Wölfe und Hunde

Themen, die den Wolf im Allgemeinen betreffen.
Lutra
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Wölfe und Hunde

Beitrag von Lutra »

Schon oft gab es Diskussionen, warum sich die Wölfe wohl zuerst auf Truppenübungsplätzen ansiedeln.
Ich möchte da mal folgende Überlegungen in den Raum stellen:
Der Mensch ist für den Wolf eine andere Tierart, als Nahrung so ziemlich uninteressant, ansonsten, da recht groß, laut und lästig eher mit Vorsicht zu genießen, man weicht ihm aus und geht ihm möglichst aus dem Weg.
Wie ist es mit Hunden? Die sind Canis Lupus wie er selbst. Die markieren bei jeder Gelegenheit (Es wurde in der Lausitz beobachtet, dass der Wolf die Pinkelstellen der Hunde regelmäßig aufsucht und überschreibt). In Wald und Flur werden mehr oder weniger regelmäßig Hunde ausgeführt, auf Truppenübungsplätzen eher weniger.
Sind Hunde generell nicht viel eher stressig für die Wölfe als Menschen, wenn es an jeder Ecke nach Eindringling riecht und doch kaum mal einer zu packen ist? Hat man da die nötige Ruhe für die Aufzucht von Nachwuchs?
Nur mal so eine Idee von mir ohne Hintergrund von wissenschaftlichen Untersuchungen...
balin
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Re: Wölfe und Hunde

Beitrag von balin »

Über die Reichweite des Hundegehens muß jeder seine eigenen Beobachtungen machen. Da, wo ich aber regelmäßig zuschauen kann, beschränkt sich das auf drei oder vier Feldwege, die vom Siedlungsgebiet ins Freie führen und endet dann nach etwa 5oo Metern. Das liegt wohl vor allem an den Menschen an der Leine. Zuviel Zeit haben die nicht und viele können auch nicht weiter. Der Fall, daß einer wirklich über Land geht ist äusserst selten. Dann gibt es noch die Parkmöglichkeiten ausserhalb, aber da ist es das gleiche Spiel entlang des Weges. Ich denke, der Duftgürtel um die Dörfer und Städte ist für Wölfe doch recht abschätzbar.
Hier ist allerdings etwas anderes wie Ballungsraum. Da mag das anders sein. ;-)
Naturfuehrer
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Re: Wölfe und Hunde

Beitrag von Naturfuehrer »

Im Eingangspost wird angenommen, dass Wölfe Hunde grundsätzlich als Eindringlinge bewerten. Wahrscheinlich ist das in vielen Fällen auch der Fall, es gibt wohl aber auch alternative Wahrnehmungen: Als leichte Beute, als potenzieller Sexualpartner... von daher scheint es mir etwas kurz gesprungen, von der Wahrnehmung "Hund ist hier" grundsätzlich auf Stressreaktionen zu schließen. Aber vielleicht such' ich hier ja auch das Haar in der Argumentensuppe... ;-)

Interessanter fände ich die Frage, ob Wölfe nicht

a) olfaktorisch sehr klar unterscheiden können, was wirklich innerartlich ist und was nicht und

b) womöglich lernfähig genug sind, um Hundemarken als "egal" einzustufen.

Fragt sich, ob das Thema überhaupt jemals (empirisch) entschieden werden kann oder ob wir hier nicht einfach nur herumspekulieren.
ACHTUNG: Jäger! :shock:
balin
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Re: Wölfe und Hunde

Beitrag von balin »

Das ist keine Lapalie und man wird sich Gedanken dazu machen(müssen). Sechs Millionen Hunde in Deutschland und zwischen 100 und 200 Wölfe dazu, und die Wölfe finden sich untereinander in diesem Gemenge. Noch schlimmer ist ja das Beispiel Italien. Unter den vielen streunenden Hunden haben sich die Wölfe selbst bewahrt.Den Selbstschutz könnten wir ihnen überhaupt nicht liefern. Sie müssen also sehr wohl zwischen tauglicher Genetik und Dekadenz unterscheiden können.
In der Anfangszeit der Hunde mag das anders gewesen sein, aber die Schranke muß inzwischen doch schon einigermaßen hoch sein.
Grauer Wolf

Re: Wölfe und Hunde

Beitrag von Grauer Wolf »

balin hat geschrieben:Der Fall, daß einer wirklich über Land geht ist äusserst selten....Ich denke, der Duftgürtel um die Dörfer und Städte ist für Wölfe doch recht abschätzbar.
Sehe ich auch so. Hundefreunde, die mit ihren Hunden täglich mehrere Kilometer laufen, sind eher selten.
Naturfuehrer hat geschrieben:Im Eingangspost wird angenommen, dass Wölfe Hunde grundsätzlich als Eindringlinge bewerten.
Das "grundsätzlich" würde ich infrage stellen. Kein Wolf ist wie der andere. Wo der eine vielleicht ausgesprochen sauer auf Eindringlinge reagiert, mag ein anderer Wolf ausgesprochen tolerant sein und nach dem Motto leben "Nur net aufregen. Das schadet der Gesundheit.)
Naturfuehrer hat geschrieben:Interessanter fände ich die Frage, ob Wölfe nicht

a) olfaktorisch sehr klar unterscheiden können, was wirklich innerartlich ist und was nicht und

b) womöglich lernfähig genug sind, um Hundemarken als "egal" einzustufen.

Fragt sich, ob das Thema überhaupt jemals (empirisch) entschieden werden kann oder ob wir hier nicht einfach nur herumspekulieren.
Zu a): Sowieso! Wobei Wolf und Hund ja prinzipiell die gleiche Art darstellen: Beide sind Canis lupus ssp...
Zu b): Siehe meine Bemerkung oben. Ich denke, daß ist eher ein individuelles Merkmal.

Je urtümlicher eine Hunderasse ist, desto besser wird die Kommunikation bei Wolfsbegegnungen funktionieren. Ein Pudel mit klassischer Schur oder gar eine "Kuschelratte" ist überhaupt nicht in der Lage, die arteigene Körpersprache lupenrein rüberzubringen, ein Nordland-Hund oder TWH dagegen sehr wohl. Auch dürfte es Unterschiede geben zwischen Hunden, die einzeln gehalten werden und solchen, die im Rudel leben und so die ganze Palette innerartlicher Kommunikation von der Pike auf lernten. Letzteres beobachte ich bei meinen eigenen Hunden, die subtil kommunizieren, aber von so manchem anderen (Einzel-)Hund nicht verstanden werden. Denen traue ich auch zu, die Signale eines Wolfes richtig zu deuten. Bei der Interaktion zwischen Wolf und Hund könnte m.E. sogar die Art der Fütterung des Hundes eine Rolle spielen. Ein Hund, der (um mal ein Extrem zu wählen) vegetarisch ernährt wird (doch, das gibt es! :x ), riecht völlig anders als einer, der wie ein Beutegreifer ernährt wird und der auch weiß, wie man seine Zähne benutzt...
Beweisen läßt sich das natürlich kaum, denn wer stellt schon seinen Hund für solche Experimente zur Verfügung... Ich habe aber schon Berichte darüber gelesen, daß manche Zwerghunde, die nur irgendwelche denaturierte Nobelfreßchen kriegen, von "normalen" Hunden gar nicht mehr als Artgenossen erkannt werden...
Über diese Thematik ließe sich lange diskutieren. Im Grunde kann man nur Beobachtungen und Vorfälle zusammentragen, versuchen, die Begleitumstände bis hin zu Fütterungsgewohnheiten, Hormonstatus, Einzel- oder Rudelhund etc. zu analsysieren, und schauen, ob sich da Korrelationen ergeben...

Gruß
Wolf
Naturfuehrer
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Re: Wölfe und Hunde

Beitrag von Naturfuehrer »

@Grauer Wolf - so sehe ich das eigentlich auch. Wölfe sind sicherlich sehr individuell "drauf". Hunde ja ebenfalls, und auch in Bezug auf Wölfe, wie man hört. Die Geschichte läuft wohl auch andersherum individuell verschieden.

Dazu kommt noch, dass bestimmte Duftsignale über Artgrenzen hinaus gut verstanden werden. Ich weiß von einem Jäger mit läufiger Hündin, der in der Ranzzeit von Fuchsrüden "verfolgt" wurde. Und Füchse riechen nun sogar für meine Nase ziiiieeemlich anders als Hunde. Umgekehrt markiert meine Hündin auf jedes Stück Fuchslosung, das ihr unterkommt... eine direkte Begegnung mit dem Verursacher dürfte aber trotzdem dessen letzte gewesen sein.

Ich vermute schon, dass es bei vielen Wölfen Gewöhnungseffekte geben dürfte. Wer sich in der Hoffnung auf leichte Beute vom Geballer einer Drückjagd nicht abschrecken sondern eher anlocken lässt, 5 Meter vor den Schützenständen rumtanzt und sich von einem (von Jägern) erlegten Stück nichtmal durch Anschreien vertreiben lässt, den dürfte so'n bisschen Hundegeruch wohl kaum abschrecken. Wölfe sind halt ausgesprochen lernfähig.

P.S.: Sorry, mit "grundsätzlich" in meinem Post meinte ich nicht "zu 100 Prozent" sondern "...im Grundsatz...". Hab' mich wohl unklar ausgedrückt.

NF
ACHTUNG: Jäger! :shock:
Grauer Wolf

Re: Wölfe und Hunde

Beitrag von Grauer Wolf »

Naturfuehrer hat geschrieben:Dazu kommt noch, dass bestimmte Duftsignale über Artgrenzen hinaus gut verstanden werden. Ich weiß von einem Jäger mit läufiger Hündin, der in der Ranzzeit von Fuchsrüden "verfolgt" wurde. Und Füchse riechen nun sogar für meine Nase ziiiieeemlich anders als Hunde. Umgekehrt markiert meine Hündin auf jedes Stück Fuchslosung, das ihr unterkommt... eine direkte Begegnung mit dem Verursacher dürfte aber trotzdem dessen letzte gewesen sein.
Da habe ich's besser. Zwei meiner Hündinnen bleiben beim Anblick von Füchsen völlig gelassen, und so konnte ich schon angesichts einer spielenden Fuchsfamilie ganz gemütlich mit ihnen in der Frühlingssonne sitzen und zuschauen, ungedeckt natürlich. Das beste war noch, wie ein stattlicher Fuchs bei einem Spaziergang aus dem Wald kam und meine Leithündin gemütlich hinterhertaperte (vielleicht 3...4 Meter), um mal zu schauen, was das für ein "Kollege" ist. Keiner hatte es eilig, weder meine Hündin, den Fuchs zu erwischen, noch der Fuchs, von uns wegzukommen. War ein Bildchen für die Götter... :pleased:
Naturfuehrer hat geschrieben:Wer sich in der Hoffnung auf leichte Beute vom Geballer einer Drückjagd nicht abschrecken sondern eher anlocken lässt, 5 Meter vor den Schützenständen rumtanzt und sich von einem (von Jägern) erlegten Stück nichtmal durch Anschreien vertreiben lässt, den dürfte so'n bisschen Hundegeruch wohl kaum abschrecken. Wölfe sind halt ausgesprochen lernfähig.
Da würde ich liebend gerne "Mäuschen spielen", wenn der Graue sich einen fetten Hasen o.ä. greift und dankend abzieht... :mrgreen:

Gruß
Wolf
Lutra
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Re: Wölfe und Hunde

Beitrag von Lutra »

Naturfuehrer hat geschrieben:Im Eingangspost wird angenommen, dass Wölfe Hunde grundsätzlich als Eindringlinge bewerten. Wahrscheinlich ist das in vielen Fällen auch der Fall, es gibt wohl aber auch alternative Wahrnehmungen: Als leichte Beute, als potenzieller Sexualpartner... von daher scheint es mir etwas kurz gesprungen, von der Wahrnehmung "Hund ist hier" grundsätzlich auf Stressreaktionen zu schließen. Aber vielleicht such' ich hier ja auch das Haar in der Argumentensuppe... ;-)

Interessanter fände ich die Frage, ob Wölfe nicht

a) olfaktorisch sehr klar unterscheiden können, was wirklich innerartlich ist und was nicht und
Innerartlich sind die beiden schon mal. Mein Gedanke ging dahin, dass ja Hunde recht oft markieren. Was schreiben sie da an den Baum? "Halt, hier ist mein Revier" oder was? Der Wolf liest das. Was er liest werden wir wohl nie erfahren. Wenn er liest "Revier besetzt" zieht er dann weiter und sucht sich ein unbesetztes,z.B. TÜP?
Naturfuehrer hat geschrieben:b) womöglich lernfähig genug sind, um Hundemarken als "egal" einzustufen.
wenn er sie als solche erkennt?
Naturfuehrer hat geschrieben:Fragt sich, ob das Thema überhaupt jemals (empirisch) entschieden werden kann oder ob wir hier nicht einfach nur herumspekulieren.
Klar ist das spekuliert, sind ja auch nur so Gedanken, was wohl mehr stört, Hund oder Mensch. Das die Hunde nur in einem engen Bereich ausgeführt werden, kann ich so nicht bestätigen. Da machen schon so einige große Runden durch die Wälder, sieht man dann im Winter an den Spuren. Und wenn der Wolf so seine 20 km läuft, wird er wohl so einige Hundegerüche in die Nase bekommen (Canis lupus familaris). Das wird ihn bei seinen Streifzügen nach Beute weniger stören, die Jährlinge bewegen sich ja auch in fremden Wolfsrevieren, aber bei der Begründung eines eigenen Territoriums, könnte es da nicht anders aussehen?
Naturfuehrer
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Re: Wölfe und Hunde

Beitrag von Naturfuehrer »

Grauer Wolf hat geschrieben:
Naturfuehrer hat geschrieben:Wer sich in der Hoffnung auf leichte Beute vom Geballer einer Drückjagd nicht abschrecken sondern eher anlocken lässt, 5 Meter vor den Schützenständen rumtanzt und sich von einem (von Jägern) erlegten Stück nichtmal durch Anschreien vertreiben lässt, den dürfte so'n bisschen Hundegeruch wohl kaum abschrecken. Wölfe sind halt ausgesprochen lernfähig.
Da würde ich liebend gerne "Mäuschen spielen", wenn der Graue sich einen fetten Hasen o.ä. greift und dankend abzieht... :mrgreen:

Gruß
Wolf
Drückjagd ist eine großflächige Gemeinschaftsjagd auf Schalenwild, vorwiegend im Wald.
Das mit dem Hasen o. ä. wäre demgegenüber eine Treibjagd. Vom Auftreten von Wölfen bei Treibjagden hab' ich bisher noch nicht gehört. Aber das "Anschneiden" von erlegtem Schalenwild (da klappt das mit dem "dankend abziehen" nicht so recht) wurde auf Drückjagden schon beobachtet. Ebenso ein "Verteidigen" solcher Stücke gegen stöbernde Jagdhunde.
NF
ACHTUNG: Jäger! :shock:
Widukind

Re: Wölfe und Hunde

Beitrag von Widukind »

Naturfuehrer hat geschrieben:... Ebenso ein "Verteidigen" solcher Stücke gegen stöbernde Jagdhunde.
... C'est la vie ... ;)
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