Rudelbildung beim Rehwild durch den Wolf?

Themen, die den Wolf im Allgemeinen betreffen.
harris
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Re: Rudelbildung beim Rehwild durch den Wolf?

Beitrag von harris »

Nina hat geschrieben:

Die TU Dresden hat das Verhalten von besendertem Rotwild wissenschaftlich untersucht und kam laut Wotschikowsky zu folgendem Ergebnis:

...auch nur ein Ergebnis, nur von einer anderen Seite gesehen. Also eine "Glaubensfrage".
Vielleicht gehst du mal raus und beobachtest selbst, da wirst du schon sehen wie wissenschaftlich das Ergebnis ist.

Gruß Harris
Grauer Wolf

Re: Rudelbildung beim Rehwild durch den Wolf?

Beitrag von Grauer Wolf »

harris hat geschrieben:...auch nur ein Ergebnis, nur von einer anderen Seite gesehen. Also eine "Glaubensfrage".
Vielleicht gehst du mal raus und beobachtest selbst, da wirst du schon sehen wie wissenschaftlich das Ergebnis ist.
Ach du meine Güte... Rehherden (ich mag bei Rehen nicht von "Rudel" sprechen) von ein paar dutzend habe ich schon gesehen, da war vom Wolf überhaupt noch keine Rede in D, geschweige denn in der betreffenden Gegend. Ich hab damals noch rumgeflachst: Für jedes Reh 'ne Mark und ich wär reich...

Zahlen aus der "Jäger"schaft glaube ich mittlerweile erst mal prinzipiell nicht, da ist mir zu viel Pippi Langstrumpf im Spiel: Sich die Welt machen, wie's gerade paßt! Und obendrein habe ich aus dieser Ecke ein paarmal zu viel unhaltbaren, absoluten Schwachsinn über den Wolf gehört, als daß ich diese Leute noch ernstnehmen kann. Tut mir nur leid um die wenigen weißen Schafe aus dieser lodenfarbenen Ecke, denn die wenigen vernünftigen Stimmen gehen einfach unter.

Gruß
Wolf
zaino
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Re: Rudelbildung beim Rehwild durch den Wolf?

Beitrag von zaino »

Kenn das mein Lebtag lang und erzähle jetzt mal gaaanz unwissenschaftlich: In Gegenden mit wenigen oder nicht zusammenhängenden Waldflächen halten sich die Rehe in Grüppchen, so zwischen fünf und 20 Stück, auf den Feldern auf. Im Sommer siggstas nicht, weil sie da durch den Mais und die Gerste kreuchen und nur rausschauen oder sich bewegen, wenn sich die Gelegenheit bietet, ein Pferd mit Reiter zu erschröcken. LOL.

Aufgewachsen bin ich in einer Gegend mit viel zusammenhängendem Wald, da traf man Rehe immer nur einzeln, oder mit Kitzen oder in der Brunftzeit halt paarweise an.
Den Spuren nach hatten wir oberhalb vom alten Stall meines Gauls in einem Wäldchen (in einer Gegend mit nur kleinen Waldstücken) eine Rehgruppe, die da seit Rehgedenken hauste - und sowohl einzeln als auch in besagten Grüppchen auftauchte. Im Herbst - Winter: Als kleines Rudel auf den Feldern, Sommer, Frühjahr, Satzzeit der Kitze: Einzeln.
Ob das dann ein Familienverband, ein Rudel oder ob man nur mal am Nachmittag gesellig ist?
Das "Rudelverhalten" ist scheints abhängig vom Futterangebot und der Charakteristik der Landschaft.
Bei Mufflons oder Wutzen, die echte Rudel/Rotten bilden, gibts immer "Wächter", die warnen, wenn was komisch ist. Mufflons haben einen speziellen heiseren Pfiff, der das Rudel in Galopp versetzt. Rehe haben sowas nicht, bzw. nie erlebt. Die "bellen" empört, wenn ihnen was nicht passt. Sie schimpfen dann lang und laut, aber springen nicht unbedingt ab.

Ich war nie in einem Wolfsrevier, leider - aber die Verhaltensmuster stammen ja grundsätzlich aus der Zeit VOR der Eiszeit. Eine radikale Veränderung wäre also unlogisch.
Das Pferd ist ja auch seit Jahrtausenden domestiziert, haust überwiegend nachts in Ställen u.s.w. und ist IMMER noch ein wachsames Fluchttier.
Das Verhalten entwickelte sich, als es noch auf mehr als einer Zehe lief und zig verschiedene RICHTIG große Beutegreifer unterwegs waren.
Die Mufflons "pfeifen" immer noch, auch 150 Jahre nach dem letzten Wolf hier, und das Schwarzwild schickt immer noch vor einer Futter-Expedition einen Scout voraus. Die Bache holt ihre Frischlinge immer noch mit einem einzigen leisen Grunzer zusammen und wird flüchtig, wenn sie was Verdächtiges hört. Ob mit oder ohne Wolf.
Verhaltensweisen, die bis in Zeiten der ersten Mehrzeller und Fress-Zellen zurückgehen und heute, teilweise auch durch "sportliche Bejagung" notfalls vom Landrover-Fenster aus... *knirsch* bewährt sich die Wachsamkeit doppelt.
Also bitte erzähl mir keiner, dass die Natur in eisiger Furcht erstarrt und dauerhaft erbebt, nur weil ein vierbeiniger Beutegreifer zurück ist....
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Caronna
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Re: Rudelbildung beim Rehwild durch den Wolf?

Beitrag von Caronna »

wie wenig der Artikelschreiber, der Jäger, Ahnung hat: Es heißt nicht Rudel sonder Sprung (aber das nur am Rande). SOlch große Anzahl ist wohl eine Verfälschung, in der Brunft aufgenommen.
Grüße aus der Eifel
Caronna

"Wo der Wolf läuft - wächst der Wald"

"Ich warte sehnsüchtig darauf das erste Wolfsgeheul in der Eifel zu hören"
Grauer Wolf

Re: Rudelbildung beim Rehwild durch den Wolf?

Beitrag von Grauer Wolf »

Caronna hat geschrieben:wie wenig der Artikelschreiber, der Jäger, Ahnung hat: Es heißt nicht Rudel sonder Sprung (aber das nur am Rande). SOlch große Anzahl ist wohl eine Verfälschung, in der Brunft aufgenommen.
Schon klar. Das wäre die normale Form: Ein paar wenige Individuen, die zusammenbleiben. Haben wir hier auch, meistens so 2...4 Stück...

Gruß
Wolf
Grauer Wolf

Re: Rudelbildung beim Rehwild durch den Wolf?

Beitrag von Grauer Wolf »

zaino hat geschrieben:Also bitte erzähl mir keiner, dass die Natur in eisiger Furcht erstarrt und dauerhaft erbebt, nur weil ein vierbeiniger Beutegreifer zurück ist....
*grins* Brauchst nur die Lodenträger zu fragen. Die erzählen solche Räuberpistolen jedem, der's hören will oder auch net...

Was Du beschreibst, paßt exakt auch in meine Heimat: Viel Wald, Weidewirtschaft, kaum Ackerbau (die Böden sind nicht wirklich gut), nicht allzu dicht besiedelt...

Gruß
Wolf
Zuletzt geändert von Grauer Wolf am 23. Aug 2016, 11:06, insgesamt 1-mal geändert.
zaino
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Re: Rudelbildung beim Rehwild durch den Wolf?

Beitrag von zaino »

Ich hab ja auch schon das Argument gehört, dass die Wölfe dann sämtliches Wild hastuwaskannstu über die Straßen und vor die Autos treiben täten.
*augenroll*
Was mein Dad auch ohne Wölfe im Revier nächtens rausgeklingelt wurde, weil wieder wer auf der Straße mit Wild kollidiert war.... also raus, Feuerwaffe mitnehmen, Polizei verständigen, nachschaun, notfalls nachsuchen. Mufflon auf fabrikneuer Jaguar-Motorhaube war geradezu tragisch - der Jaguar sah nimmer gut aus und den armen Muffelwidder suchten wir drei Tage lang, bis er verendet gefunden wurde, er hat wohl in seiner Not noch 2x die Straße überquert. :cry: Ach ja, und alles GANZ OHNE Wolf.
Hast Du Wild im Wald muttu vorsichtig fahren, notfalls mal das Licht an- und abblenden oder die Hupe betätigen bei Nacht. Shit happens.
So lang hier aber Forstwirte frei rumlaufen, die sagen: Verpachtet die Jagd SCHNELL, denn ich will einen REHFREIEN Wald, ist sowieso Hopfen und Malz verloren. Bei uns gilt eh "Wald vor Wild", also ist ALLES Getier draußen nur Störfaktor oder eben Beute zur Selbstbestätigung, kein Teil eines Ökosystems.

edit: Stimmt, "Sprung Rehe".... heißt es korrekt. Da ich aber an einem recht geschlossenen Waldgebiet aufgewachsen bin, sieht man mal, warum das bei uns gar nicht im Sprachgebrauch war - zwegs dem Wald eben, wo das Getier einzeln rumläuft.
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Nina
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Re: Rudelbildung beim Rehwild durch den Wolf?

Beitrag von Nina »

Vielleicht gehst du mal raus und beobachtest selbst, da wirst du schon sehen wie wissenschaftlich das Ergebnis ist.
Warum schon wieder so bissig, harris? Wenn du irgendetwas über mein Freizeitverhalten wissen willst, frag' mich doch ruhig, anstatt hier nur wieder deine wilden Spekulationen loszulassen.

Große Reh- oder Rotwildrudel kenne ich nicht von hier, weder vor 20 Jahren noch aktuell. Große Rotwildrudel kenne ich dagegen von der dänischen Westküste zwischen Henne und Vejers, da man die Tiere vor allem zur Brunftzeit ganz wunderbar immer von denselben Stellen von der Durchgangsstraße aus beobachten kann. Wie wir ja alle wissen, war der große Hype um die angeblich 40 Wölfe in Dänemark seit 2012 nur eine einzige Luftnummer.

Hier in der Lüneburger Heide sieht man Rotwild allenfalls mal ganz kurz von hinten. Letztes Jahr ist im Nachbarlandkreis ein Rothirsch in ein Wohnzimmer gesprungen.¹ Jäger haben daraufhin dem Hamburger Abendblatt erzählt, dass zu dem Zeitpunkt ein Wolf im Ort gesichtet worden sei.²
Die Einwohner selbst sprachen dagegen davon, dass der Hirsch aus der angrenzenden Baumschule vertrieben worden sei. So unterschiedlich können subjektive Beobachtungen sein.

Rehwild in Grüppchen kenne ich nur von der A7 aus, weil man von dort aus eher einen weiten Blick auf die Felder hat und in kürzerer Zeit mehr Flächen einsehen kann.
Auf unserer Pferdekoppel sind immer wieder Rehe, dann aber meist nur einzeln oder zu zweit. Dass sie sich anders verhalten, seit die Wölfe zurück sind, kann ich dabei auch nicht feststellen.
Überhaupt ist der Wolf hier ein sehr unauffälliger, lautloser Nachbar, der an den Weidetieren unseres Ortes bislang auch kein Interesse gezeigt hat, und das, obwohl die Halter jetzt erst jetzt so langsam nach und nach ihre Zäune aufrüsten.

Meine subjektiven Beobachtungen können aber immer nur eine Momentaufnahme liefern. Wie sich das Rotwild verhalten hat, bevor es zufällig meinen Weg gekreuzt hat, kann ich ebenso wenig feststellen wie sein Verhalten nach diesem kurzen Moment. Durch Besenderung gleich mehrerer Tiere kann man diese Wissenslücken schließen und dokumentieren. Deshalb sind die Ergebnisse von der TU Dresden auch glaubwürdiger als die subjektiven Wahrnehmungen der Jäger, bei denen auch Angst um die Beute sowie ein gewisser Beuteneid zzgl. einem eventuellen Wunsch nach einer Wolfsbejagung als nicht zu unterschätzende Faktoren eine Rolle spielen können.
Verlässt Rotwild – oder anderes Schalenwild – sein angestammtes Streif- oder Wohngebiet, wenn sich Wölfe ansiedeln? Mit anderen Worten: Werden Jagdreviere „wildleer“? Dieser Frage ist Mark Nitze von der TU Dresden nachgegangen. Er hat 24 Stück Rotwild mit Halsbandsendern ausgerüstet und ihr räumliches Verhalten untersucht.

Sein Fazit: Das räumliche Verhalten von Rotwild ist in Wolfsgebieten nicht anders als dort, wo Wölfe fehlen.

Ulrich Wotschikowsly: Mythos Angstrudel 24.10.2014 http://woelfeindeutschland.de/mythos-angstrudel/
¹ http://www.ndr.de/nachrichten/niedersac ... ch240.html
² http://www.abendblatt.de/hamburg/harbur ... -Wolf.html
Lutra
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Re: Rudelbildung beim Rehwild durch den Wolf?

Beitrag von Lutra »

Nina hat geschrieben: Durch Besenderung gleich mehrerer Tiere kann man diese Wissenslücken schließen und dokumentieren. Deshalb sind die Ergebnisse von der TU Dresden auch glaubwürdiger als die subjektiven Wahrnehmungen der Jäger, bei denen auch Angst um die Beute sowie ein gewisser Beuteneid zzgl. einem eventuellen Wunsch nach einer Wolfsbejagung als nicht zu unterschätzende Faktoren eine Rolle spielen können.
Genau so ist das und das war auch der Sinn der Studie. Auch in Sachsen waberten (und wabern immer noch) die Erzählungen von den "Angstrudeln" rum.

Ich persönlich kann da keine Veränderungen des Verhaltens beim Schalenwild feststellen, bin da aber nur ein Beobachter und kein Jäger. Außer dieses Jahr im Winter, als drei Wölfe in einem Waldgebiet aktuell beim Jagen waren, was die Spuren im Schnee verrieten, da war eine Gruppe Damwild auffällig aufgeregt.

Für den Außenstehenden ist es etwas irritierend, diese verschiedenen Jäger-Berichte über das Verhalten des Schalenwildes zu hören. Einmal wird erzählt, das Wild traut sich nicht raus aus dem Wald auf Freiflächen und schält deshalb vermehrt die Bäume, dann wird wieder berichtet, es steht in Angstrudeln auf dem Acker, richtet dort große Schäden an und traut sich nicht rein in den Wald. Die Herrschaften sollten sich mal zu einer Klausurtagung zusammenfinden und da auf eine Linie kommen. :mrgreen:
Grauer Wolf

Re: Rudelbildung beim Rehwild durch den Wolf?

Beitrag von Grauer Wolf »

Lutra hat geschrieben:Die Herrschaften sollten sich mal zu einer Klausurtagung zusammenfinden und da auf eine Linie kommen. :mrgreen:
Oooch, nicht doch. Dann machen sie sich doch nicht mehr so schön lächerlich... :p
Denn mehr als eine Lachnummer ist dieses Geschwafel nicht, auch wenn's leider auf dem Rücken des Wolfs ausgetragen wird.

Gruß
Wolf
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