Verletzter, angefahrener Wolf?

Themen, die den Wolf im Allgemeinen betreffen.
Lämmchen
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Verletzter, angefahrener Wolf?

Beitrag von Lämmchen »

Das ist keine provokante Frage, sondern ganz ernst.
Wir haben uns hier darüber unterhalten, wie man sich wohl verhalten soll, wenn man im Wald oder unterwegs einem verletzten Wolf begegnet.
Nicht anfassen ist klar, Polizei rufen?
Er wird ja nicht an der Stelle bleiben, wo er ist.
Wie findet man ihn anschließend wieder.
Und jetzt die für mich typische Frage, ist er gefährlicher als ein anderer Wolf?
Könnte er angreifen?

Bitte nur ernstgemeinte Antworten.

Grüßli
Lämmchen
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SammysHP
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Re: Verletzter, angefahrener Wolf?

Beitrag von SammysHP »

Was machst du, wenn du ein verletztes Reh findest oder eines angefahren hast? Genau, die Polizei rufen. Mir ist auch schon mal ein Reh vor das Auto gelaufen und dann weiter in den Wald. Für den Jäger bedeutet das im Idealfall einen versauten Abend, weil er das Reh suchen gehen darf.

Gefährlicher kann sein, muss aber nicht. Ein verletztes Tier wird sich wehren, so gut es kann. Wenn du also Abstand hältst bzw. weg gehst, kein Problem. Der Wolf wird nicht nicht angreifen, er ist ja schon verletzt und jeder weitere Ressourcenverbrauch würde ihn nur noch mehr schwächen.

Also: Polizei anrufen, die genaue Stelle sagen, ggf. in welche Richtung er gelaufen ist und weggehen. Mehr kannst und solltest du nicht machen.
Lämmchen
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Re: Verletzter, angefahrener Wolf?

Beitrag von Lämmchen »

Danke!

Verletzte Wildtiere habe ich schon gefunden und die Polizei oder den Förster gerufen.
Der Förster würde aber für einen Wolf nicht kommen. Deshalb meine Frage.
Hier verläuft eine Straße mitten durch den Wald, abends ist das oft eine Rennstrecke.
Grauer Wolf

Re: Verletzter, angefahrener Wolf?

Beitrag von Grauer Wolf »

Lämmchen hat geschrieben:...Er wird ja nicht an der Stelle bleiben, wo er ist.
Wie findet man ihn anschließend wieder.
Wenn er sich bewegt, einfach in Ruhe lassen. Wölfe sind ungeheuer hart im Nehmen und heilen auch schwere Verletzungen aus, wobei Rudelmitglieder für Pflege und Nahrung sorgen (die lassen keinen der ihren im Stich), manchmal wochenlang. In diesem Fall hätte ich ein Auge auf die Gegend, würde aber niemanden informieren, erst recht nicht den "Jäger", der sich bemüßigt fühlen könnte, das Tier zu erlösen (einen solchen, unsäglichen Fall hatten wir vor Jahren, mit furchtbaren Folgen für das Tier und (leider zu luschigen) juristischen Folgen für den Beteiligten).
Für einen schwerstverletzten Wolf, der sich nicht mehr bewegen kann (also wohl nach Autounfällen o.ä.) würde ich die Polizei rufen, die ihrerseits den Veterinär mobilisieren sollte. Ob man ihn wiederfindet, liegt nur daran, wie sich man sich im Gelände orientieren kann. Würde ich einen Wolf finden, der sichtlich im Sterben liegt (das spürt man), so läßt man ihn m.M.n. in Ruhe und Frieden ziehen. Seine Zeit ist gekommen und nur Menschen machen darum großes Gewese, weil sie den Tod nicht ertragen resp. akzeptieren...
Lämmchen hat geschrieben:Und jetzt die für mich typische Frage, ist er gefährlicher als ein anderer Wolf?
Könnte er angreifen?
Zweimal nein. Aber man bleibt ihm selbstverständlich vom Fell und belästigt ihn nicht.

Gruß
Wolf
Lämmchen
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Re: Verletzter, angefahrener Wolf?

Beitrag von Lämmchen »

Danke, grauer Wolf, das war sehr informativ.

Wie lange kann denn ein Wolf ohne Nahrung bleiben, wenn keine Rudermitglieder in der Nähe sind?
Wölfe sind zwar nicht meine Lieblingstiere, doch in einer solchen Situation würde er mir leid tun.
zaino
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Re: Verletzter, angefahrener Wolf?

Beitrag von zaino »

Lämmchen, so ziemlich alle Antworten, die Du je hier bekommen hast, wurden Dir ernst und guten Gewissens gegeben - wenn sie Dir nicht gefallen haben, tuts mir leid.
1. Ja, Polizei oder Förster/Jäger verständigen wie bei jedem anderen Wildunfall auch. Wir hatten die Diskussion ja neulich schon, ist wohl noch teilweise ungeklärt, was dann mit dem an sich geschützten Wolf passieren soll, im von Dir geschilderten Szenario ist das aber nicht Deine Sorge.
Ok, was Grauer Wolf anführt, hat auch was - einfach Maul halten und in Ruh lassen ist eine Alternative...
2. Wenn das Tier wo fest liegt, möglichst nicht näher rangehen, vor allem auch, weil das nur Extra-Stress macht. Du kannst aber evt. irgendwas an Bäume oder Büsche binden, Halstuch, Taschentuch, bunten Bindfaden, eine Socke, whatever, um zumindest das "Planquadrat" zu markieren zum Wiederfinden. Oder Du knickst Zweige auf bestimmte Weise. Die Pfadfinder lassen grüssen. Hochstand, Waldweg-Kreuzung, markanter Baum, alles ist eine Hilfe. Rafft sich das Tier bis zum Eintreffen der Verantwortlichen auf und macht sich fort, hast Du jedenfalls das Möglichste getan.

3. Was genau meinst Du nun, "Begegnen" oder "Finden"? Bei "Begegnen", etwa bei Sichtung auf einem Waldweg, wird sich ein verletzter Wolf tunlichst verkrümeln, immerhin ist er dann nicht in der Verfassung für Neugier oder Raufhändel. Nur, wenn Du seine Fluchtdistanz grob unterschreitest, wird er je nach Gesamtverfassung apathisch und ergeben daliegen, drohen oder tatsächlich angreifen.
Das kann Dir bei einer Wildsau oder einem Fuchs, Marder oder Dachs auch passieren. Mancher Hund und mancher Jäger bekam schon einiges ab von so einem wütenden Hauptschwein. Darum waren früher auch die schwertartigen "Saufänger" und die lanzen-ähnlichen Saufedern im Einsatz. Die nahm man in die Dickung mit, wenn dort eine waidwunde Sau festsaß, und machte ihr damit den Garaus. Ob tierschutzfreundlich? Kommt drauf an, wie beherzt derjenige war, der den Job machte.

Über ein solch wehrhaftes verletztes Tier direkt stolpern wirst Du nur dann, wenn Du unachtsam mitten durch die Natur strampelst. Krank geschossene oder krank gefahrene Viecher werden sich in der Regel dahin verkriechen, wo Du nichts zu suchen hast, ebenso wenig Deine Hunde... nämlich tief ins dickste Dickicht, so lang sie noch kriechen KÖNNEN. Sie sind dann schwach und verwundbar, und schützen sich auf diese Art.
Die anderen haben mich inzwischen überholt. Kann ich nur unterschreiben.
Grauer Wolf

Re: Verletzter, angefahrener Wolf?

Beitrag von Grauer Wolf »

Lämmchen hat geschrieben:Wie lange kann denn ein Wolf ohne Nahrung bleiben, wenn keine Rudermitglieder in der Nähe sind?
Wochenlang. Zwar kann er nicht jagen, aber es gibt oft genug auch Aas. Wölfe können selbst halbverwestes Fleisch verwerten und greifen auch auf Früchte zurück (in der richtiges Jahreszeit). Gerade in unserer dicht befahrenen Landschaft gibt es oft genug Fallwild.

Wie gesagt: Wölfe haben im Vergleich zum Menschen unglaubliche Nehmerqualitäten.
zaino hat geschrieben:Du kannst aber evt. irgendwas an Bäume oder Büsche binden, Halstuch, Taschentuch, bunten Bindfaden, eine Socke, whatever, um zumindest das "Planquadrat" zu markieren zum Wiederfinden. Oder Du knickst Zweige auf bestimmte Weise. Die Pfadfinder lassen grüssen. Hochstand, Waldweg-Kreuzung, markanter Baum, alles ist eine Hilfe.
Würde ich nicht machen. Damit macht man nur lästige, manchmal penetrant neugierige Spaziergänger drauf aufmerksam. Einfach die Stelle merken und ggf. die Verantwortlichen/Handlungsbefugten hinführen.

Gruß
Wolf
Lämmchen
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Re: Verletzter, angefahrener Wolf?

Beitrag von Lämmchen »

Danke, zaino

ich werde mich wohl so verhalten, wie grauer Wolf es geraten hat.
Markieren muss ich mir die Fundstelle nicht, ich kenne mich im Wald gut aus, bin ständig dort mit den Hunden, auch in der Dämmerung. Mit Auffinden meinte ich, wie man ihn findet, wenn er schwer verletzt ist und sich von der Stelle entfernt. Ist jetzt aber auch egal. Was grauer Wolf geschrieben hat, daran werde ich mich halten, im Falle eines Falles. Und er wird ja auch nicht verhungern, wie er schreibt. Das beruhigt mich auch. Verhungern ist nämlich sehr, sehr schlimm.
zaino
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Re: Verletzter, angefahrener Wolf?

Beitrag von zaino »

Lämmchen hat geschrieben:Mit Auffinden meinte ich, wie man ihn findet, wenn er schwer verletzt ist und sich von der Stelle entfernt.
Nun, wenn er irgendwie weg kann, hat er auch eine Chance, dass ers schafft. Ohne "Hilfe".. wie Grauer Wolf schrieb.
Und wenn Du am ursprünglichen Fundort Blutspuren, niedergedrücktes Gras etc, siehst, bist Du evt. schon/noch zu nahe dran für seinen Seelenfrieden - vielleicht liegt er nur 5 Meter weiter und denkt mit Herzklopfen, jetzt verp**** dich doch endlich, Mensch!

Stimmt, Wölfe sind wahre Hungerkünstler. Notfalls Insekten, Mäuse, Gras... Aas...
HaBe
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Re: Verletzter, angefahrener Wolf?

Beitrag von HaBe »

Lämmchen hat geschrieben: Und jetzt die für mich typische Frage, ist er gefährlicher als ein anderer Wolf?
Könnte er angreifen?
Jeder Wolf, egal ob verletzt oder nicht, kann Sie angreifen. Weshalb immer wieder geraten wird, sich den Tieren nicht zu naehern. In dem Sinne koennte man schon sagen, dass ein verletzter Wolf gefaehrlicher ist, gerade wenn er sich nicht von Menschen entfernen kann und diese sich ihm naehern. Verletzungen bedeuten immensen Stress, verminderte Flucht- und Verteidigungsmoeglichkeiten, daher sollte man sich von verletzten Wildtieren, egal ob Wolf oder nicht, fernhalten.

Defensive Angriffe wie Sie ihn vermuten, sind bei Woelfen selten (ich hab in den bisher dokumentierten Faellen auch keinen gefunden), die gehen Stress einfach lieber aus dem Weg. Andere Tiere sorgen durch Schein- oder reale Defensivangriffe fuer bedeutend mehr Unfaelle, auch toedliche.

Ein paar Beispiele:

Im Banff NP wurde ein junger Wolf in einer Familie vom Zug erfasst, der 'lief' eher zweieinhalb- als vierbeinig durch die Gegend. Das machten sich einige Leute zu Nutze und verfolgten das Tier zu Fuss, da es nicht wie der Rest der Familie schnell davonlaufen konnte. Wurde mehrfach beobachtet, dokumentiert, es erfolgte weder vom verletzten Tier noch dem Rest der Familie defensiv aggressives Verhalten. Die wollten einfach nur weg.
Ebenso wurde dort und in anderen Parks dutzendfach dokumentiert, wie Menschen sich wenige Wochen alten Welpen naeherten, ohne defensive Angriffe anderer Woelfe. Im Gegensatz zu anderen Wildtieren wie Baer oder alle Hirscharten, die auf den Teufel losgehen, wenn sie ihren Nachwuchs in Gefahr vermuten.

Angefahrener Wolf im Strassengraben, das Tier konnte nur schwer laufen, ein Beamter hat sich bis auf wenige Meter genaehert, auch da, kein Angriff. Knurren zwar, aber wohl eher ein Ausdruck der Verzweiflung. Der selbe Beamte 'musste' ein paar Jahre spaeter einem ausgewachsenen Wolfsrueden einen Hund wegnehmen, den dieser getoetet hatte. Der Beamte hat sich dem Tier (dokumentiert, Zeugen, Spuren vermessen, alles offiziell) bis auf zwei Meter genaehert, defensiv aggressives Verhalten war von Knurren ueber Bellen das komplette Programm, trotzdem griff er den Beamten nicht an (der das Tier dann aus dieser geringen Entfernung erschoss, da lange Vorgeschichte).

Sollten Sie jemals einen finden, verhalten Sie sich wie bisher. Ein verletztes Tier das ruhen und regenerieren will wird nicht praeventiv Leute angreifen, wenn diese in 10m Entfernung langlaufen. In der Regel wird sich das Tier schon so verstecken, dass Sie es nicht sehen.
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