: Wer sollte einen verletzten Wolf erlösen dürfen?

Beitrag von LarsD »

Hallo Norbert,
timber-der-wolf hat geschrieben: [...] Allerdings sollten auch Jäger auf Anordnung eines Polizisten (wenn diese sich nicht sicher sind) oder auf Anordnung eines Veterinärs ein verunfalltes geschütztes Wildtier, hier den Wolf, ohne Rechtsfolgen fürchten zu müssen, erlösen dürfen.
wirf mal einen Blick in § 13 Abs. 6 des Waffengesetzes. Der letzte Satz ist der Entscheidende. Auch wenn Polizisten oder auch Veterinäre vor dem Jäger Kopfstände machen ... erschießt der Jäger einen schwer verletzten Wolf am Straßenrand, hat er bei der gegenwärtigen Rechtslage einfach nur verloren. Während man sich mit einer Anzeige gegen einen Polizisten wegen der gleichen "Tat" im Lager der Wolfsfreunde vielleicht noch zurückhalten wird, darf ein Jäger wohl ganz sicher mit einer Anzeige rechnen. Es gehört schlicht nicht zu den Aufgaben der Jägerschaft, im Straßenverkehr schwer verletzte Exemplare streng geschützer Arten ins Jenseits zu befördern. Deshalb ist die Jägerschaft gut beraten, sich diesen Schuh in Sachen Wolf gar nicht erst anzuziehen. Bei einem Unfall mit einem Wolf hat die Polizei am Unfallort zu erscheinen. Sofern es dann notwendig ist, reicht eine Dienstwaffe der Marke Walther vollkommen aus, um einen Wolf zu erlösen. Voraussetzung ist allerdings auch für den Polizisten besagte artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung.

Viele Grüße

Lars
timber-der-wolf

Re: Wer sollte einen verletzten Wolf erlösen dürfen?

Beitrag von timber-der-wolf »

LarsD hat geschrieben:Hallo Norbert,
timber-der-wolf hat geschrieben: [...] Allerdings sollten auch Jäger auf Anordnung eines Polizisten (wenn diese sich nicht sicher sind) oder auf Anordnung eines Veterinärs ein verunfalltes geschütztes Wildtier, hier den Wolf, ohne Rechtsfolgen fürchten zu müssen, erlösen dürfen.
wirf mal einen Blick in § 13 Abs. 6 des Waffengesetzes. Der letzte Satz ist der Entscheidende.
Hallo Lars,
deshalb schrieb ich ja, "Auf alle Fälle sind klare Reglungen für schnelles Handeln notwendig!" Und darunter verstehe ich selbstverständlich, dass alle betroffenen Gesetze, Verordnungen etc. entsprechend aufeinander abgestimmt und geändert werden müssen!
Es kann doch nicht sein, dass sich (sicher gut gemeinte) Gesetze widersprechen, und im Falle das Tierschutzes sogar völlig widersprüchlich sind. Warum soll ein Wolf o.a. geschütztes Tier einem stundenlangen Märtyrium ausgesetzt werden, bis notwendige Entscheidungen getroffen werden, und andererseits wird ein Reh / Hirsch / Wildschwein sofort von seinen Leiden erlöst? Das ist für mich schizophren und ha t nichts mit dem Schutz des Wolfes o.a. geschützter Tiere zu tun.
LarsD hat geschrieben:Auch wenn Polizisten oder auch Veterinäre vor dem Jäger Kopfstände machen ... erschießt der Jäger einen schwer verletzten Wolf am Straßenrand, hat er bei der gegenwärtigen Rechtslage einfach nur verloren.
Zu Recht handelt ein Jäger zzt. auf Grund der widersprüchlichen Rechtslage so, dass er den Wolf nicht erschießt. Aber deshalb muß ich das nicht gut heißen. Und die Jäger haben in diesem Fall mit ihrer Kritik und dem Hinweis auf das Tierschutzgesetz Recht.
LarsD hat geschrieben:Es gehört schlicht nicht zu den Aufgaben der Jägerschaft, im Straßenverkehr schwer verletzte Exemplare streng geschützer Arten ins Jenseits zu befördern. Deshalb ist die Jägerschaft gut beraten, sich diesen Schuh in Sachen Wolf gar nicht erst anzuziehen.
Und warum reißen sich die Jäger (zumindest einige) in Foren, Presseartikeln etc. darum, dass der Wolf ins Jagdrecht kommt? Auch dann dürften sie den Wolf nach geltender Rechtslage nicht erlösen.
Das Problem ist m.E. komplexer und muß komplex gelöst werden, sprich alle tangierenden und sich widersprechenden Gesetze gehören auf den Prüfstand - so zumindest sehe ich das.
LarsD

Re: Wer sollte einen verletzten Wolf erlösen dürfen?

Beitrag von LarsD »

Hallo Norbert,
timber-der-wolf hat geschrieben: [...] Und warum reißen sich die Jäger (zumindest einige) in Foren, Presseartikeln etc. darum, dass der Wolf ins Jagdrecht kommt? Auch dann dürften sie den Wolf nach geltender Rechtslage nicht erlösen.


ich glaube nicht, dass diese Forderung aufgemacht wird, um imStraßenverkehr schwer verletzte Wölfe erlösen zu können. Hintergrund dürften da eher ein gewisses Mißtrauen gegenüber dem gegenwärtigen "Wolfsmanagement" und Überlegungen zu einer in Zukunft sicherlich notwendigen Regulierung der Wolfspopulation spielen.

Dennoch wäre mit einer Unterstellung des Wolfes unter das Jagdrecht über den § 22a BJagdG auch das Erlösen eines schwer verletzten Wolfes wahrscheinlich ein gutes Stück einfacher. Wie sich dieser § 22a BJagdG gegenüber den Bestimmungen des § 44 BNatSchG darstellen lässt, sollten allerdings zuvor Juristen klären. Im Moment dürfte sich allerdings zumindest in Brandenburg alles darum drehen, wie man Polizisten für den Ernstfall ermächtigen kann, dem Leiden eines verletzten Wolfes ein Ende zu bereiten.

Viele Grüße

Lars
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Upstalsboom
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Re: Wolf überfahren

Beitrag von Upstalsboom »

Grauer Wolf hat geschrieben: 20. Mär 2011, 10:56 Ich habe "nur Veterinär" angekreuzt...
(...) Wer Tierarzt ist, dem sollte "Leben bewahren, heilen und helfen" Lebensinhalt sein, nicht Geldscheffeln, und nach meinen (positiven) Erfahrungen trifft das für viele Tierärzte zu...
Das ist auch meine Praxiserfahrung (zwei Tierärzte in der Familie, mehrere Tierärzte im Bekannten- und Freundeskreis).
Davon scheffelt übrigens keiner Geld. Es ist ein weitverbreiteter Irrtum anzunehmen, das Tierärzte zu den Spitzenverdienern
In Deutschland gehören. Ein nicht geringer Teil von ihnen betreibt den Beruf aus Idealismus für einen Hungerlohn, so er sich nicht im öffentlichen Dienst befindet.
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Dr_R.Goatcabin
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Re: Wer sollte einen verletzten Wolf erlösen dürfen?

Beitrag von Dr_R.Goatcabin »

Guber, 2012; Das Verhältnis von Tier- und Artenschutz – Rechtfertigung von leidensverkürzenden Maßnahmen bei tödlich verletzen Tieren streng geschützter Arten. Natur und Recht. Volume 34, Issue 9, pp 623–627.
https://link.springer.com/article/10.10 ... 012-2325-x

Zusammenfassung: Das Landgericht Lüneburg hat am 23.11.2010 im Berufungsverfahren die Verurteilung eines Jägers zur Zahlung einer Geldstrafe bestätigt. Die Revision des angeklagten Jägers wurde vom OLG Celle am 23.5.2011 als unbegründet verworfen. Der Jäger hat einen schwer verletzten Wolf, der objektiv nicht mehr zu retten war, zur Vermeidung weiterer Leiden töten wollen. Die Gerichte haben ihre Entscheidungen damit begründet, dass das Artenschutzrecht, welches beim Wolf als streng geschützte Art anzuwenden ist, Vorrang vor dem Tierschutzrecht hat. Eine Rechtfertigung in Form der tierschutzrechtlich gebotenen Leidensbeendigung kommt nach den Begründungen des LG und des OLG nicht in Frage, da der Artenschutz Vorrang vor dem Tierschutz habe. Ein solches Vorrangverhältnis ist dem Artenschutzrecht jedoch nicht zu entnehmen. Die maßgebliche gesetzliche Regelung des §37 Abs. 2 S. 2 BNatschG nach der das Tierschutzrecht unberührt bleibt, macht es erforderlich, das Verhältnis von Tier- und Artenschutz aufzuzeigen und darzustellen, dass die Tötung auch von Tieren streng geschützter Arten tierschutzrechtlich gerechtfertigt sein kann, im Fall des LG Lüneburg gerechtfertigt war.

.. Nur der kleine Artikel zur letzt festgestellten Rechtslage.
"Though this be madness, yet there is method in 't ..."
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SammysHP
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Re: Wer sollte einen verletzten Wolf erlösen dürfen?

Beitrag von SammysHP »

Ich finde es seltsam, dass sich der Autor auf diesen Vorfall bezieht, da der Wolf vor dem Schuss noch völlig überlebensfähig war. Erst durch den selbst abgegebenen Schuss wurde das Tier lebensgefährlich verletzt und erst Stunden später durch einen weiteren Schuss getötet.
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Nina
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Re: Wer sollte einen verletzten Wolf erlösen dürfen?

Beitrag von Nina »

Laut Wikipedia ist die Zeitschrift "Natur und Recht" eine vom Springer-Verlag herausgegebene Zeitschrift.¹

Der Autor, der beim Landesjagdverband Berlin als Beisitzer für Rechtsangelegenheiten und als Justiziar des Landesjagdverbandes² aufgeführt ist, kritisiert die Entscheidungen des Landgerichts Lüneburg und des Oberlandesgerichts Celle, nach denen das Artenschutzrecht Vorrang vor dem Tierschutzrecht haben soll.

Dass ausgerechnet "Tierschutz"-Aspekte aus Jagdkreisen angeführt werden, um die Tötung von Wölfen zu rechtfertigen, mutet seltsam an. Gerade die umstrittene Bejagung von kleineren Beutegreifern³, die Ausbildung der Jagdhunde an vorsätzlich flugunfähig gemachten Enten⁴ etc., lassen erhebliche Zweifel daran aufkommen, dass es den Jagdkreisen vorranglich um Tierschutzaspekte ginge. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat dem Bestreben des Landesjagdverbands Nordrhein-Westfalen 2015 eine gerichtliche Absage erteilt, das Land Nordrhein-Westfalen zu einer Anerkennung des Landesjagdverbandes als "Tierschutzverein" gerichtlich zu zwingen.⁵


¹ https://de.wikipedia.org/wiki/Natur_und_Recht

² https://ljv-berlin.de/ueber-uns/article ... n-e-v.html

³ https://www.lz.de/lippe/kreis_lippe/218 ... Fuchs.html

https://www.stuttgarter-nachrichten.de/ ... 2a9b0.html

https://www.derwesten.de/politik/urteil ... 88698.html
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SammysHP
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Re: Wer sollte einen verletzten Wolf erlösen dürfen?

Beitrag von SammysHP »

Nina hat geschrieben: 8. Aug 2018, 17:09 Laut Wikipedia ist die Zeitschrift "Natur und Recht" eine vom Springer-Verlag herausgegebene Zeitschrift.¹
Bitte nicht mit dem Axel Springer Verlag verwechseln, der z.B. die BILD heraus gibt. ;)
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