Folgen von Jagdverbot trotz der Anwesenheit des Wolfes

Themen, die den Wolf im Allgemeinen betreffen.
Alpenwolf
Beiträge: 418
Registriert: 30. Mär 2015, 17:40

Re: Folgen von Jagdverbot trotz der Anwesenheit des Wolfes

Beitrag von Alpenwolf »

jurawolf hat geschrieben:Ach, mit deiner jagdlichen Praxiserfahrung wirst du wissen wie unwahrscheinlich es ist, dass bei einem wie von dir prognostizierten Bestandesrückgang die angegebenen Abschüsse überhaupt noch getätigt werden können. Ein Bestandesrückgang führt automatisch zu einer deutlichen Erschwerung der Jagd. Wenn die Jäger bei einem Frühjahresbestand von 1,2 Mio Tieren im einen Jahr davon 450'000 erlegen und der Bestand im Folgejahr (wegen weiteren Jägern) nur noch 0,5 Mio beträgt, ist ein Abschuss von 300'000 gerade beim Rehwild völlig unrealistisch. Du solltest wissen, wie sehr sich Rehwild hohem Jagddruck entziehen und sich quasi unsichtbar machen kann. Ein "Problem", vor dem übrigens nicht nur menschliche Jäger stehen, sondern auch tierische. Wie sagte doch schon Hespeler sinngemäss: Lange vor der Ausrottung des Rehs kommt dessen Unsichtbarkeit.

In ähnlicher Art und Weise gilt das auch für anderes Wild. Gerade Rehwild ist aber unter den gegenwärtigen Bedingungen praktisch nicht auszurotten; nicht durch Wölfe und nicht durch menschliche Jäger.

Erbeuten Wölfe tatsächlich so viel Wild, dass sie in die Substanz des Bestandes eingreifen, wird auch für sie die Jagd unweigerlich schwieriger. Wie darauf reagiert sind bzw. welche Konsequenzen dies hat, ist eigentlich bekannt: Vergrösserung der Territorien, erhöhte Jungtiersterblichkeit, geringere Fortpflanzungsleistung bedingt durch schlechter konditionierte Tiere, usw. Abnehmende Wildbestände haben eben abnehmende Prädatorenbestände zur Folge (eben die bottom-up-Regulation), was wiederum ein Anwachsen der Wildbestände ermöglicht. Dieser Zyklus ist vielfach bei allen möglichen Räuber-Beute-Systemen nachgewiesen.

Zwar fehlt mir ein Beleg dafür, aber ich ich davon überzeugt, dass letzten Endes sogar der menschliche Jäger gleichermassen mit dem Wildbestand korreliert.
Wie ich geschrieben habe ist das nur eines von unzähligen Szenearien. Du kannst sie variieren wie du möchtest und wirst draufkommen, dass sich nichts am Ergebnis, sondern nur etwas an der Zeittangente ändert. Natürlich führt ein Bestandesrückgang zu einer Erschwernis der Jagd. Aber die Erschwernis muss nicht zwangsweise zu einer Aufgabe der Jagd führen. Akzeptiert der Jäger die Erschwernis, sitzt er für ein Stück statt 5 mal eben 15 mal an, ist das Ergebnis das idente. Natürlich kann Mensch auch Wildbestände ausrotten, d.h. marginalisieren. Gerade die Schweiz ist ha eine Musterbesipiel dafür.
jurawolf
Beiträge: 967
Registriert: 5. Okt 2010, 23:32

Re: Folgen von Jagdverbot trotz der Anwesenheit des Wolfes

Beitrag von jurawolf »

Natürlich lassen sich Wildbestände ausrotten, aber nur unter bestimmten Umständen. Das Rehwild, das in den Alpen quasi abstinent war, ist ein gutes Beispiel dafür, der in der Schweiz ausgerottete Steinbock sowieso. Man muss aber unter der damaligen Situation betrachten und wird dann feststellen, dass ein Ausrottung unter den gegenwärtigen Bedingungen völlig unrealistisch ist. Zur Zeit der Ausrottung hatten wir ganz andere Voraussetzungen, die es heute schlicht nicht mehr gibt.

Wenn ich als Jäger wegen des verringerten Wildbestandes nun 15 statt 5 Stunden ansitzen muss, ist das in unserer Wohlstandsgesellschaft folgenlos. Ich habe Alternativen und es täte mir nicht weh, tatsächlich 15 Stunden anzusitzen. Wenn der Wolf hingegen nun 15 statt 5 Angriffsversuche braucht, um ein Stück zu erbeuten, kann das sein Todesurteil bedeuten. Aufwand und Ertrag müssen für ihn langfristig in einem günstigen Verhältnis stehen, sonst ist aus die Maus. Bei einem abnehmenden Wildbestand ist genau dies nicht mehr der Fall. Die Jagd braucht insgesamt mehr Energie, als sie einbringt. Was die Folgen davon sind, habe ich im vorigen Beitrag geschildert. Und genau wegen diesem Zusammenhang rottet ein Räuber seine Beute unmöglich aus, sondern korreliert mit ihr.
Grauer Wolf

Re: Folgen von Jagdverbot trotz der Anwesenheit des Wolfes

Beitrag von Grauer Wolf »

jurawolf hat geschrieben:Und genau wegen diesem Zusammenhang rottet ein Räuber seine Beute unmöglich aus, sondern korreliert mit ihr.
Solche Zusammenhänge scheinen die meisten, "zivilisierten" Menschen nicht zu begreifen. Es ist die Grundlage der klassischen Populationsdynamik, bei der im einfachsten Fall der Bestand des Beutegreifers zeitlich versetzt dem der Beutetiere folgt (Lotka Volterra, klassisches Lehrbuchbeispiel: Schneeschuhhase und Rotluchs). Logischerweise ist es bei Beutegreifern, deren Beuteschema ein breites Spektrum umfaßt, komplizierter, aber das grundsätzliche Prinzip ist das gleiche.

Gruß
Wolf
Alpenwolf
Beiträge: 418
Registriert: 30. Mär 2015, 17:40

Re: Folgen von Jagdverbot trotz der Anwesenheit des Wolfes

Beitrag von Alpenwolf »

Natürlich korrelieren Greifer-Beutebestände zumindest langfristig und makrooökologisch, allerdings sehr selten mikroökologisch und kurzfristig.

Ein Rückgang der deutschen Beutetiere verursacht kurzfristig vorerst einmal keine Bestandsreduktion der Wölfe ( durch Verhungern und verringerte Fertilität ) sondern vorerst nur hungernde Wolfsrudel auf der Wanderschaft nach Nahrung. Was das nun für Sicherheitsrelevanz hat, weiß man ja aus Sekundärerfahrungen, aber der masochistische Zug nach Primäerfahrungen scheint ja nicht aufzuhalten zu sein.
Zuletzt geändert von SammysHP am 24. Apr 2015, 10:17, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Vollzitat entfernt
Benutzeravatar
Upstalsboom
Beiträge: 183
Registriert: 3. Apr 2015, 23:46
Wohnort: Nordseeküste

Re: Folgen von Jagdverbot trotz der Anwesenheit des Wolfes

Beitrag von Upstalsboom »

Alpenwolf hat geschrieben: der masochistische Zug nach Primäerfahrungen scheint ja nicht aufzuhalten zu sein.
Tu felix Austria!
Nur bei Dir gibt es die Berufsbezeichnung "Jäger mit tiefenpsychologischer Zusatzqualifikation". :-?
Lutra
Beiträge: 2697
Registriert: 5. Okt 2010, 21:30
Wohnort: Pulsnitz

Re: Folgen von Jagdverbot trotz der Anwesenheit des Wolfes

Beitrag von Lutra »

Alpenwolf hat geschrieben:Natürlich korrelieren Greifer-Beutebestände zumindest langfristig und makrooökologisch, allerdings sehr selten mikroökologisch und kurzfristig.

Ein Rückgang der deutschen Beutetiere verursacht kurzfristig vorerst einmal keine Bestandsreduktion der Wölfe ( durch Verhungern und verringerte Fertilität ) sondern vorerst nur hungernde Wolfsrudel auf der Wanderschaft nach Nahrung. Was das nun für Sicherheitsrelevanz hat, weiß man ja aus Sekundärerfahrungen, aber der masochistische Zug nach Primäerfahrungen scheint ja nicht aufzuhalten zu sein.
Ja klar, das geschieht ja auch ganz unvermittelt, ups, die Rehe sind aufgefressen! Da kannst Du makro- und mikro-Fachbegriffe bringen, es wird dadurch auch nicht sinnvoller. Zumal es gerade den Rehen so gut wie noch nie geht. Der Wald wird vielfach in Richtung Laubwald umgebaut, bzw. "naturnah" bewirtschaftet, was auf jeden Fall mehr Unterholz bringt. Die Winter sind immer öfter keine mehr. Manche möchten schon einen Rückgang der Beutetiere (Förster), wo sich aber eine andere Fraktion mit Händen und Füßen dagegen wehrt. Wenn die Wölfe ihre Reviere nicht drastisch verkleinern, ist von ihnen eine Reduzierung ihrer Beutetiere nicht zu schaffen. Da muß der zweibeinige Jäger schon kräftig mithelfen.
Grauer Wolf

Re: Folgen von Jagdverbot trotz der Anwesenheit des Wolfes

Beitrag von Grauer Wolf »

Alpenwolf hat geschrieben:Ein Rückgang der deutschen Beutetiere verursacht kurzfristig vorerst einmal keine Bestandsreduktion der Wölfe ( durch Verhungern und verringerte Fertilität ) sondern vorerst nur hungernde Wolfsrudel auf der Wanderschaft nach Nahrung. Was das nun für Sicherheitsrelevanz hat, weiß man ja aus Sekundärerfahrungen, aber der masochistische Zug nach Primäerfahrungen scheint ja nicht aufzuhalten zu sein.
Was ist denn das schon wieder für ein Unsinn? Der Wolf ist kein Nahrungsspezialist, sondern hat ein sehr breites Beutespektrum quer über alle Huftiere plus Hasentiere. Wenn aus irgend einem Grund jetzt die Rehe etwas knapper würden, steigt automatisch der Verbrauch an Hirschen, Wildschweinen o.ä., was gerade in der Gegend vorkommt. Ich betonte doch, daß die einfache Lotka-Volterra-Beziehung beim Wolf nicht greift.
Außerdem sind die Wildbestände hierzulande so hoch, daß die Wölfe an Herzverfettung sterben würden, wenn sie nur die Zuwächse fressen wollten, vom Angreifen des Grundbestandes ganz zu schweigen. Ich muß das nicht weiter ausführen, Lutra hat schon dazu geschrieben und er hat völlig recht.
Daß hierzulande ein Beutetier in den Predator Pit fällt, hatten wir nur beim Mufflon, aus dem kühlen Grund, daß dieses Tier hier nicht hingehört und in Gegenwart eines einheimischen Großpredators nicht überleben kann (HUfkrankheiten, falsches habitat, falsches Fluchtverhalten etc. pp.; hatten wir alles schon). Bei einheimischem Schalenwild, daß von der Entwicklungesgeschichte her mit dem Wolf korreliert, ist dieser Predator Pit nur möglich, wenn der Mensch stümperhaft eingreift und eine Art so zusammenschießt oder durch Habitatzerstörung so unter Druck setzt, daß die Bestände zu klein werden und Verlust durch Beutegreifer nicht mehr kompensieren können.

Gruß
Wolf
Alpenwolf
Beiträge: 418
Registriert: 30. Mär 2015, 17:40

Re: Folgen von Jagdverbot trotz der Anwesenheit des Wolfes

Beitrag von Alpenwolf »

Die selben Märchen haben z.B. auch die Fischotterschützer erzählt: Er macht nichts. Inzwischen hat der Gute die Fischgewässer leegeräumt und hält sich an die Alternativen z.B. Amphibien. Deren Bestände gehen nun auch zur Neige und was dann kommt weiß man nicht, aber die guten Zeiten dürften dann auch für den Fischotter vorbei sein und Meister Schmalhans wird seinen Gürtel enger schnallen.

Die Parallelen zum Wolf dürfen sie nun selber ziehen.
Zuletzt geändert von SammysHP am 26. Apr 2015, 14:43, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Vollzitat entfernt
Fischkopp
Beiträge: 56
Registriert: 16. Apr 2015, 14:37

Re: Folgen von Jagdverbot trotz der Anwesenheit des Wolfes

Beitrag von Fischkopp »

Alpenwolf hat geschrieben: Die selben Märchen haben z.B. auch die Fischotterschützer erzählt: Er macht nichts. Inzwischen hat der Gute die Fischgewässer leegeräumt und hält sich an die Alternativen z.B. Amphibien. Deren Bestände gehen nun auch zur Neige und was dann kommt weiß man nicht, aber die guten Zeiten dürften dann auch für den Fischotter vorbei sein und Meister Schmalhans wird seinen Gürtel enger schnallen.

Die Parallelen zum Wolf dürfen sie nun selber ziehen.
Die einzigen Märchen hier werden regelmäßig von dem Alpentroll aufgetischt. Dieser plumpe Lobbyismus wird zunehmend unerträglicher, ich frage mich, wie lange man sich das hier noch geben will. Zumal mittlerweile jedes Posting hier aus den Alpen widerlegt wird.
Wenn ich unsachliches Jägerlatein möchte, kann ich auch zu landlive gehen.
Da lobe ich mir die anderen hier anwesenden Jäger für ihre Sachlichkeit und Vernunft.
jurawolf
Beiträge: 967
Registriert: 5. Okt 2010, 23:32

Re: Folgen von Jagdverbot trotz der Anwesenheit des Wolfes

Beitrag von jurawolf »

Genau, für das globale Amphibiensterben ist nicht etwa die Chytridiomykose oder der Habitatverlust verantwortlich. Nein, weit gefehlt. Denn es ist der Fischotter!

Nun wirds wirklich langsam völlig absurd...
Antworten