Wildschweinplage und natürliche Feinde

Themen, die den Wolf im Allgemeinen betreffen.
Grauer Wolf

Re: Wildschweinplage und natürliche Feinde

Beitrag von Grauer Wolf »

aka hat geschrieben:
Wir reden hier über Menschen, die Tiere aus Neid, Mißgunst, irrationaler Angst und blankem Haß bis hin zu Spaß töten wollen (schau mal in Jagdforen, auch amerikanische), die man nicht essen kann, was übrigens kein Wolf jemals machen würden.
sicher ?. Das letzte klingt nähmlich nach einer riesiger Portion Verklärung. Eben Rotkäppchen anders.
Sicher! Rotkäppchen gehört in die Mottenkiste, so oder so... Der Wolf ist weder Killer noch Heiliger...
Surplus Kills kommen natürlich gelegentlich vor, wenn auch selten. Normalerweise ist nach einem Angriff auf Beutetiere der Rest auf und davon und es wird immer nur ein Stück erbeutet. Daß Wölfe mehr töten, kommt vor, wenn die Menge nicht für volle Mägen reichte, ein anderer Großbeutegreifer wie ein Bär sie vom Riß vertrieb (die Beute ist dabei eigentlich nicht verschwendet, nur der Nutznießer ändert sich) oder eben, wie die gelegentlichen Angriffe auf Schafe zeigen, wenn die Beute nicht in der Lage ist, zu fliehen, sei es, weil eine Umzäunung sie daran hindert, sei es, weil sie gar keinen Fluchtreflex mehr zeigt... Da Wölfe bei Beuteüberschuß Vorräte für schlechte Zeiten anlegen, wird in solchen Fällen mehr getötet, als man resp. wolf aktuell braucht.
Mein Beitrag hat also nichts mit Verklärung zu tun, das sind Fakten, die man in unzähligen Quellen verifizieren kann.
Ein Beutegreifer, hier der Wolf, wird nicht aus purem "Spaß und Dollerei" einen Kampf oder einen Angriff starten, denn es besteht immer die Gefahr, daß er sich dabei (schwere) Verletzungen zuzieht. Kein vernünftiger Wolf mit gesundem Wolfsverstand wird das riskieren, denn es kann das Aus für ihn selbst oder beispielsweise die Welpen bedeuten, weil er ggf. als Jäger ausfällt und die Pflege durch die Familienmitglieder das nicht kompensieren kann. Ein Angriff auf nicht eßbare Tiere ist entweder Revierverteidigung (z.B. gegen rivalisierende Familienverbände, siehe die Konflikte zwischen den Sloughs und den Druids im Lamar Valley oder auch gegen Kojoten in der Nähe des Rendezvous-Platzes) oder Selbstverteidung (gegen Bärenattacken z.B.), wobei es bei Revierkonflikten letztlich immer um lebenswichtige Resourcen geht. Mit dem "Spaß und Sport" menschlicher Jäger, die dem Hobby "Töten" frönen und entgangene Wildbeute in Euro aufrechnen, weil sie alles als ihr Eigentum betrachten, hat das nichts zu tun... Den wirklichen Jäger, der sich im Jahr einen Elch, einen Wapiti oder hierzulande ein paar Wildschweinchen, Rehe o.ä. für den eigenen (Nahrungs-)Bedarf holt, schließe ich von meiner Kritik ausdrücklich aus. Diese Art der Jagd ist halbwegs natürlich, halbwegs deshalb, weil der Mensch nicht mehr der Bestandsregulation durch seine Umwelt/die Beutetierbestände unterliegt...
Ich kenne eigentlich nur einen dokumentierten Fall, bei dem ein Wolf aus persönlichen Gründen von anderen getötet wurde: Eine Leitfähe im Druid Peak Rudel, die ihre Mitwölfe über Jahre so sehr schikanierte, daß den anderen letztlich der Kragen platzte und die Leitwölfin getötet wurde. 42F übernahm seinerzeit dann den Familienverband und es kehrte wieder Ruhe und damit Sicherheit ein... Hier waren zwar m.E. mit Sicherheit Gefühle im Spiel, aber es war eben definitiv kein "Spaß", weil letztlich die alte Leitwölfin mit ihrem Verhalten das ganze Rudel auf's Spiel setzte... (Nachzulesen in verschiedenen Quellen)
graugesicht hat geschrieben:Da wird ein verunfallter Wolf wie ein enger Familienangehöriger/Verwandter betrauert und ein Video mit einem der schrecklichsten Verbrechen, ein Genickschuss auf Raten, mit Sympathie und genial beschrieben.
Das Video belegt nur, wie verdreht der Mensch ist... Ich hab's nach den ersten Sekunden weggedrückt. Nicht meine Welt...
Den Wolf als entferntes Familienmitglied zu sehen, ist dagegen angesichts unserer gemeinsamen Geschichte (über 30.000 Jahre fossil belegt, weit über 100.000 Jahre bis hin zu 500.000 halte ich nach den diversen Foeschungsergebnissen für wahrscheinlich) nur folgerichtig...
Wenn wieder einmal einer der selten Wölfe hierzulande (60-70 adulte Tiere kann man kaum als "häufig" beschreiben), mit Absicht erschossen oder mit dem Wagen verfolgt und überrollt wird, dann stimmt mich das sehr traurig und wütend. Für mich wurde da ein Tier ermordet, mit dem ich mich mental verwandt fühle (Sic! Weshalb ich ja auch in einem gemischtartlichen Familienverband mit drei Canis lupus familiaris lebe )...
Vor dem Hintergrund stört mich auch oft die kalte Diskussion um die Wölfe, die nur noch als Objekte diverser Interessen behandelt werden. Das gilt m.E. oft auch für die Verhaltensforschung. Wölfe (und natürlich auch die anderen Tiere) sind Lebewesen mit Bewußtsein und Seele (die Unterschiede sind als graduell zu betrachten) und sollten so betrachtet werden, nicht als Objekte... Das hat nichts mit "verbotener" Anthropomorphisierung zu tun (wer nahm sich eigentlich das Recht raus, da was zu verbieten?), sondern etwas mit dem Leben an sich... Daß Anthropomorphisierung nicht immer falsch liegt, zeigt die aktuelle Forschung, die immer mehr des reichen Gefühlslebens der Tiere offenbart, nicht zuletzt auch bei wilden Caniden. Nur Mordlust ist und bleibt wohl eine rein menschliche (i. Ansätzen auch primatische: Affen führen "Kriege", die sich offenbar nicht um Resourcen drehen...) "Errungenschaft"...


edit: Typo
graugesicht
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Registriert: 11. Nov 2011, 08:54

Re: Wildschweinplage und natürliche Feinde

Beitrag von graugesicht »

Sicherlich kann man vieles im Leben einfach nur wegklicken und in seiner Welt leben. Aber genau mit dieser Wegschaugesellschaft ebnet man vielen den Weg ihre Macht auszuleben
1. finde ich es persönlich bereits bedenklich ein solches Video für eine wörtlich genannte Berufsgruppe einzustellen
2. dass der Einsteller das Video analysiert, sich in Täter und Opfer hineinversetzt, z.T. im Plural spricht und als Ergebnis Sympathie für den Täter bzw. den Film als genial empfindet
In diesem Fall habe ich so meine Zweifel

Gruß vom Alpenrand
Grauer Wolf

Re: Wildschweinplage und natürliche Feinde

Beitrag von Grauer Wolf »

graugesicht hat geschrieben:Sicherlich kann man vieles im Leben einfach nur wegklicken und in seiner Welt leben. Aber genau mit dieser Wegschaugesellschaft ebnet man vielen den Weg ihre Macht auszuleben...
Was heißt schon wegschauen... Das meiste auf Youtube ist visueller Müll, den muß ich mir nicht antun, da ich an visuelle Kommunikation (Filme und Fotos) einen hohen Anspruch stelle. Ich schaue da genau hin, wo mich was persönlich tangiert/interessiert, u.a. eben bei den Wölfen rund um den Globus. Die interessieren mich wirklich und ich habe keine Hemmungen, bei Dingen, die ich für Mißstände halte, sehr energisch den Finger in die Wunde zu bohren. Zum aktiven Eingreifen resp. Mitwirken bin ich zu weit vom Schuß, sowohl hier in Deutschland, erst recht natürlich in den USA und Kanada, da geht höchstens mal was publizistisch...
Und ja, ich habe meine Welt gefunden, schon von Berufs wegen (Photograph): Die Natur und Umwelt im allgemeinen und weitesten Sinne und die Wölfe/Hunde im besonderen... Man kann sich nicht für alles interessieren und engagieren, dann verzettelt man sich und bewirkt im Endeffekt gar nichts. Man sollte selektieren und sich auf das beschränken, von dem man was versteht...
aka

Re: Wildschweinplage und natürliche Feinde

Beitrag von aka »

@grauer Wolf
Mit dem "Spaß und Sport" menschlicher Jäger, die dem Hobby "Töten" frönen und entgangene Wildbeute in Euro aufrechnen, weil sie alles als ihr Eigentum betrachten, hat das nichts zu tun... Den wirklichen Jäger, der sich im Jahr einen Elch, einen Wapiti oder hierzulande ein paar Wildschweinchen, Rehe o.ä. für den eigenen (Nahrungs-)Bedarf holt, schließe ich von meiner Kritik ausdrücklich aus.
Ist halt Ansichtsache. Für den "wirklichen" Jäger stellt der Wolf übrigens einen viel größeren Konkurenten dar. In den Regionen wo die Jagd in erster Linie
als Nahrungsbeschaffung betrachtetet wird, wird der Wolf sehr rigide verfolgt und mit allen Mitteln bekämpft. Die Verkennung der Tasache ist
typisch für die Träger der rosaroten Brillen.
balin
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Registriert: 10. Okt 2010, 06:53

Re: Wildschweinplage und natürliche Feinde

Beitrag von balin »

Wenn man mal davon absieht, daß Schule eine Vorstufe zur Sklaverei ist, dann bekommt man da doch immerhin die Möglichkeit
grundlegende Zusammenhänge verstehen zu können. Für die gegenseitige Beeinflussung von Tieren und Pflanzen im jeweiligen Bestand und die Strategien dazu habe ich einen übersichtlichen Beitrag gefunden.
http://www.hoffmeister.it/biologie/04.0 ... ktoren.pdf
Es schadet nichts, wenn man sich das mal in Ruhe durchließt. Man findet da Anhaltspunkte, wie man den Wolf, das Wildschwein
oder auch die Jäger einzuordnen hat. Für die menschliche Jagd besteht allerdings das Problem, daß die Auswahlkriterien für die Handelnden wenig im Zusammenhang mit dem Geschehen in der Natur stehen. Die natürlichen Regelkreise für einen unfähigen Jäger können nicht greifen, wenn das Bankkonto seine Stellung bestimmt. Auch sind die Motive für die menschliche Jagd nicht eindeutig und damit schwer in das Schema einzupassen. Der Idealfall wäre natürlich der Jäger, der regelnd so eingreift, daß relative Gleichgewichte nicht gestört werden.
Da wären wir dann bei ökologischer Jagd. Da dürfte sich dann der Wolf an den Wildschweinen erproben und der Jäger macht dann den Rest.
Im Gegensatz zum Reviersystem wäre eine Lizenzjagd hier wesentlich förderlicher. Die Umsätze könnten so besser gesteuert werden. Voraussetzung wäre aber eine Organisation wie Fish and Game, die den Überblick im Geschehen behält.
Das ist aber die Theorie. Man sieht ja in den USA, daß auch ein im Prinzip erfolgversprechendes Jagdsystem verunglücken kann.
timber-der-wolf

Re: Wildschweinplage und natürliche Feinde

Beitrag von timber-der-wolf »

aka hat geschrieben:@grauer Wolf
Mit dem "Spaß und Sport" menschlicher Jäger, die dem Hobby "Töten" frönen und entgangene Wildbeute in Euro aufrechnen, weil sie alles als ihr Eigentum betrachten, hat das nichts zu tun... Den wirklichen Jäger, der sich im Jahr einen Elch, einen Wapiti oder hierzulande ein paar Wildschweinchen, Rehe o.ä. für den eigenen (Nahrungs-)Bedarf holt, schließe ich von meiner Kritik ausdrücklich aus.
... In den Regionen wo die Jagd in erster Linie als Nahrungsbeschaffung betrachtetet wird, wird der Wolf sehr rigide verfolgt und mit allen Mitteln bekämpft.
Wo gibt es denn diese Gebiete heute noch, wo ausschließlich die Jagd dem Nahrungserwerb dient?
Und als es diese Gebiete tatsächlich noch beispielsweise in Nordamerika gab, wo Indiana, Eskimos ... die Jagd überwiegend zum Nahrungserwerb ausübten, haben sie nie mehr getötet, wie sie zum Leben brauchten (das tat erst "der weiße Mann" aus Raff- und Profitgier). Und dem Wolf gings damals trotzdem gut ... (ebenfalls nur so lange, bis "der weiße Mann" kam, den Ureinwohnern das Land raubte, und riesige Ranchen für Nutzvieh errichtete - ab da wurde dann auch dort der Hass auf den Wolf, Koyoten, Puma, Bär, ... "gesät").
aka hat geschrieben:Die Verkennung der Tasache ist typisch für die Träger der rosaroten Brillen.
Die Frage ist nur wer Tatsachen, historische Hintergründe und Realitäten verkennt, und eine "rosarote Brille" trägt ... ;-) 8-)
Zuletzt geändert von timber-der-wolf am 3. Jan 2012, 14:17, insgesamt 2-mal geändert.
joswolf
Beiträge: 211
Registriert: 8. Okt 2010, 11:52

Re: Wildschweinplage und natürliche Feinde

Beitrag von joswolf »

Wenn aber eine Plage droht muss man doch bejagen auch wenn wir den Fleisch nicht als Nahrung braucht. Ich meine die Jagt muss doch sein wir sollen da doch auch realistisch bleiben.
Jos
aka

Re: Wildschweinplage und natürliche Feinde

Beitrag von aka »

@timber-der-wolf
Wo gibt es denn diese Gebiete heute noch, wo ausschließlich die Jagd dem Nahrungserwerb dient?
Kaum jemand muß noch jagen gehen um essen zu können, aber viele jagen um zu essen. Heute noch.

Und wenn Du Dir einbildest daß ein Lappe, Ewenke oder Tschuktsche zu einem Wolfsbau kommt nur um die jungen Tiere beim spielen zu
beobachten, da wirst Du wohl ein bisschen falsch liegen.. Früher ist auch nicht anders gewesen.
Denkst Du im Ernst daß die Urjäger aufgepasst haben daß in eine Schlucht nur soviele Wildpferde oder Bisons stürzten wie sie essen konnten ?
Es wurde getöten was sich töten ließ. Nicht nur das was sich aufessen ließ. Einzig und allein die bescheidenen technischen Möglichkeiten
der damaligen Jäger hinderten sie an der Ausrottung vieler Arten. Anders konnten sie auch nicht funktionieren......
Würde eine Bildungsreise empfehlen oder zumindest Lektüre.
timber-der-wolf

Re: Wildschweinplage und natürliche Feinde

Beitrag von timber-der-wolf »

aka hat geschrieben:@timber-der-wolf
Wo gibt es denn diese Gebiete heute noch, wo ausschließlich die Jagd dem Nahrungserwerb dient?
Kaum jemand muß noch jagen gehen um essen zu können, aber viele jagen um zu essen. Heute noch.
Dagegen hat doch auch Niemand etwas, solange dabei nicht Profit- und Gewinnsucht aus der Jagd die Oberhand gewinnt, bzw. es nur darum geht, die Schießgeilheit nicht Weniger dieser Zunft zu befriedigen.
aka hat geschrieben:... Würde eine Bildungsreise empfehlen oder zumindest Lektüre.
Das würde ich Dir sehr ans Herz legen, vor allem mal nicht nur einseitig ideologisch "jagdgeprägte" Literatur zu konsumieren, sondern die Literatur zu studieren, die die tatsächlichen Verhaltens- und Handlungsweisen der Naturvölker des Nordens in der Vergangenheit darstellen.
aka

Re: Wildschweinplage und natürliche Feinde

Beitrag von aka »

@timber-der-wolf
Das würde ich Dir sehr ans Herz legen, vor allem mal nicht nur einseitig ideologisch "jagdgeprägte" Literatur zu konsumieren, sondern die Literatur zu studieren, die die tatsächlichen Verhaltens- und Handlungsweisen der Naturvölker des Nordens in der Vergangenheit darstellen.
Nö. Danke. Ich bevorzuge lieber eine Flasche Wodka mit Nachfahren der Betroffenen.
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