zaino hat geschrieben: ↑1. Jun 2017, 19:11
kangal2, hab schon ein paar dieser wunderschönen Hunde in Tierheimen rumhängen sehen, sie sind eher ruhig und distanziert, keine Spur aggro. Sie sind halt Spezialisten, Herdenbeschützer eben. Mit anderen Hunden passiert viel mehr. Im Leben wurde ich 3x gebissen - und zwar von Dackeln!!! So putzig die sind... und von einem Terrioristen angefletscht (bei dem fiel dann allerdings vor der Tat der Watschenbaum um, sorry to say). Jedesmal die Folge von Unerzogenheit und Nicht-Ausgelastet-Sein und so Zeugs. Wärens Rottweiler gewesen, hätt ich nu ein Holzbein, krass gesagt.
Mir stellt sich auch die Frage - was tut dieser Hund in falschen Händen? Es tut sich ja auch keiner einen Deutsch Drahthaar in eine Stadtwohnung packen, oder einen Weimaraner. Alle Hunde, die auf engem Raum an einer Kette hängend leben müssen, werden zumindest schrullig. Und da man Kangal & Co nicht mit "Sitz, Platz, Kusch" wegräumen kann, was tut so ein Tier überhaupt bei Leuten, die keinen Dunst haben, keinen Platz, keinen Job für so ein Tier? Nicht, dass die davon automatisch "bösartig" würden, aber artgerecht ist anders.
Es ist immer schade, daß man in der Regel nie die Hintergründe erfährt. Der Fall passiert, wird 3 Tage in allen Medien diskutiert, keiner weiß etwas Genaues, aber jeder hat dazu eine Meinung, die vorwiegend auf Spekulationen beruht.
Dann ist Ruhe und man hört nichts mehr davon.
Das, was eigentlich interessant und das ist, woraus man lernen (und möglicherweise vorbeugen) kann, erfährt man nie oder nur sehr schwer.
Kangals in Anatolien kann man durchaus mit dem bei uns früher noch vorhandenen "Dorfköter" vergleichen.
Warum?
Die Hunde sind nie ausschließliche Herdenschützer. Im Sommer ist es so heiß, daß die Schafe tagsüber im Stall des Dorfes sind, am späten Nachmittag geht es auf die Yaylas, wo sie über Nacht bleiben. Die Kangals sind also tagsüber im Dorf. Dort streunen sie innerhalb ihrer unsichtbaren Reviergrenzen herum, spielen mit den Kindern, sind so auf alles bestens sozialisiert, was dort kreucht und fleucht. Es gibt also keine "Arbeitslinie" beim ursprünglichen Kangal, er hat immer Menschen um sich, die seine Bezugspersonen sind. Und auch an der Herde ist der Hirte sein "Kollege", die Hunde sind niemals allein mit den Schafen.
Also eine völlig andere Situation, als wir das bei uns vorfinden. Dorfköter sind ausgestorben und wurden durch Hundeschulen und Psychologen ersetzt, Sozialisierung findet auf der Hundwiese statt oder gar nicht mehr, arbeitende HSH sind mit Schafen Tag und Nacht allein. Man ist stolz auf seine "Arbeitslinien", die nicht für jedermann geeignet sind, da schwierig, Schutzinstinkt, verteidigungsbereit gegen Wölfe, Bären und Dinosaurier.
Das Wesen eines Hundes ist das Produkt aus der genetischen Veranlagung und den Einflüssen seiner Umwelt. Hunde, die ich nur auf Nutztiere präge, entwickeln eine starke Bindung zu diesen, sind aber gegenüber fremden Menschen problematisch.
Auf der anderen Seite zeigen die Kangals in Anatolien, daß man Herden schützen und in der Freizeit mit Kindern spielen kann.
Es spricht also eigentlich nichts dagegen, wenn man Kangals in Familien hält.
Er braucht dennoch ein Grundstück, da territorial und man muß sich auf sein Wesen einstellen.
Er braucht aber vor allem seinen Sozialkontakt, möglicht menschlichen.
Das ist wichtiger als eine Schafherde.
Diese brauche ich dann allerdings, wenn ich züchten will, denn die Selektion eines Herdenschutzhundes sollte dann schon über Arbeitskriterien erfolgen.
Kleines Filmchen aus Sivas. Man sieht, wie relaxt die Hunde gegenüber Fremden (uns) sind. Keinerlei Spur von Aggression. Das es Arbeitshunde sind, erkennt man an den Stachelhalbändern, die sie zum Schutz gegen Kehlbisse tragen. Die Leute, welche die Hunde in Foto - Pose rücken, sind Fremde für die Hunde.
https://vimeo.com/185074499
und dann ein Filmchen, wie man mit einem gut sozialisierten Kangal auch in Deutschland leben kann. Meine Sabah ist zu diesem Zeitpunkt 2,5 Jahre:
https://vimeo.com/186307410