Berufungsverhandlung Wolfsabschuss Gedelitz Dezember 2007

Über freilebende Wölfe in Deutschland.
nuno22
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Berufungsverhandlung Wolfsabschuss Gedelitz Dezember 2007

Beitrag von nuno22 »

Ich hoffe, das läuft hier nicht schon woanders und ich habe es übersehen.

Christian Berge Ich bin gerade zurück aus Lüneburg. Das Urteil wird erst am 23.11.2010 verkündet. Dann werden auch die Plädoyers gehalten. Heute wurde der Angeklagte gehört, 4 Zeugen, 6 Sachverständige. In Kurzen Worten, der heute Angeklagte ist eigentlich nur das Bauernopfer. Der Wolf wurde von einem Jäger an der Pfote angeschossen, ...tauchte dann kurz danach vor den Flinten des heute Angeklagten und Herrn H. auf. Herr H. schoss dem Wolf in den Rücken und durchschoss mit 700m/sek die Wirbelsäule, dass der Wolf querschnittsgelähmt war. Der Angeklagte wartete dann 5 min und gab dann den Fangschuss.

Christian Berge Er war Schlachter von Beruf und ihm war anhand des Bewegunsablaufs klar, dass der Wolf nicht mehr gesund werden würde. Der Sachverständige der TiHo hat das bestätigt. Dann mussten sie noch 3,5 Stunden warten, bis zu dem Wolf konnten. Der le...bte noch und Herr H. hat ihn dann mit 2 Schüssen aus der Nähe "erlöst". Beide haben angegeben, dass der Wolf humpelnd ankam, was so auch von dem Polizeibeamten nach der Spurensicherung bestätigt wurde. Der Angeklagte hätte nicht auf den Wolf geschossen, weil er wusste, er durfte nicht. Der Fangschuss geschah aus Tierschutzgründen, um ihn zu erlösen. Der Hauptschütze hat Krebs und ist wohl auf Dauer verhandlungsunfähig.

2 Zeugen hatten den Wolf unmittelbar zuvor gesehen, allerdings mit einem Abstand von gut 3 bzw 2 km. Sie hörten den Schuss, der wohl die Pfote traf. Es waren in 3 Revieren zur gleichen Zeit Gesellschaftsjagden...

Christian Berge Eins wurde aber bei diesem Verfahren sehr deutlich, die Jäger wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten. Keiner wusste es so genau. Im Verfahren zeigte sich auch, wie wenig das Gericht und alle Beteiligten über Wölfe generell wissen. De...r Jagdleiter hat es m.E. sehr treffend formuliert, die Untere Naturschutzbehörde wusste, dass bei uns ein Wolf ist und hat uns nicht informiert. Keiner von uns wollte den Wolf wirklich schießen. Der erste Zeuge, der den Wolf 3 km entfernt als erster gesehen hatte, wurde nach Anruf beim Jagdleiter noch ausgelacht, weil er nicht glauben konnte, dass ein Wolf im Revier ist. Das haben beide sehr anschaulich vor Gericht ausgesagt. Das bestätigt mich einmal mehr, dass man nicht warten darf, bis sog. C 1 Beweise da sind, um der Bevölkerung mitzuteilen, dass Wölfe da sind bzw. da sein können oder bald kommen! Hätte man das hier getan, dann wäre der Wolf mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch am Leben! Ich erinnere, der Referatsleiter Naturschutz des Umweltministeriums Niedersachsen hat vor laufenden Kameras am 30.09.2010 geagt, dass es in Niedersachsen "BEstände" von Wölfen gibt! Plural. Selbst der Begriff Bestand bedeutet mehrerer! Für meinen Geschmack ist Politik und das Ministerium nun dringend aufgefordert, mehr über Wölfe in Niedersachsen zu informieren. Und die Jäger müssen richtig intensiv arbeiten. Das war eine einzige Katastrophe was die 3 Zeugen da von sich gaben, alle jahrzehntelange erfahrene Jäger!
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SammysHP
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Re: Berufungsverhandlung Wolfsabschuss Gedelitz Dezember 200

Beitrag von SammysHP »

Doch, hier von dir selbst erstellt. :D
http://wolf-forum.de/viewtopic.php?f=9&t=92

Dort findet man auch meinen Bericht.

Aber lass uns mal lieber hier weiter machen.


PS: Was macht denn dein Name vor jedem Absatz?

//edit: Ahh, gesehen, du hast das von Facebook kopiert.

Mir ist noch was eingefallen. Herr W. meinte ja, dass nicht er die letzten beiden tödlichen Schüsse aus kurzer Distanz abgegeben hätte, sondern Herr H., weil er seine Waffe zuvor abgestellt habe. Darf man eine Waffe einfach so irgendwo hinstellen?
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Ash
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Re: Berufungsverhandlung Wolfsabschuss Gedelitz Dezember 200

Beitrag von Ash »

Gesichert und ENTLADEN sehe ich da kein Problem, sie irgendwo sicher hinzustellen oder -hängen. Das basiert aber nur aus jahrelangem Beobachten der Praxis und GMV, rechtlich weiß ich es nicht sicher.
timber-der-wolf

Re: Berufungsverhandlung Wolfsabschuss Gedelitz Dezember 200

Beitrag von timber-der-wolf »

Ash hat geschrieben:Gesichert und ENTLADEN sehe ich da kein Problem, sie irgendwo sicher hinzustellen oder -hängen.
Das ist generell verboten!
Eine Waffe muß, wenn sie nicht zur Sport- und Jagdausübung "GEFÜHRT" wird (also Waffe am Mann / Frau) grundsäzlich vor Zugriff durch Unbefugte / Fremde in geeigneten Behältnissen verschlossen und zugriffssicher verwahrt werden. Unbefugt ist in dem Fall jede Person, die nicht auf der Waffenbesitzkarte eingetragen ist, bzw. die nicht selbst eine Waffenbesitzkarte zur Sport- und Jagdausübung besitzt.
Selbst der Ehepartner ist unbefugt, die Waffe des Partners, der zum Waffenbesitz berechtigt ist, an sich zunehmen (bis auf ganz wenige, gesetzlich geregelte Ausnahmen).
Der geschilderte Sachverhalt, die Waffe abgestellt, erfüllt weder den Tatbestand der FÜHRUNG der Waffe, noch der sicheren VERWAHRUNG der Waffe oder der Übergabe der Waffe an einen Berechtigten.
Dieser Verstoß gegen das Waffengesetz wäre, wenn so vor Gericht tatsächlich so ausgesagt und protokolliert, von Amts wegen durch die zuständige Erlaubnisbehörde (Ordnungsamt / Polizei - je nach Bundesland) zu prüfen und gegebenenfalls entsprechend den rechtlichen Vorschriften zu ahnden.

Aber die Jägerlein sind halt eine besondere Art, da wird leider viel zu oft ein Auge zugedrückt.
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Ash
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Re: Berufungsverhandlung Wolfsabschuss Gedelitz Dezember 200

Beitrag von Ash »

Ich gehe davon aus, dass wir hier von einem kurzfristigen Abstellen der Waffe im Kreise anderer Waffenscheininhaber irgendwo in der Pampa fernab anderer Menschen für einige Minuten ein paar Meter entfernt sprechen, während der Waffenbesitzer das Auto belädt, einen heißen Kaffee trinkt oder in die Büsche pieselt... meinetwegen mag das rechtlich verwerflich sein, eine Gefährdung sehe ich da aber nicht, solange die Waffe entladen ist. Das hat auch nichts mit "Auge zudrücken" zu tun. Das man so etwas nicht in der Kneipe an der Garderobe stehenlässt, ist wohl selbstredend.
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Ash
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Re: Berufungsverhandlung Wolfsabschuss Gedelitz Dezember 200

Beitrag von Ash »

Hier der Link zum heutigen Bericht in der Landeszeitung für Lüneburg: http://www.landeszeitung.de/lokales/lue ... -erloesen/
Bisher auch noch keine Kommentare.
timber-der-wolf

Re: Berufungsverhandlung Wolfsabschuss Gedelitz Dezember 200

Beitrag von timber-der-wolf »

Ash hat geschrieben:Ich gehe davon aus, dass wir hier von einem kurzfristigen Abstellen der Waffe im Kreise anderer Waffenscheininhaber irgendwo in der Pampa fernab anderer Menschen ...
Zum Ersten, Du scheinst noch nie bei einer "Gesellschaftsjagd" bzw. "Treibjagd" dabei gewesen zu sein, oder?
Denn sonst wüßtest Du, dass da genug Volk rum "kreucht und fleucht", das nur als "Handlanger / Helfer" der Jäger anzusehen ist (Treiber, Interessenten, Gäste, ...) - also keine "Jagd- und Waffeninhaberberechtigten".
Die beschriebene Handlungsweise verstößt klar und eindeutig gegen das geltende Waffengesetz. (Ein Blick ins Gesetz bringt die "Erleuchtung" ;-) ).

Zweitens sollte man hier nicht die Termini Waffenschein (WS) und Waffenbesitzkarte (WBK) durcheinander bringen!
Die WBK berechtigt lediglich zum Besitz von Waffe(n) und Munition. Sie ist die Voraussetzung, das Sportschützen Waffe(n) und Munition erwerben dürfen, und diese getrennt in entsprechenden Behältnissen zum genehmigten Schießstand transportieren dürfen.
Ein FÜHREN der Waffen (bei sich haben) außerhalb der eigenen Wohnung / Grundstück und außerhalb des Schießplatzes ist den WBK-Inhabern nicht gestattet. Als FÜHREN einer Waffe gilt auch "das bei sich haben" einer entladenen und gesicherten Waffe!!!
Gleiches gilt prinzipiell auch für Jäger. Nur das diese auf Grund ihrer Jagderlaubnis / Jagdscheines die Waffe im Revier auch tatsächlich FÜHREN dürfen.

Ein WS hingegen berechtigt zum FÜHREN der Waffe(n) in der Öffentlichkeit, sprich außerhalb der eigenen Wohnung / Grundstück. Dieses genehmigte FÜHREN bedeutet nicht gleich, dass der Inhaber eines WS, der eine Waffe in der Öffentlichkeit führt, auch die Waffe tatsächlich besitzen darf! Einen WS erhalten i.d.R. Mitarbeiter, deren Arbeitgeber / Dienstherr berechtigt Waffen besitzen darf bzw. Kraft gesetzes besitzt.
Privatpersonen bekommen einen WS im Prinzip (fast) nie, weil dazu ein entsprechendes Bedürfnis nachzuweisen wäre. Dieses Bedürfnis stellt wesentlich höhere Anforderungen, als es für Sportschützen und Jäger gefordert wird. "Ottonormalbürger" wird dieses Bedürfnis regelmäßig durch die Erlaubnisbehörde negativ beschieden / versagt.
Einen WS erhalten z.B. Sicherheitsunternehmen für ihre besonders gefährdeten Mitarbeiter (z.B. für Geldtransporte), vereinzelt private Personenschützer, die in der Öffentlichkeit stehende hervorgehobene Menschen schützen - und das wars dann wohl schon.
Zu ergänzen wäre noch, dass ein WS immer zeitlich befristet ist.

Leider werden die Begriffe WS und WBK in den Medien immer, immer wieder durcheinandergebracht. Das führt dann oft dazu, dass nicht sachkundige Menschen den tatsächlichen Umgang mit Waffen durch Berechtigte Inhaber völlig falsch einschätzen.

P.S.:
Ich habe fast 15 Jahre nach der Wende Jäger und Sportschützen in Theorie und Praxis bzgl. Waffenrecht und praktischen Umgang mit der Waffe (Sachkundenachweis) ausgebildet, und war in gleicher Zeit Schießleiter auf einem Jagd- und Sportschützenschießstand.
Daher brauch mir auch niemand erzählen, was die Jäger beim "Grünen Abitur" wirklich lernen, und wie sie "ticken" - vor allem wenn die Zunge nach ein, zwei,... Bierchen nach dem Schießen gelöst war :x
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Ash
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Re: Berufungsverhandlung Wolfsabschuss Gedelitz Dezember 200

Beitrag von Ash »

timber-der-wolf hat geschrieben:Zum Ersten, Du scheinst noch nie bei einer "Gesellschaftsjagd" bzw. "Treibjagd" dabei gewesen zu sein, oder?
Denn sonst wüßtest Du, dass da genug Volk rum "kreucht und fleucht", das nur als "Handlanger / Helfer" der Jäger anzusehen ist (Treiber, Interessenten, Gäste, ...) - also keine "Jagd- und Waffeninhaberberechtigten".
Die beschriebene Handlungsweise verstößt klar und eindeutig gegen das geltende Waffengesetz. (Ein Blick ins Gesetz bringt die "Erleuchtung" ;-) ).
Doch, war ich, mehrfach. Aber das waren keine Massenaufläufe und Schickimicki-Treffen, sondern kleinere Jagden in überschaubarem Kreis, wo jeder jeden kennt und keine Gäste herumkrauchen. Auch die Treiber wussten, was sie dürfen und was nicht. Scheint da Unterschiede zu geben. Wieder kann ich nur vor Pauschalisierungen warnen. Ist aber gut möglich, dass Herr W. seine Waffe nicht ins verschlossene Auto getan hat, sondern am Fuß der Kanzel oder sonstwo, aber ehrlich gesagt geht es doch darum hier nun gar nicht? Der Wolf starb ja nicht, weil jemand Herrn W. seine unbeaufsichtigte Waffe gemopst hat...
nuno22
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Re: Berufungsverhandlung Wolfsabschuss Gedelitz Dezember 200

Beitrag von nuno22 »

Sammy, der gute Herr W. ist erst 54 Jahre, schau mal auf http://www.landgericht-lueneburg.nieder ... _psmand=56 Er ist Frührentner. Er hat also mit 51 Jahren, weil 2007, den Jagdschein gemacht. Aussehen sieht er aber wie 73!

In der Tat wird es nun schwierig für den Angeklagten, weil der Schusssachverständige ganz klar gesagt hat, dass kein Mensch auch nicht mit einem starken Fernglas einen Schuss mit 700m/s sehen kann, wenn er die Wirbelsäule durchschlägt. Der Angeklagte sagte, dass er aus seiner Erfahrung als Schlachter so etwas gesehen habe, wenn die Kreissäge z.B. die Keulen bei Kühen abgetrennt habe. Man muss aber kein Mathematiker sein, um zu wissen, dass das etwas ganz anderes ist. Er kann höchstens argumentieren, dass er halt den Einschuss gesehen hat und der Wolf ist hinten auch gleich zusammen gebrochen und kam nicht mehr hoch. Das hat der Sachverständige der TiHo (ja er ist Pathologe von der TiHo) so auch geschildert.

Denn wenn der Angeklagte das nicht beurteilen konnte, dann hätte er keinen Fangschuss abgeben dürfen. Mir ging es genauso wie Sammy, dass ich es schrecklich fand, wie das alles in den Einzelheiten beschrieben wurde... Ich hätte so ein Tier nicht töten können. Wenn ich mal ne Katze schwer verletzt im Straßenseitenraum gesehen habe, musste ich auch immer den Revierinhaber rufen. No way. Tiere auch wenn schwer verletzt, bekomme ich nicht hin.

Interessant war noch, dass die Jäger ausführten, dass sie Hunde auch nicht hätten schießen dürfen!!!!

Es war der Jagdleiter, der davon sprach, dass man in Schweden und Polen ja Wölfe schießen dürfe. Er wollte einfach nur polemisch sein.

23.11.2010, 9.15 Uhr geht es weiter.
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SammysHP
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Re: Berufungsverhandlung Wolfsabschuss Gedelitz Dezember 200

Beitrag von SammysHP »

Beim Alter hatte ich mich wohl vertan.

Es ging mir gar nicht so sehr um die Beurteilung der Situation (mag ja sein, dass er erkannt hatte, dass der Wolf nicht überlebensfähig war), sondern darum, dass er es sich zutraute, den Schuss abzugeben. Ich bin noch jung, aber wenn man mit über 50 Jahren Jäger wurde, dies erst seit kurzer Zeit war und sich dann zutraut, auf 75 m Entfernung eine Fläche von 15x15 cm (mittig den Kopf) zu treffen, frage ich mich, ob man wirklich schon so zielsicher ist. Die Situation war ja auch kein Training, wenn sich vor einem ein Wolf quält, ist man bestimmt aufgeregt und angespannt.

Ich würde mir so einen Schuss jedenfalls nicht zutrauen. Ein Jäger wird wohl eine Warnweste oder ähnliches dabei haben. Da würde ich es riskieren, die Kanzel zu verlassen und mich dem Wolf auf einige Meter nähern (vor allem, weil ja offensichtlich war, dass er sich nicht mehr auf größere Distanz wehren konnte).
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