Rehwildbestand durch Wölfe gefährdet?

Themen, die den Wolf im Allgemeinen betreffen.
jurawolf
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Re: Rehwildbestand durch Wölfe gefährdet?

Beitrag von jurawolf »

das problem dabei ist halt schon, dass man aus dieser zeit einfach keine primärliteratur findet. alle meine quellen dazu sind verschiedene publikationen von behörden und verbänden, die sich mit der jagdgeschichte und der geschichte des schalenwilds befassen. diese sind aber eher der sekundärliteratur zuzuordnen und es ist nicht in jedem fall klar, worauf sie sich stützen. insofern ist quellenlage zwar nicht optimal, aber dennoch ausreichend, da sich die publikationen in hohem masse über die weitgehende abwesenheit des rehs im 19. jahrhundert einig sind.

solche quellen können einige genannt werden, entsprechende angaben finden sich z.b. in:
- atlas "säugetiere der schweiz", herausgegegben von der schweizerischen wildbiologischen gesellschaft
- lehrmittel "jagen in der schweiz", herausgegeben von der schweiz. konferenz der jagd- und fischereidirektoren
Wolfsheuler
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Re: Rehwildbestand durch Wölfe gefährdet?

Beitrag von Wolfsheuler »

Um zum eigentlichen Artikel zurückzukommen, will ich noch etwas loswerden. Rehe sind im Bezug auf Wolf (und auch Luchs) eine Keyspecies. Solche Species sind entscheidend für das gesamte Oekosystem und in diesem Fall für die Ausbreitung von Wolf und Luchs. Ohne Rehe und Rothirsche wird es auch keine Wölfe geben. Das wird ja keiner hier abstreiten. Leider hat sich der Interessenkonflikt zwischen Oekojagdverband und "Trophäenjägern" derart verschärft, dass dies meiner Meinung nach auf Kosten von Luchs und Wolf geht.
Um auf das Thema "Keyspecies" nochmals zurückzukommen. Auch Mäuse sind zum Beispiel ein elementarer Teil unseres Oekosystems. Das hat der Naturschutz und auch der Gesetzgeber erkannt, so dass Mäuse nicht mehr beliebig vergiftet und getötet werden dürfen. Eben weil so viele andere Tiere auf Mäuse angewiesen sind. Fuchs, Eule, Greifvogel, Wildkatze,... 2012 war diesbezüglich ein gutes Mäusejahr, was zu guten Bruterfolgen bei vielen Eulen geführt hat, die teilweise durch die letzten schneereichen Winter arg dezimiert wurden (Beispiel Schleiereule). Nun ist es so, dass Mäuse also quasi in Deutschland besser geschützt sind als Rehe und Rothirsche. Letztere beide können beliebig getötet werden mit fast allen Mitteln. Keiner weiss wie viele es wirklich sind, es gibt keine Maximalquote, sondern sogar eine Minimalquote. Und darauf was Wolf oder Luchs fressen wollen, wird dabei auch keine Rücksicht genommen. Wie gesagt, Mäuse sind besser geschützt in Deutschland als Rehe.
Naturfuehrer
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Re: Rehwildbestand durch Wölfe gefährdet?

Beitrag von Naturfuehrer »

Wolfsheuler hat geschrieben:Um zum eigentlichen Artikel zurückzukommen, will ich noch etwas loswerden. Rehe sind im Bezug auf Wolf (und auch Luchs) eine Keyspecies. Solche Species sind entscheidend für das gesamte Oekosystem und in diesem Fall für die Ausbreitung von Wolf und Luchs.
Das mit den Rehen als "Keyspecies" - wenn Du erlaubst, will ich das hier doch einfach mal abstreiten. :-D

Bereits Wikipedia deutet ganz was Anderes an - slowakische Bearbeiter, die dort zitiert werden, haben in Wolfsexkrementen zu über 45 % Reste von Wildschweinen gefunden - und nur zu 5,5 % von Rehen. Die slowakischen Wölfe also nehmen das Reh wohl eher als "Snack für zwischendurch" wahr... und diese Zahlen haben mit dem ÖJV und den LJV's erstmal nix zu tun. Das Reh spielt offenbar regional eine sehr unterschiedliche Rolle im Nahrungsspektrum des Wolfs - und das liegt weniger an seiner Verfügbarkeit, eher daran, was halt jeweils die am einfachsten zu beschaffende Nahrungsquelle ist - in Polen waren das für ein Wolfsrudel durchaus auch mal Hunde, die ganz bequem "von der Kette gefressen wurden" (O-Ton Ilka Reinhardt & Kluth, 2007). Für die Ausbreitung von Wölfen dürfte die Rehwilddichte daher wohl eine sehr untergeordnete Rolle spielen.
ACHTUNG: Jäger! :shock:
Grauer Wolf

Re: Rehwildbestand durch Wölfe gefährdet?

Beitrag von Grauer Wolf »

Naturfuehrer hat geschrieben:
Wolfsheuler hat geschrieben:Um zum eigentlichen Artikel zurückzukommen, will ich noch etwas loswerden. Rehe sind im Bezug auf Wolf (und auch Luchs) eine Keyspecies. Solche Species sind entscheidend für das gesamte Oekosystem und in diesem Fall für die Ausbreitung von Wolf und Luchs.
Das mit den Rehen als "Keyspecies" - wenn Du erlaubst, will ich das hier doch einfach mal abstreiten. :-D
Das dürfte je nach Region unterschiedlich sein. Hierzulande ist tatsächlich das Reh die Schlüsselspezies, wie sich aus dem Beuteschema ergibt:
50% Rehe, 25% Hirsche, 17% Wildschweine, 8% Sonstiges.

Gruß
Wolf
jurawolf
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Re: Rehwildbestand durch Wölfe gefährdet?

Beitrag von jurawolf »

Grauer Wolf hat geschrieben:Das dürfte je nach Region unterschiedlich sein. Hierzulande ist tatsächlich das Reh die Schlüsselspezies, wie sich aus dem Beuteschema ergibt:
50% Rehe, 25% Hirsche, 17% Wildschweine, 8% Sonstiges.
wobei auch das wohl primär eine folge der meist sehr hohen rehwilddichte ist und nicht der spezialisierung des wolfes.

ich schätze die bedeutung des rehs für den luchs wesentlich höher ein als für den wolf.
Grauer Wolf

Re: Rehwildbestand durch Wölfe gefährdet?

Beitrag von Grauer Wolf »

jurawolf hat geschrieben:ich schätze die bedeutung des rehs für den luchs wesentlich höher ein als für den wolf.
Da gebe ich Dir recht. Der Wolf ist aufgrund seiner Jagdgewohnheiten sehr viel breiter in der Nahrung aufgestellt und sehr viel flexibler. Ihm steht halt Beute offen, die deutlich größer als ein Reh ist und bis zum Elch, Moschusochsen oder Wisent (?) reicht (in den Staaten bis hin zum Bison).

Gruß
Wolf
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SammysHP
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Re: Rehwildbestand durch Wölfe gefährdet?

Beitrag von SammysHP »

Grauer Wolf

Re: Rehwildbestand durch Wölfe gefährdet?

Beitrag von Grauer Wolf »

SammysHP hat geschrieben:Zur Ergänzung: http://www.wolfsregion-lausitz.de/nahru ... mensetzung
Interessant, eine neue Graphik. Danach ist gegenüber der alten Graphik der Anteil von Reh und Wildschwein etwas gestiegen, der von Hirsch etwas gesunken, nur wenige Prozentpunkte, aber merkbar...

Mich würde interessieren, in wie weit der Wolf in Europa auch auf Wisente geht (daß er in den USA auch auf die viel schwereren Bisons geht, ist ja bekannt), deren Freisetzung ja bevorsteht resp. geplant ist. Ich höre schon das Geschimpfe: "Deine Forschungsobjekte fressen meine Forschungsobjekte auf..." :p

Gruß
Wolf
LarsD

Re: Rehwildbestand durch Wölfe gefährdet?

Beitrag von LarsD »

Grauer Wolf hat geschrieben:Mich würde interessieren, in wie weit der Wolf in Europa auch auf Wisente geht (daß er in den USA auch auf die viel schwereren Bisons geht, ist ja bekannt), deren Freisetzung ja bevorsteht resp. geplant ist. Ich höre schon das Geschimpfe: "Deine Forschungsobjekte fressen meine Forschungsobjekte auf..." :p
Die geht er nicht an! Die sind viel zu groß und zu wehrhaft! Drum traut sich der Wolf ja nicht mal an Rinder ran. Es sei denn, die Kuh bringt am äußersten Rand der Koppel den Nachwuchs zur Welt und ist nach dem Kalben noch nicht auf den Beinen, um den Wolf in die Flucht zu schlagen. Da sind sich die wahren Wolfsexperten hier im Osten alle einig. ;-)

http://www.odrzechowa.izoo.krakow.pl/zaklad/wilki.html

Viele Grüße

Lars
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Caronna
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Re: Rehwildbestand durch Wölfe gefährdet?

Beitrag von Caronna »

Es ist eine Tatsache das unsere Wälder (nicht nur) mit Rehen überbelegt sind, irgendwo habe ich mal gehört/gelesen bis zu 1000%. Kein Wunder wenn die (teilweise verbotenerweise) angefüttert werden, bzw Jäger nicht ihr Pflicht tun und en Bestand niedrig halten. Die Population Wolf Reh (etc) wird sich einspielen. Ein Problem werden die Jäger haben: sei werden es schwieriger haben zum Schuss zu kommen.
Grüße aus der Eifel
Caronna

"Wo der Wolf läuft - wächst der Wald"

"Ich warte sehnsüchtig darauf das erste Wolfsgeheul in der Eifel zu hören"
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